Kapitel 1

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Mir wurde ganz übel, als ich durch den Spalt zwischen Gate und Flugzeug hindurch auf den Boden etliche Meter unter mir blickte. Ich schluckte schwer. Meine Freundin, Olivia, welche neben mir stand drückte meine Hand: „Komm, es wird alles gut!“ Sie lächelte mir aufmunternd zu. Ganz ruhig! Ich atmete tief durch und wagte den Schritt durch die Tür. Gleich darauf blickte ich dem aufgezwungenen Grinsen einer Stewardess entgegen. Schnell schob ich mich mit Olivia an ihr vorbei. Eigentlich wusste ich gar nicht wovor ich Angst hatte, schließlich kamen wir gerade von einem Flugzeug, da es von Chicago nach Sydney keinen Direktflug gab. Deshalb musste meine Klasse in Los Angeles zwischenlanden. Aber, das was mich beunruhigte war, dass der letzte Flug nur vier und dieser jetzt noch 15 Stunden dauerte.

Zum Glück konnte ich neben Olivia sitzen, sonst wäre ich wahrscheinlich schon längst ausgeflippt. Normalerweise liebte ich das Fliegen, aber diesmal würde ich für zwei Wochen von meiner Familie getrennt sein und die Zeit mit meiner Klasse auf einem anderen Kontinent verbringen. Das machte mir irgendwie Angst.

„Wenn ihr etwas braucht, kommt nur zu mir oder Herrn Anderson!“, riss mich die schrille stimme meiner Geografie Professorin aus den Gedanken. Einige Jungs aus meiner Klasse schnaubten verächtlich oder begannen zu lachen. Aber mich beruhigte der Gedanke meine Professoren immer als Ansprechpartner zu haben. Doch wenn ich 10 000 Meter über Boden eine Panikattacke bekäme, könnten sie mir auch nicht weiterhelfen.

Olivia und ich suchten nach unseren Sitzplätzen. Ich überließ ihr den Fensterplatz und machte es mir in der Mitte bequem. Später gesellte sich noch ein Geschäftsmann neben mich. Hinter uns saßen noch drei Jungs aus unserer Klasse und klatschten sich ab, als sie mich und meine Freundin vor sich entdeckten. Das kann ja ein lustiger Flug werden!

Als das Flugzeug endlich abhob, krallten sich meine Fingernägel in den Sitz und ich schloss die Augen. Tief ein- und ausatmen. Olivia griff nach meiner Hand und hielt sie fest. Ich dankte ihr im Stillen dafür. „Sag mal Ally, was ist eigentlich heute mit dir los? Sonst bist du doch auch nicht so!“, fragte sie mich flüsternd. Ich öffnete ein Auge und drehte meinen Kopf in ihre Richtung. Sie blickte mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ich…Ich weiß es nicht. Es ist nur…Ich bin noch nie so lange geflogen! Außerdem findest du Flugzeuge nicht auch ein bisschen unheimlich?“ „Nein finde ich nicht! Und jetzt entspann dich!“ Ich befolgte ihren Rat wirklich und entspannte mich. Die Worte meiner Freundin hatten Wirkung und nach kurzer Zeit blödelten Olivia und ich herum und mussten dauernd kichern. Die Jungs hinter uns beobachteten uns schon skeptisch und der Mann neben mir warf uns ärgerliche Blicke zu, das brachte mich und meine Freundin nur noch mehr zu lachen. Da wir gerade keine Lust hatten uns irgendeinen blöden Film anzuschauen, beschlossen wir Pflicht oder Wahrheit zu spielen. Man musste aber dabei bedenken, dass dies in einem Flugzeug gar nicht so einfach war. Olivia war als erstes dran, sie nahm Pflicht, also durfte ich mir etwas für sie ausdenken. „Ok, schleck das Flugzeugfenster ab!“ „Du bist so ekelhaft, weißt du das eigentlich, Ally?!“, lachte sie und schon berührte ihre Zungenspitze das Plastik. Eigentlich hätte ich nicht gedacht, dass sie das wirklich machen würde aber sie tat es. Dafür bekam meine Freundin von mir große Anerkennung. Nun war ich an der Reihe. Ich wählte Wahrheit. Olivia lehnte ihren Kopf zur Seite. Das tat sie immer wenn sie angestrengt nachdachte. „Also eine schöne Frage für meine Ally! Wen von Derek, Alex und Henry findest du am hübschesten?“ Das waren die drei Jungs hinter uns. Eine typische frage für Olivia. „Ich weiß nicht… .“ „Sag schon!“, drängte sie mich. „Ok, Alex!“, sagte ich vielleicht etwas zu laut. Doch die drei bekamen gar Nichts mit, sie waren mit anderen Sachen beschäftigt. Olivia und ich spielten noch eine Weile weiter, doch dann meinte meine Freundin, sie sei müde und drehte sich von mir weg. Erst dann spürte ich, dass ich eigentlich auch ein Schläfchen vertragen konnte, immerhin verlief der Tag heute sehr stressig.

Bevor ich es mir gemütlich machte, stand ich auf und beschloss, mich auf den Weg zur Toilette zu machen. Ich schnallte mich ab und versuchte irgendwie an den Beinen des schlafenden Mannes neben mir vorbeizukommen ohne ihn aufzuwecken. Meine Mission war erfolgreich, denn Sekunden später stand ich im Gang. Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen und ging in den hinteren Teil des Flugzeuges. Ich fühlte mich beobachtet, aber kein Wunder in 10 000 Metern geschah meist auch Nichts spannenderes, als dass jemand auf die Toilette ging. Schließlich passierte ich die Reihe, in der meine zwei Professoren saßen. Sie lächelten mir zu. Wie peinlich! Schnell trottete ich weiter und konnte endlich die Tür zum WC aufdrücken. Hinter mir verschloss ich sie wieder. Ich hatte schon immer Angst vor den Flugzeugtoiletten, sie waren mir irgendwie unheimlich. Aber mir blieb Nichts anderes übrig. Drei Minuten später saß ich wieder auf meinen Platz. Kurz darauf kuschelte ich mich an meine Freundin, sah noch einmal aus dem Fenster und fiel in einen unruhigen Schlaf.

Ein lautes Geräusch ließ mich hochschrecken. Wie lange hatte ich geschlafen? Inzwischen war es dunkle Nacht draußen und im Flugzeug gab es nur eine schwache Innenbeleuchtung. Ich sah mich um. Fast alle Leute im Flugzeug schliefen tief und fest, so auch Olivia. Anscheinend hatte ich mir das Geräusch nur eingebildet oder die Menschen hatten einen sehr tiefen Schlaf. Aber ich war schließlich auch berühmt für meine Hellhörigkeit. Mir kam es so vor, als wäre ich die einzige wache Person im ganzen Flugzeug, bis auf die Piloten natürlich. Von verschiedensten Ecken drangen Schnarch-Geräusche an mein Ohr. Ich wollte mich schon wieder hinlegen, als das Geräusch erneut ertönte. Ein tiefes Geräusch. Ich brauchte einige Zeit um zu begreifen, dass es sich um einen Donner handelte. Schaudernd zuckte ich zusammen. Schon wieder begann ich mich zu verkrampfen. Dir kann Nichts passieren, absolut Nichts! Sekunden verstrichen und es blieb still. Meine Augen wurden wieder schwer und ich wollte sie wieder schließen, als das Flugzeug von einem Lichtblitz erhellt wurde. 

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