Kapitel 4

100 12 4
                                    

Wäre da nicht die Tatsache, dass sie total in Niall verknallt ist. Sie könnte, ohne Frage, jeden erdenklichen Jungen haben, aber nein, sie muss sich ausgerechnet Niall Horan aussuchen.

Leider ist es keine alberne Teenagerschwärmerei, die in einigen Monaten vorbei sein würde, wie man meinen könnte, nein, Zoe ist mit ihren fast 18 Jahren kein kleines Mädchen mehr.

Sie gehört auch nicht zu dieser Sorte verknallten Mädchen, die Niall auf sämtlichem sozialen Netzwerken damit zu schreiben, wie sehr sie ihn doch lieben, in Hoffnung, dass er sie bemerken würde, was er vermutlich nicht tut. Alle Stars sind höchstwahrscheinlich genervt von solchen Fans.

 Nein, meine tolle Cousine brauchte ihn nur ein einziges Mal auf Twitter anzuschreiben, und natürlich hat er geantwortet.

Entweder sie hat sehr, sehr großes Glück oder Niall wurde, wie jeder andere Junge auch, von ihrer Schönheit hypnotisiert.

Doch das alles ist wohl noch lange nicht genug. Da Zoe schon so gut wie volljährig ist, haben ihre Eltern kein Problem damit, sie auf das One Direction Konzert zu lassen. Und als ,,kleine Überraschung‘‘ hat ihr reicher Papa seine Verbindungen genutzt, sodass Zoe ein Meet and Greet bekommt.

Jedes Mal wenn ich bei meiner Lieblingscousine zu Besuch bin, kann ich mir von ihr anhören, wie sehr sie sich auf den 2. Juli freut, welches Make Up sie tragen wird, über was sie mit den Jungs reden wird, und ob ich nicht auch finde, dass sie und Niall ein absolut hinreißendes Paar wären.

Die schlimmste Tatsache von allen jedoch ist, dass ich, und ganz allein ich, daran Schuld bin, dass sie überhaupt erst anfangen konnte, für Niall zu schwärmen. (Wobei schwärmen völlig untertrieben ist)

Es war an einem stinknormalen Sonntagnachmittag, an dem meine Eltern beschlossen, Papas Bruder zu besuchen.

Natürlich protestierte ich, wie jedes andere Mal auch. Ich hasste es, auch nur 3 Stunden in dem Haus zu verbringen.

Alles war so übertrieben makellos. Claire, meine Tante, sah aus, als wäre sie aus einem Katalog entsprungen. Sie war so perfekt, dass ich Angst hatte, ihr die Hand zu geben.

Mein Onkel war das passende Gegenstück zu Claire. Immer wenn ich sie sah, musste ich instinktiv an Barbie und Ken denken. Ich konnte nicht glauben, dass ich mit ihnen verwandt sein sollte.

Es gab keinerlei Ähnlichkeiten zwischen uns.

Nachdem ich also die Begrüßung wie immer so schnell wie möglich hinter mich gebracht hatte, machte ich mich auf den Weg zu Zoe.

Sie war gerade dabei, ihre Nägel zu lackieren. Das dauerte bei ihr ungefähr immer zwei bis drei Stunden, da sie zuerst die Farbe aussuchen musste, was wirklich nicht leicht war, bei der großen Auswahl, die sie hatte. Zoe besaß allein schon 20 verschiedene Weißtöne. Ich fragte mich, ob sie jemals alle benutzen würde. An jenem Sonntag jedenfalls nicht, sie entschied sich für ein pastellrosa.

Und dann konnte man sie dabei beobachten, wie sie unzählige Pflegeprodukte auf ihre Zehen auftrug.

Ich starb fast vor Langeweile, also nahm ich mein Handy und sah mir Videos von One Direction an, eben das, was ich sonst auch tat.

Meine Cousine verdrehte die Augen. ,,Nelly, bitte. Das stört den Regenerationsprozess meiner Nägel.‘‘

Ich lachte. ,,Was?‘‘ Ihr Gesichtsausdruck wurde, wenn möglich, noch genervter.

,,Meine Nägel brauchen immer eine gewisse Atmosphäre, um sich erholen zu können.‘‘ Sie seufzte, und ich versuchte vergeblich, nicht laut los zu prusten.

Sie stand von ihrem cremefarbenen Sofa auf, und setzte sich neben mich, auf ihr Bett.

,,Was schaust du denn da?‘‘ fragte sie mit zuckersüßer, klebriger Stimme.

,,Videos von One Direction.‘‘ Sofort breitete sich ein Lächeln auf meinen Lippen auf. ,,Speziell von Niall.‘‘

Zoe nickte wissend. ,,Niall ist dieser mit den braunen Locken oder?‘‘

,,Nein, das ist Harry.‘‘ Ich kicherte. ,,Niall ist das hier.‘‘

Ich zeigte ihr das Video, welches ich gerade eben pausiert hatte.

Es war ein Ausschnitt von einem Konzert, bei dem Niall gerade sein Solo aus Little Things sang. Ich konnte es Zoe nicht wirklich verübeln, sich bei diesem Anblick hoffnungslos zu verlieben.

Mir war es schließlich genauso ergangen.

Es waren nur ein paar Sekunden, doch danach war Zoe verändert. Ihre Augen hatten ein merkwürdiges Strahlen, und auf ihren Lippen breitete sich ein glückliches Lächeln aus.

Doch dieses hatte einen Unterschied zu dem, mir bekannten, falschen Lächeln. Es war echt.

,,Niall.‘‘ flüsterte sie, kaum merklich. Und an ihrer Stimme hat ich es erkannt, Zoe hatte sich innerhalb eines Videos in ihn verliebt.

Meine Schuld.

,,Hey, Nelly! Wach auf!‘‘ Jemand stößt mir, ohne Rücksicht auf Verluste, brutal in die Seite.

Ich schüttele den Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Mal wieder war ich abgedriftet.

Das passiert in letzter Zeit eindeutig zu oft. Bevor ich noch länger darüber nachdenken kann, breitet sich wieder dieses schmerzende Gefühl in mir aus, als würde ich Niall vermissen.

So ein Quatsch. Man kann keine Person vermissen, die man noch nie in echt gesehen, geschweige denn mit ihr geredet hat.

Oder?

Ich spüre einen Kloß in meinem Hals, schnell wende ich mich Mila zu. ,,Was haben wir jetzt vor?‘‘

Hoffentlich zittert meine Stimme nicht so, wie es mir vorkommt.

,,Alles okay?‘‘ Mila sieht mich besorgt an. Also doch.

,,Ja,‘‘ antworte ich hastig. ,,Alles okay.‘‘ schiebe ich, deutlich leiser, hinterher.

Meine beste Freundin wendet ihren skeptischen Blick von mir ab.

,,Wollen wir uns heute noch nach Jobs umsehen?‘‘ erkundigt sie sich. Das liebe ich so an ihr: sie gehört nicht zu diesen Personen, die noch ewig lang nachfragen, obwohl einem die Situation unangenehm ist. Mila versteht es einfach.

,,Lass es uns lieber morgen nach der Schule besprechen, ja?‘‘ Ich seufze. ,,Mama bringt mich um, wenn ich noch später nach Hause komme.‘‘

Mila nickt verständnisvoll. ,,Klar, dann bis morgen.‘‘ Sie umarmt mich fest. ,,Du weißt, wenn irgendwas sein sollte, ich bin immer für dich da!‘‘

,,Danke…‘‘ murmele ich leise und lächele sie an. ,,Aber jetzt geh! Sonst verpasst du deinen Bus!‘‘ Mila grinst.

,,Ja, ja! Ich bin schon weg.“

Zuhause angekommen sitzt meine Familie schon am Tisch und isst. Ich schlüpfe beinahe lautlos aus meinen Schuhen, und gehe in die Küche.

Ich murmele ein leises ,,Hi“. Papa und Flo erwidern es, Mama beachtet mich nicht einmal.

Ihr Problem. Ich fülle mir etwas von der Lasagne auf und höre meinem kleinen Bruder zu, wie er von seinem Fußballtraining erzählt.

Abgesehen davon, dass meine Mutter heute mal wieder schlecht gelaunt ist, herrscht eine angenehme Stimmung. Papa ist heute besonders fröhlich, und das sollte ich ausnutzen.

Ich räuspere mich.

,Also, hm… ich, ich wollte euch etwas fragen.“

They don't know about usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt