Einundzwanzigstes Türchen

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„ Was soll die scheiße Zombey? Er hätte diesen Ort nie sehen sollen. Das ist der Ort unserer Klicke und kein Ort für ein Date.", keifte Manu Micha an, als sie kurz alleine waren. „ Reg dich ab Manu, der Ort ist für alle da. Glaubst du, er würde das hier missbrauchen? Ich kenne ihn mittlerweile glaube ich gut genug um zu wissen, dass er das hier keinem zeigen wird. Zumal das alles hier regelkonform ist." „ Trotzdem kannst du ihm das hier nicht einfach so anvertrauen. Schon garnicht ohne Mitbestimmung von den anderen. Die finden das sicher auch nicht so toll.", rief Manu aufgebracht. „ Die anderen haben bereits ja gesagt, du bist der einzige der noch nichts davon weiß, weil du auch am schlimmsten in solchen Angelegenheiten bist. Tut mir leid, aber es ist so, komm runter.", versuchte Zombey seinen Freund zu beruhigen. „ Du weißt wie ich dazu stehe. Ich hab damals zu schnell vertraut und wir wissen beide wie das geendet hat. Also tut mir leid, wenn ich ihm nicht so ganz vertraue. Ich hab Angst das so was wieder passiert. Ich will einfach nicht noch mal die selbe scheiße durchmachen, wie damals, darauf hab ich keinen Bock. Und du hättest mich ruhig mal fragen können, ob ich dem hier zustimme." Manu liefen bereits beim reden erste Tränen das Gesicht runter. „ Genau da liegt das Problem, hätte ich dich gefragt, hättest du so oder so nein gesagt, es hätte nichts geändert. Beruhig dich bitte, es geht davon nicht die Welt unter. Nur damit du es weißt, es war für uns alle schlimm. Aber es war ein Unfall. Wir alle wissen, dass keiner von uns wirklich die Schuld daran trägt. Es ist einfach passiert, aber es wird nicht mehr vorkommen ok. Ich achte darauf. Außerdem wird er diesen Ort wahrscheinlich eh nie wieder sehen. Jetzt komm runter, Dado kommt sicher gleich wieder. Ansonsten muss ich den kleinen Tumor kitzeln." Kaum ausgesprochen begann Zombey seinen Freund zu kitzeln, der sofort zu lachen begann und sich am Boden wand. „ Stop hör auf!", japste er immer wieder. „ So ist es besser.", lächelte Zombey und lies Manu in Ruhe. „ Du bist fies." „ Danke Manu ich wusste nicht mal, dass du so nett sein kannst." Dafür kassierte Zombey nur einen Schlag gegen den Arm. „ Nur mal so was haben du und Patrick eigentlich vorhin getrieben, als Maurice euch holen wollte?" „ Oh Gott das ist jetzt peinlich. Patrick hat mir vorhin n Knutschfleck verpasst. Ich glaube das hat man dezent gehört." Zombey verfiel in einen Lachanfall (2003 wer kennt es?) Das Essen war nach dem Vorfall trotzdem relativ schnell vorbei. Es gab nichts zu sagen und unnötig rumsitzen konnte man auch im Internat. Maurice kuschelte sich, kaum waren die zurück, in die weichen Kissen und schlief direkt ein. Micha betrachtete ihn noch ein wenig, bevor er sich dazu legte. Gerade als er das Licht ausmachen wollte, viel ihm ein Anhänger in Schneckenform auf. Er würde morgen fragen, was es damit auf sich hat, es wäre unnötig Dado deswegen noch mal zu wecken. Etwas suspekt war es trotzdem. Wer mag bitte Schnecken, die sind schleimig und ekelhaft. Aber jedem das seine. Micha knipste das Licht aus und schloss seine Augen. Er driftete sofort ins Traumland ab, so unbeschwert war er lange nicht mehr eingeschlafen. So müsste es immer sein.

Am nächsten morgen mussten die beiden relativ früh aufstehen, genauer gesagt um vier Uhr morgens. Das war viel zu früh, so früh würde ich nie wieder aufstehen, dachte sich der blonde, stand aber auf. Nach einer kurzen kalten Dusche, um wach zu werden, blieb noch Zeit zum Zähneputzen und umziehen. Der größere war etwas nervös, da er gleich noch mehr Menschen kennen lernen musste, mit denen er sich eventuell auch verstehen muss. Wie würde es da rüber kommen, wenn er nicht sprach. Ein Hallo muss drin sein, mahnte er sich selbst. So vertieft in Gedanken, bekam er garnicht mit, dass Micha vor seinem Gesicht rumfuchtelte und fragte, ob er fertig wäre. Erst ein leichter Schlag gegen den Arm half ihm aus seiner Trance. „ Komm schon meine Eltern wartet schon auf uns. Keine Sorge sie sind mega nett." Micha schnappte sich die Koffer und öffnete die Tür, wank dem blonden noch mal zu und ging dann weiter. Gezwungenermaßen musste Maurice mit gehen, sah in letzter Sekunde den Schneckenanhänger auf dem Nachttisch und packte ihn ein. Danach folgte er Micha leise durch die Gänge des Internates. Draußen stand ein verlassenes Auto auf dem Besucherparkplatz, auf welches Micha freudig zu rannte. Es war seine Schwester die ihn abholte, nicht seine Eltern wie gedacht. „ Hallo mein kleiner, wie geht es dir?" „ Hi. Super bin mega motiviert." „ Na dann steig ein. Mama und Papa kommen uns übrigens über Weihnachten besuchen." „ Du bist daheim ausgezogen?" „ Ja cool oder. Jetzt haben wir endlich ein Eltern freie Zone und können so viel scheiße machen wie früher." Michas Augen wurden groß und begannen vor Freude zu glänzen. Etwas zögerlich trat nun auch Maurice zu den beiden, der sich bis jetzt zurück gehalten hatte. Er wollte diesen Familien Moment nicht zerstören. Irgendwie fühlte er sich auch ein wenig unwohl und fehl am Platz. „ Oh hab dich ganz vergessen." „ Ist das der Freund von dem du geredet hast." Zaghaft nickte Maurice, fügte an das nicken ein Handschütteln und seinen Namen an. „ Ich bin Mara, aber das weißt du sicher. Na dann kommt, wir müssen ne Weile fahren." Das Gepäck wurde noch schnell eingeladen, dann kuschelten sich die beiden auf die Rückbank und Mara startete den Motor. „ Warum fährst du über Weihnachten eigentlich nicht nach Hause? Ich habe Weihnachten zu Hause immer geliebt.", schwärmte Mara. Mit leiser, aber trotzdem klarer Stimme antwortete er, noch bevor Micha ihm ins Wort fallen konnte:„ Ich  mag sie nicht so doll." „ Das ist schade. Naja bei uns wird es dir sicher gefallen. Wollen wir heute gleich was machen, oder mehr so Couch potato Tag und ein wenig zocken?" „ Lass uns das entschieden, wenn wir da sind, ich bin viel zu müde um mir darum Gedanken zu machen." „ Na dann schlaft ein wenig." Maurice tat dies, hätte so fast überhört das er angesprochen wurde. „ Ist dir aufgefallen, dass du allein gesprochen hast? Ich find es super, mach weiter so. Du wirst irgendwann noch selbstbewusster als Manu und ich zusammen." „ Davon träumst du, ich hab trotzdem noch Angst, wenn ich nur meinen Mund bei fremden öffne." „ Ja aber das hört man dir nicht mehr an. Und was man nicht hört kann man auch nicht als eine deiner Schwächen sehen und deswegen kann man dich auch nicht runter machen. Das ist ein großer Vorteil für dich. Du wirst sehen, die Angst wird nie ganz weg sein, aber du wirst lernen damit um zu gehen. Manu geht es auch so. Aber ihn interessiert es mittlerweile kaum noch, was andere über ihn sagen oder denken. Eigentlich sollte er dir die Tipps geben. Naja ich leg mich jetzt noch mal hin, wir fahren sicher vier Stunden." Der blonde kam aber kaum zum schlafen, da er von seinem Handy geweckt wurde. Als er sah wer ihn anrief hätte er am liebsten weggedrückt. Seine wundervollen Eltern gab es anscheinend auch noch. Es wunderte den blonden, dass sie überhaupt anriefen. Nach mehrmaligem zögern nahm er an. „ Hallo mein Schatz, wie geht es dir? Wie ist das Internat so, hast du dich gut eingelebt und auch schon Freunde gefunden? Wir holen dich heute Nachmittag ab, damit du Weihnachten daheim verbringen kannst. Papa freut sich schon drauf, dich wieder zu sehen, du hast uns unglaublich gefehlt. Wir sitzen schon im Auto auf dem Weg zu dir." „ Du wirst nur niemand dort treffen." „ Warum den nicht Schatz. Bist du in irgendeiner Baar oder auf einem Ausflug?" „ Erstmal nenn mich nicht Schatz, ich bin keine drei mehr. In der Zeit in der ihr euch so reizend für mich interessiert habt, hab ich Freunde gefunden, mit denen ich Weihnachten verbringe. Ich bin schon lange nicht mehr im Internat und ich werde dir auch ganz sicher nicht sagen, wo ich bin. Ich brauche keine Eltern, die sich eineinhalb Jahre nicht für mich interessieren und dann auf einmal wie aus dem nichts auftauche und sich um mich kümmern. Ich komm auch ohne euch ganz gut klar. Wenn du mich entschuldigst, es ist früh und ich würde gerne weiter schlafen." Damit legte der blonde einfach auf. Er war so einen Ton und so einer Wortwahl von sich garnicht gewöhnt, vor allem nicht seinen Eltern gegenüber. „ Waren das deine Eltern?" „ Leider ja." Nach einer kurzen Schweigepause fragte Mara schließlich:„ Ist das wahr, was du da gesagt hast." „ Jedes einzelne Wort.", flüsterte Maurice bedrückt. Ihrerseits kam zum Glück kein Kommentar wie, das wird schon. So Kommentare hasste der blonde über alles. Es würde sich nichts kippen in der Beziehung zu seinen Eltern. Werder heute, noch morgen, noch in zehn Jahren. Was sie getan haben war scheiße, unverantwortlich und dumm und das wollte Maurice keinesfalls unterstützten. Er kuschelte sich an Micha und schlief ein. Das nächste mal wurden sie von Mara geweckt, die verkündete, dass sie da wären. Micha lächelte über glücklich, als er sah, wo sie waren. Das war das Haus seiner Großeltern, die mittlerweile in der Nähe von seinen Eltern lebten. Das Haus stand eine Ewigkeit leer, bis jetzt halt. „ Echt jetzt? Mara es ist wunderschön." „ Ich wusste, dass es dir gefällt. Es war etwas besonderes in unserer Kindheit. Ich hab alles renoviert, aber genau so gelassen wie es bei Oma und Opa war. Ich hab sogar den Stil übernommen, den wir beide so mochten, nur halt ein wenig neuer und moderner. Geht schon mal rein und schaut euch um, ich muss noch schnell zu ner Freundin was holen. Marlene kommt erst heute Abend, sie war ihre Eltern besuchen, die kommen an Weihnachten leider nicht, da sie arbeiten müssen. Das Gästezimmer ist fertig. Auf jetzt." Micha zog Dado freudig zum Haus. Er zog ihn, ohne das er sich groß umschauen konnte ins Gästezimmer und stellte da alles ab, bevor er ihn freudig weiter zog. „ Kleine Haustour gefällig?" Zeit zum antworten fand Maudado garnicht, den er wurde sofort los gezogen. Micha konnte sich an jedes Zimmer und jedes kleine Detail erinnern, das mal wo gestanden hatte und verglich es mit dem wie es jetzt war. Es war tatsächlich ein ähnlicher Stiel und es war immer noch alles gleich, nur neuer. Die Tour endete im Garten, wo wie es hier üblich war haufenweise Schnee lag. Einen Schneeball bekam Maudado gleich mal ins Gesicht. „ Das ist unfair!" „ Nein, wir hatten beide gleich viel Zeit. Wenn du willst können wir heute noch ne richtig Schneeballschlacht machen. Warst du eigentlich mal Ski oder Schlittschuh fahren?" „ Werder noch, meine Eltern waren nicht so der Fan von Kälte." „ Ok dann weiß ich was ich dir die Tage beibringen werde. Vertrau mir es macht Mega Spaß. Wir können ja heute Abend ne Runde auf dem See  Schlittschuh fahren gehen. Was hältst du davon?" „ Warum nicht gleich?" „ Ok ich such kurz meine Schlittschuhe, dir leihen wir welche. Komm mit, nur zieh dir was gescheites an, es ist kalt." „ Ach ne!" lachte Maudado und holte aus seinem Koffer eine Jacke. Micha holte schnell seine Schlittschuhe, die immer noch genau da lagen, wo sie früher schon lagen. Mara hatte was die Einrichtung betraf also nicht gelogen. Micha führte seinen Freund durch die ganzen Gassen, drückte ihm hin und wieder da sie alleine waren einen Kuss auf. Maudado hatte nach dem ersten peinlichen Kuss darauf bestanden, ihn nur zu küssen, wenn sie alleine waren. Der See war leer, was aber dadurch zu erklären war das es früh war  und die meisten Ski oder Snowboard fahren waren. Das war eine der Hauptbeschäftigungen hier in Österreich. Zumindest im Winter. Im Sommer war es eher wandern oder mit nem Gleiter fliegen. Halt alles was man so machen konnte in den Bergen. Die beiden liehen sich ein paar Schlittschuhe aus, dann konnte es auch los gehen, wenn man den fahren könnte. Aufgrund dessen klammerte sich Maudado an Micha und lies sich erstmal gemütlich übers Eis ziehen. Leider verlangte er auch irgendwann, das Dado selber fuhr oder zumindest sich mit Hilfe alleine fortbewegte. Und da Micha bei so Sachen fies war, lies er ihn einfach los fuhr weg und sagte, wenn du bis zu mir kommst, darfst du dich an mir wieder festhalten. Wenn sich seine Freunde dann in Bewegung gesetzt hatten fuhr er Rückwärts immer weiter von Ihnen weg. Und die Strategie funktionierte wieder mal super. Der blonde hatte innerhalb kürzester Zeit Schlittschuhlaufen gelernt. Irgendwann wurde es dann voller, weswegen sich Maudado wieder mehr an Micha schmiegte. Insgeheim wollte er nur seine Nähe, aber das brauchte keiner zu wissen. Es reicht wenn er das tat. Mara war mittlerweile zurück von ihrer Freundin, wusste sofort als sie die beiden nicht antraf, dass sie Schlittschuhlaufen waren. Deswegen schnappte sie sich ihre eigenen und ging ebenfalls zum See. Ohne groß zu überlegen zog sie sich ihre Schlittschuhe an, ging aufs Eis und verfolgte die beiden. Als sie nah genug war, hielt sie Micha die Augen zu, sodass dieser etwas hilflos in der Weltgeschichte rum rutschte. „ Erschreck mich doch nicht so Mara, ich hab n halben Herzinfarkt bekommen." „ Das müsstest du doch gewohnt sein. Wie läuft es eigentlich?" fragte sie auf Maurice deutend. „ Er stellt sich ganz gut an, wenn auch etwas tollpatschig, aber das bin ich ja nicht anders gewöhnt." „ So schlimm bin ich nun auch wieder nicht.", schmollte Maudado. „ Na auf lasst uns mal ne Runde fahren, ich bin auch schon ewig nicht mehr gefahren." Trotzdem verlernte man es nicht. Das sah man zumindest bei den ganzen Pirouetten und anderen Kunststücken die sie hinlegte. Dagegen sah selbst Micha schlecht aus. Das Angebot es doch auch mal zu versuchen, lehnte Maudado dankend ab. Er wollte seine Ferien nicht im Krankenhaus verbringen. Er war einfach noch zu Unsicher. So ging der ganze Nachmittag um, auch wenn Maudado ab und zu Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hatte. Es waren höchstens ein paar blaue Flecken dabei. Auf dem Heimweg wurden die beiden Jungs in eine Schneeballschlacht verwickelt, die keiner für sich entscheiden konnte. Es war auch viel mehr lachen, als eine wirkliche Schneeballschlacht. Trotzdem hatte alle Spaß. Zuhause kochte Mara eine hieße Schokolade, während sich die beiden umzogen. Dadurch das sie in einer Pause auf einen Berg klettern wollten, um die Aussicht zu genießen. Runter sind sie dann eher gerollt, als gelaufen, aber das war nicht so schlimm. Dabei konnten sie sich zumindest kurz küssen. Gemeinsam kuschelten sich die drei vor den Kamin und versanken in ihren Tagträumen, während sie dem Schnee zusahen, wie er vom Himmel viel. Maudado wünschte sich, er hätte so Momente auch mit seiner Familie erlebt, doch das würde wohl nie passieren. Aber es war ihm ehrlich scheiß egal. Er hatte jetzt eine neue Familie, die sich für ihn interessierte und auch wenn es hart klang, besser war als seine eigene Familie. Es fehlte nur Manu und vielleicht auch Patrick noch, dann wäre es mehr als perfekt. Doch für den Moment war das Leben perfekt gewesen und Maudado wünschte sich nichts sehnlicher, als das es ewig so bleiben würde.

Ein Zomdado Adventskalender 2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt