Kapitel 1

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It's beginning to look a lot like christmas❄
~covered by Michael Bublé

Mein Atem beschlug das Fensterglas durch das ich, klein und grau, die Dächer von London sehen konnte.

Krrk ,,Sehr geehrte Fluggäste, wir werden in wenigen Minuten am Flughafen London Heathrow landen. Bitte klappen sie die Tische ein und legen Sie den Sicherheitsgurt an. Vielen Dank, dass sie mit Travelworld Airlines geflogen sind." Krrk

Seufzend tat ich wie mir gehießen und lehnte mich in meinem Sitz zurück. Ich hasste die Landungen.

Als ich wenig später leicht holpernd und meinen Koffer hinter mir herziehend die Eingangstür des Flughafens aufstieß, schlug mir sofort die eisige londoner Luft entgegen. Ich atmete einmal tief ein und aus und genoss das Gefühl von frischem Sauerstoff in meinen Lungen. Nach knapp 12 Stunden im Flugzeug war das auch dringend nötig.

Ich hatte gerade mal zwei Schritte auf britischem Boden getan, als ich auch schon die Stimme meiner Tante vernahm.
,,Holly! Da bist du ja, schön dich zu sehen!", rief sie freudig und drückte mich überschwänglich an sich.

Ich erwiderte die Umarmung lächelnd. ,,Hi Tante Kathy."

Meine Tante war ein sehr herzlicher und vor allem sehr, sehr überdrehter Mensch. Deswegen wunderte es mich auch überhaupt nicht, dass sie, kaum dass ich da war, einen Redeschwall zustande brachte, der sogar Eminem Konkurrenz machen konnte.

Dabei wiederholte sie um die acht mal wie sehr sie sich freuen würde, dass ich endlich mal wieder in London wäre, und wie erwachsen ich dich geworden sei.

,,Ach weißt du, Holly-Schätzchen,", sagte sie, während sie mich zum Auto lotste ,,ich habe extra einen Christstollen gebacken, als du gesagt hast, dass du kommen willst. Ich weiß doch wie gerne du den magst! Und es ist doch immerhin chon eine Ewigkeit her, seit du hier warst."

Neun Mal.

Ich grinste in mich hinein. ,,Danke Tante Kathy, das ist wirklich lieb von dir."

Unter meinen braunen, gefütterten Winterstiefeln knirschte das Streusalz. Der graue Schneematsch hatte leider kaum noch was von dem schneekugel-artigen Aussehen, das ich mir im Flugzeug vorgestellt hatte.

Meine Tante redete immer noch ununterbrochen. Das war nunmal ihre Spezialität und dafür liebte ich sie.

Ihr blauer Kombi parkte nur gut fünfhundert Meter vom Flughafen entfernt.

,,Ähm Holly?" Sie zog belustigt eine Augenbraue hoch ,,du kannst natürlich gerne fahren, wenn du möchtest, aber ich denke zu mir nach Hause finde ich ein bisschen schneller als du."

Kurz war ich verwirrt, aber dann bemerkte ich meinen Fehler. Die Linke Vordertür des Autos war die Fahrertür, nicht der Beifahrersitz.

Verdammte, englische, umgedrehte Fahrweise.

,,Ups"

Erschöpft ließ ich mich auf den Beifahrersitz sinken, als meine Tante ausparkte und sich geschickt in den londoner Verkehr einfädelte.

Ich lehnte meinen Kopf an die Scheibe und begutachtete die vorbeiziehenden Gebäude.
Aber nicht lange.
Anders als im Film wäre ich sonst kurz davor gewesen mir eine mittelschwere Gehirnerschütterung zuzuziehen, so sehr wurde mein Kopf durchgerüttelt.

Man konnte eben nicht alles haben.

Es dauerte nicht lange, da verließ Kathy die vollgestopften Straßen und bog in eine ruhigere Wohngegend ein, in der sie letztendlich mit einem Ruck am Straßenrand parkte.

,,Et voilà!", präsentierte sie mir ihr Heim mit einer ausladenden Handbewegung. ,,Willkommen Zuhause."

Ich war mittlerweile ausgestiegen und begutachtete mit überschwänglicher Begeisterung ihr Haus.

,,Oh ja, sehr hübsch, genauso habe ich es in Erinnerungen!" log ich. In Wirklichkeit erinnerte ich mich kein Stück an Tante Kathys Haus, nur, dass sie immer eine lustige Fußmatte besaß.

,,Ach ja? Das würde mich allerdings wundern." Sie trat neben mich.

,,Doch doch, ich erinnere mich genau."

Sie lachte perlend. ,,Nein, das würde mich wundern, weil du dir gerade das falsche Haus anschaust. Meins ist das da." Grinsend dreht sie meinen Kopf nach links.

,,Oh", sagte ich lahm ,,okay erwischt." Ich grinste ebenfalls verschämt.

Fröhlich glucksend spazierte mir meine Lieblingstante vorweg zur Haustür.

Hah! Ich wusste es doch!

Vor der dunkelbraunen Holztür lag eine rot-grüne Fußmatte, auf der eine Alkoholflasche abgebildet war. Darunter stand in schwarzen Lettern
Gin-gle Bells

Belustigt schnaubend schüttelte ich den Kopf.

Ich war wirklich dankbar hier sein zu dürfen.
Hier, inn dieser wunderbaren Stadt, bei meiner Tante und weit, weit weg von Casper...

WaffelherzenWhere stories live. Discover now