Aodhans Zeichnung

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„Aodhan, kann ich reinkommen?" fragte Elena, nachdem sie an die Tür geklopft hatte.

Sie war in die Zuflucht gekommen um Jessamy zu besuchen und um mit Galen zu trainieren. Denn auch wenn ihre Muskeln inzwischen schon deutlich stärker geworden waren, gab es noch immer Flugmanöver, die sie lernen musste.

Und da sie sowieso schon hier war, beschloss sie auch Aodhan einen Besuch abzustatten. Immerhin hatte sie ihn seit drei Monaten nicht mehr gesehen, da er zwischenzeitlich von Raphael auf Mission geschickt und seit seiner Rückkehr in der Zuflucht stationiert worden war.

Als die Tür aufging stand ein etwas zerzaust aussehender Aodhan vor ihr, der ausnahmsweise nicht mit Farbe betupft, sondern mit Staub bedeckt war.

„Natürlich, gerne. Ich bin nur gerade dabei einige Bilder wegzuräumen."

„Ich kann dir helfen wenn du willst?", bot Elena an, nachdem Aodhan soweit zurück getreten war, dass sie an ihm vorbei in sein Heim eintreten konnte. Sie zog die Stiefel im Flur aus, da es draußen geregnet hatte und sie dementsprechend keinen Schlamm hineintragen wollte.

„Nicht nötig, das Gröbste habe ich schon in Kisten verstaut. Ich muss nur noch zwei, drei Skizzenblöcke einpacken und es dann in den Keller bringen."

„Es gäbe wohl nicht wenige Kunsthändler, die für diese Skizzenblöcke töten würde. Darf ich sie mir ansehen?"

„Wenn du möchtest, gern. Ich koche in der Zwischenzeit etwas Tee für uns.", mit diesen Worten verschwand der weißgeflügelte Engel in der Küche.

Während Elena ihn das Wasser aufsetzen hörte ging sie zu einem Tisch in der Ecke des Zimmers, dort lagen ein Stapel Skizzenblöcke und eine Bildermappe. Elena schnappte sich die Mappe, die oben lag und begann darin zu blättern. Bleistift- und Kohleskizzen von Berglandschaften, Portraits von verschiedenen, atemberaubend schönen Engeln und Vampiren, der Time Square von oben. Einige der Bilder waren nur schnelle Skizzen, andere unglaublich detailliert gezeichnet. Aber alle waren in Aodhans typischen Stil und unglaublich schön.

‚Schade, dass ich nicht mehr Ahnung von Kunst habe, es gibt nicht viele Personen, egal ob Mensch, Vampir oder Engel, die diese Skizzen zu sehen bekommen haben.', dachte Elena bei sich, klappte die Mappe zu und nahm das erste Skizzenbuch zur Hand.

Darin waren hauptsächlich Zeichnungen von Engeln, einige davon kamen ihr entfernt bekannt vor, andere hatte sie noch nie gesehen. Manche der Portraits zeigten Raphaels Sieben, so gab es eine Zeichnung, auf der ein gedankenversunkener Dmitri zu sehen war, oder ein Galen, der gerade mit einem anderen Engel trainierte.

Als sie beim Durchblättern eine Kohlezeichnung von Raphael fand, wie er auf einem Balkon des Towers stand, den Blick in die Ferne gerichtet hielt Elena inne. Obwohl das Bild nur aus Schwarz und Grautönen bestand, wirkten Raphaels Flügel kein bisschen weniger magisch und wunderschön, als sie es in echt taten. Und auch das Muster, welches entstanden war, nachdem sie ihm damals ein Loch in den Flügel geschossen hatte, stimmte bis ins kleinste Detail.

Aodhan kam aus der Küche und reichte Elena wortlos eine Tasse Tee, die nach Rooibos roch. Sie nahm einen Schluck des heißen, süßen Tees und ließ sich von innen aufwärmen. Als der männliche Engel sah, welches Bild Elena in der Hand hatte, meinte er: „Du kannst es haben."

Mit einem freudigen Lächeln nahm Elena einen weiteren Schluck ihres Tees. „Danke! Ich werde Montgomery bitten, mir zu helfen, einen Platz mit optimaler Beleuchtung dafür zu finden. Dann kann ich mir meinen Erzengel immer ansehen, wenn er nicht da ist und habe gleichzeitig eine wundervolle Erinnerung an einen Freund, die ich mir ansehen kann wann immer dieser nicht da ist."

Aodhans Zeichnung (Aodhan x Illium)Where stories live. Discover now