Kapitel 2- Grauer Tag

13 1 0
                                    

Am nächsten Morgen wollte Gwen nicht aus dem Bett aufstehen. Es war so schön warm und sie war in der Nacht erst spät wieder zu Hause gewesen. Und dann musste sie jetzt auch noch in die Schule. Nein, heute würde nicht wirklich ein guter Tag werden. Müde rieb sie sich die Augen, als ihre Mutter schon zum dritten Mal in ihr Zimmer kam und das Licht rasant an und aus knipste.

Am Frühstückstisch nippte Gwen an ihrem Kaffee und hatte irgendwie keinen Hunger. Das Toast vor ihr hatte schon diese Komische Konsistenz die Toast so annahm, wenn es getoastet war und man es stehen gelassen hatte. Ihr Vater butterte sich schon das Zweite Toast und ihre Mutter setzte sich gerade mit einer frischen Tasse Tee an den Tisch. „Nanu, Kaffee trinkst du doch sonst nie.", stellte ihre Mutter besorgt fest. „Was hast du die letzte Nacht gemacht, dass du so müde bist kleine?" Gwen guckte böse mit ihren müden Augen zu ihrer Mutter. Gwen hasste Spitznamen wie kleines oder Schatz oder Maus. Sie hatte einen Namen. Warum konnte man sie nicht einfach nur Gwen nennen. Es war kein Zungenbrecher, noch waren Kryptische Zeichen in ihrem Namen, welche das lesen erschweren würden. Gwen stellte den Kaffee vor sich auf den Tisch, da dieser noch zu heiß zum Trinken war und aß stattdessen ein Toast. Besser gesagt, sie zwang es runter.

Nach dem Essen packte Gwen schnell ihre Tasche zu Ende und machte sich auf den Weg. In der Schule war eigentlich alles so, wie immer. Ein paar Fünftklässler spielten auf dem Schulhof Fußball, Schüler warteten vor den Klassenräumen das der Lehrer sie Aufschließen und sie rein lassen würde und vereinzelt rannten Kinder über den Schulhof, um nicht zu spät zum Unterricht zu kommen oder um noch reingelassen zu werden. Wenn der Lehrer die Klasse aufschloss musste man mit rein gehen, danach durfte man nicht mehr rein. Die Klassen wurden normalerweisen um fünf vor Acht aufgeschlossen und um Acht fing der Unterricht an.

Gwen saß in der Mitte des Klassenraumes und hatte ein Buck so vor sich gestellt damit sie schlafen konnte. Aber sie konnte nicht. Sie lag mit offenen Augen auf dem Tisch, die Arme vor sich vorschränkt und den Kopf darauf abgelegt. Sie konnte nur daran denken, dass sie bald eine Mission mir Erik machen musste und darauf hatte sie gerade überhaupt keine Lust. Über ihn gingen so viele Gerüchte herum, dass fast jeder es vermied mit ihm gesehen zu werden. Gwen persönlich wusste nur, dass er meistens ziemlich unfreundlich war.

Sie hatte sich auch nicht wirklich getraut etwas gegen ihn zu sagen, weil er dann nochmal extra unhöflich zu ihr sein würde und sie wollte das nicht. Schon wenn er sich mit anderen „normal" unterhielt, hörte er sich nicht so an, als ob er gerade den besten Tag hatte. Und vielleicht müsste dann jemand anderes mit ihm machen und dann würde diese Person sie vielleicht hassen und vielleicht hatte er ja tatsächlich Freunde und diese würden sie dann auch noch hassen und so weiter... Gwen interessierte es manchmal ziemlich stark, was die anderen über sie dachten. Gwen wusste nicht, wie man Kommentare ignorierte. Alle sagten immer: „Ignorier sie doch!", aber die Wahrheit war, dass sie es nicht konnte. Sie konnte sowas tatsächlich überhaupt nicht. Dinge ausblenden. Egal ob nervende Geräusche, das ticken der Uhr in ihrem Zimmer, leise Wassertropfen die gegen ihre Fensterscheibe prasselten oder halt Kommentare.

In der Pause war Gwen alleine. Sie hatte nicht viele Kontakte in der Schule und diese paar Kontakte waren heute alle nicht da oder hatten schlichtweg keine Lust auf sie. Konnte ihr auch egal sein, sie hatte eh zu tun. Sie musste neue Runen auswendig lernen. Es waren Mondrunen und sie waren eigentlich ziemlich cool. Wenn man wusste wie man damit umgehen muss. Sie wusste es nicht. Noch nicht. Sie hatte vor Luna zu fragen. Sie kannte sich wirklich gut mit Runen aus.

Luna war auf der Gleichen Schule wie sie, aber in der Oberstufe und aus irgendeinem Grund hatten die ganz andere Pausenzeiten und daher sahen sie sich nicht so oft während sie Schule hatten. Luna war eine sehr gute Schülerin und es war erstaunlich, wie sie mit der Müdigkeit umgehen konnte. Sie war fast nie müde und auch nie. Wie machte sie das? Gwen wollte das auch können. Und genauso gut sein. Soweit Luna mitbekommen hatte, hatte man Luna sehr oft als Hexe bezeichnet. Das war viel zu ironisch um nicht drüber lachen zu müssen.

Nach der Schule regnete es. Die Regentropfen prasselten erst auf die Erde, aber nach einer Zeit schlugen sie richtig auf und weichten den Boden des Waldes auf. Gwens Schulweg führte durch einen Wald und es war eine Matschige Angelegenheit. Auf den Straßen war es zwar nicht mehr so matschig, aber es sah einfach nur grau aus. Gwen verabscheute grau nicht, aber es war auch nicht gerade ihre Lieblingsfarbe. Besonders in der Stadt sah es überhaupt nicht gut aus. Warum hatte sie heute Morgen keinen Regenschirm mitgenommen? Sie hätte wirklich auf den Wetterbericht hören sollen. Aber sie vertraute diesem nicht so wirklich. Lieber machte sie eigene Wettervorhersagen. Das konnte sie gut. Es war auch einfach. Man musste sich einfach nur an den Wolken und der Temperatur orientieren. Und man musste natürlich wissen, was bei welchen Sachen passierte aber das war jetzt im Moment auch egal. Sie hatte nicht nachgedacht, jetzt musste sie es ausbaden. Im warsten Sinne des Wortes.

Zuhause angekommen hatte sie keine Locken mehr sondern tropfende, glatte und nasse Haare. Es fühlte sich richtig eklig an. Schnell brachte sie ihre Sachen in ihr Zimmer und schnappte sich ein Handtuch um ihre Haare abzutrocknen. Wenn das Wetter am Samstag nicht besser war, würde es noch weniger Spaß machen als erwartet.

Was war Samstag? Samstag war die Außenmission und heute war Donnerstag. Sie hatte echt keine Lust supernass irgendwelche Leute zu heilen. Das war die Aufgabe für Samstag. In einem kleinen Dorf, etwa fünf Stunden mit der Bahn entfernt, gab es irgendeinen Angriff, anscheinend von irgendeinem Mythologischem wesen... oder sowas. Erik und sie mussten nun da nach dem Rechten sehen, die verletzen versorgen und gucken ob der Werwolf noch in der Nähe war. Das konnte ja witzig werden... nicht. Nicht mit Erik.

Gwen ging vor einen Spiegel und bemerkte, dass ihre ganzen Sachen auch durchnässt waren. Sie hatte es nicht wirklich bemerkt, da sie in Gedanken vertieft war. Aber jetzt klebten ihre Sachen eklig an ihrem Körper und man konnte ganz klar ihre Silhouette sehen. Als sie sich umzog kam ihr der Gedanke, dass sie vielleicht nicht mit so vielen Vorurteilen an die Sache gehen sollte. Nüchtern betrachtet wusste sie überhaupt nicht ob die Gerüchte stimmten und ob Erik wirklich die größte Spaßbremse war. Sie wusste nur, dass ihre letzte gemeinsame Konversation ein Desaster gewesen war.

Ihr Handy leuchtete auf. Sie hatte es auf ihrem Bett liegen gelassen während sie sich umgezogen hatte. Es war Luna. Sie hatte ihr geschrieben. Gwen entsperrte ihr Handy und öffnete den Chat mit Luna.

„Eyo, hast du dir schon ein Alibi geklärt?", stand auf dem Bildschirm. Gwen schluckte. Nein, hatte sie noch nicht. Kurzerhand rief sie Luna an. Ihr Handy piepte und nach einer gefühlten Ewigkeit ging Luna auch mal ran. Ohne „Hallo" oder so zu sagen fragte Luna gleich „Wie wollen wir das machen? Wie das letzte Mal?" „Klingt gut, oder komm vorbei, dann können wir das mit Mom besprechen und morgen komm ich zu dir und dann sprechen wir mit einer Mom." Sie waren so gute Freunde, dass sie beide nicht fragen mussten, sie wussten irgendwie wann die andere Zeit hatte und das war ganz praktisch. „Ja, dann lass das doch machen." „Bis gleich." „See ya"

Gwen legte auf und einige Minuten später klingelte es auch schon an der Tür. 

Schwarze RunenOnde histórias criam vida. Descubra agora