3 | Alkoholische Freiheiten

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»Die Lehrer interessiert es aber«, gab sie zurück. Sie mochte jetzt vielleicht so tun, als würde sie ihren Schulabschluss machen, dann was aus ihrem Leben, aber irgendwann würde sie eh wie die andern Weiber aus dem Viertel enden. Vom falschen Typen entjungfert, zu früh geschwängert, dann allein mit 'nem Scheißkind und ohne Job. Sie sollte mal nicht so tun, als hätte sie 'ne Zukunft.

»Ich fick drauf«, erwiderte ich und rutschte dann mit der Flasche in der Hand vom Tisch herunter. Langsam ging ich ihr entgegen. Mittlerweile war die ganze Klasse auf uns aufmerksam geworden, das registrierte ich mit einem schnellen Seitenblick.

Trotzig verschränkte sie die Arme vor der Brust. Sah auf den Alkohol in meinen Händen, auf meine Freunde, dann mir in die Augen. Für letzteres musste sie den Kopf heben.

»Schämt ihr euch nicht, solche Assis zu sein?«, meinte sie dann und wahrscheinlich war jedem in diesem Raum bewusst, wie verzweifelt diese Aussage war. Dass sie keine Ahnung hatte, was sagen.

»Nein«, erwiderte ich nur, als ich direkt vor Zoe stehen blieb und ihr blumiges Parfum roch. Mit den Fingern zupfte sie an der Tattookette aus Nylon herum, die sie um ihren Hals trug. Sie war unruhig und konnte es doch nicht lassen, ihre Fresse aufzureißen.

»Du stinkst wie'n scheiß Penner nach Alk, is' dir schon klar, oder?«

»Willst jetzt provozieren?« Ich lachte und trat einen Schritt näher an sie ran. »Oder was soll das hier werden?«

Ich trank einen weiteren Schluck Rum. Genoss das Gefühl, wie die Wärme meinen Körper durchströmte.

Ein Augenblick verstrich.

Leises Tuscheln war zu hören, verzerrt die dumpfen Bässe aus dem Handylautsprecher.

Dann spuckte ich ihr mitten ins Gesicht. In ihre hässliche Fresse, in der das billige Make-up klebte.

Schockiert starrte sie mich dann an. Einen Moment lang verharrte sie regungslos.

»Du hattest recht. Wir sind scheiß Assis«, grinste ich dann.

Verachtung lag in ihrem Blick. Doch gleich, wie sehr sie mich hasste, war ich mir ziemlich sicher, dass sie sich in Zukunft aus den Sachen raushalten würde, die sie nichts angingen.

Ich ließ sie stehen und trank einen Schluck aus der Rumflasche, als ich zu meinen Kumpels zurückkehrte.

»Verfickte Scheiße, Jay, was war'n das jetzt, ey«, lachte Maxim und streckte mir die Faust entgegen. Ich schlug ein und reichte ihm den Alkohol, während ich mich auf einen der wackligen Stühle sinken ließ.

Aufs Samus Lippen lag ein hämisches Grinsen. »Hast es der voll gezeigtֿ.«

Ohne auf ihn einzugehen, sah ich mich nach Zoe um. Sie war an das dreckige Waschbecken neben der Tür gestürmt und verwischte in dem Versuch, ihr Gesicht zu waschen, ihre hässliche Schminke nur noch mehr. Ein paar Mädels standen um sie herum und kriegten sich in ihrem Hass auf mich wahrscheinlich gar nicht mehr ein. Sollten sie doch. Ich genoss dieses Gefühl, verdammte Scheiße.

Zumindest solange, bis ich Federicos Blick auf mir ruhen spürte.

»Is' was?«, fuhr ich ihn an. War ja klar, dass er mir diesen sich so triumphvoll anfühlenden Moment zerstören musste.

Nachdenklich zog Federico seine Augenbrauen zusammen. »Und jetzt fühlst dich stark, oder was?«

Ich hasste es, wie er mit mir redete. Seine herablassende Art, als wüsste er irgendetwas besser als ich. Doch das tat er nicht, auch wenn er Ahnung von dem ganzen Schwachsinn haben mochte, den sie einem in der Schule beibrachten. Aber was brachte einem das schon?

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWhere stories live. Discover now