23. Kapitel

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„Wo willst du hin?", fragte ich murrend und legte meinen Arm um ihre Mitte. Wenig begeistert versuchte sie ihn von ihr zu lösen aber seien wir mal ehrlich: das Mädchen wog weniger als mein kleiner Finger; sie versuchte ein verlorenes Spiel zu gewinnen.

„In mein Zimmer.", antwortete sie ächzend und ich schmunzelte wenn ich daran dachte welche anderen Geräusche sie kurz zuvor von sich gegeben hatte. Trotzdem war ‚in ihr Zimmer' nicht unbedingt das, was ich in dem Moment hören wollte. Warum konnte sie nicht einfach mal liegen bleiben nachdem wir miteinander geschlafen haben? Sie zappelte immer noch wie ein Fisch auf dem Land und unwillig nachzugeben zog ich sie zurück neben mich. Ava schnaubte, ich grinste.

„Wenn du nicht liegen bleibst werde ich dich Wohl oder Übel fesseln müssen." Flüsterte ich in ihr Ohr in der Hoffnung sie würde es nicht tun. Man merkte wie gut ich sie kannte als sie wieder schnaubte und noch vehementer versuchte meinen Arm irgendwie zu beseitigen. Ich verdrehte die Augen, was sie eh nicht sehen konnte weil es dunkel war, beugte mich über sie und griff nach einem längeren Band. „Du hast es so gewollt.", sagte ich ihr während ich ohne weiteres ihre Hände zu fassen bekam und langsam das Band um sie wickelte. Als ich zufrieden mit meinem Gesamtwerk war, lehnte ich mich zurück und legte die Decke über uns beiden. „Schlaf gut." Ava schnaubte, murmelte etwas was sich anhörte als sollte ich aufpassen dass ich überhaupt wieder aufwachte und ich küsste ihren Nacken.

*

Etwas, jemand oder wie man das Geschöpf neben mir auch nennen konnte, wand sich neben mir ungeduldig. Genervt hob ich ein Augenlid an und erblickte Ava wie sich versuchte das Band von ihren Handgelenken zu lösen. „Was wird das wenn es fertig wird?", erkundigte ich mich murrend und zu meiner Verteidigung musste gesagt werden, dass erstens mein Körper sich dem nüchtern werden zuwandte und ich zweitens nicht lange geschlafen hatte. Was sollte ich sagen? Ich brauchte eben meinen Schlaf.

„Warst du bei den Pfadfindern oder warum kannst du so einen beschissenen Knoten?" Fluchend sah Ava weiter auf mein Kunstwerk und ich genoss den Anblick ihres nackten Rückens im ersten Licht der Sonne. Im ersten Licht der Sonne? Gott... Ihre langen Haare hingen über ihre Schultern und hätte sie sich nicht auf ihren Unterarmen abgestützt, hätte ich sicher auch ihre Brüste sehen können. Nun, leider konnte man eben nicht alles haben.

„Jahrelanges Üben Schätzchen. Aber ich dachte wir hätten bereits geklärt dass du hier schlafen wirst?"

„Kein Wunder, ich kann mir vorstellen dass keine Frau freiwillig bei dir bleiben wollte.", erwiderte sie bissig und ich legte tief getroffen meine Hand auf meine Brust.

„Au, das tat weh. Eigentlich wollte ich dir helfen aber gut, wenn du meinst." Ich drehte mich auf die andere Seite und zog die Decke höher. Hinter mir hörte ich wie Ava weiter versuchte den Knoten zu lösen und ich fragte mich wie sie es mit ihrem 3,9 GPA nicht schaffte einen simplen Klemmknoten zu entknoten.

„Man Liam, bitte mach den ab, ich muss auf Toilette." Oh sie hatte bitte gesagt. Na gut.

„Nur wenn du mich auf ein Date begleitest.", forderte ich und sie stimmte genervt zu. Zufrieden drehte ich mich zurück, zog an einem der herausstehenden Enden und das Band gab sofort nach. Verdutzt sah Ava auf das Band, dann zu mir.

„Hast du mich um ein Date gebeten?", fragte sie überrascht und ich wusste nicht ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen war, dass sie noch einmal nachfragte.

„Nein, ich habe dich gefragt ob du mich auf ein Date begleitest. Das ist etwas völlig anderes." Ich grinste. „Und du hast zugestimmt." Sie hob ihre Augenbraue, sagte aber nichts mehr, sondern schwang ihre Beine aus dem Bett, griff nach einem meiner T-Shirts und lief leise aus dem Zimmer. Wann würde ihr wohl auffallen was sie da trug? Wissend dass sie nicht mehr zurück kommen würde, drehte ich mich wieder um, schloss meine Augen und begann mich zu fragen was für ein Date sie überzeugen konnte endlich mehr in mir zu sehen.

Als ich wieder aufwachte schien die Sonne direkt durch das Fenster und ich schalte mich selbst weil ich vergessen hatte die Fensterladen zu schließen. Aber nun war ich wach und an schlaf war nicht mehr zu denken. Also stand ich auf, suchte irgendeine Hose und Shirt vom Boden auf, zog sie über und betrachtete anschließend das Chaos was sich mir bot. Ava's Kleidung lag verteilt zwischen meiner, die Lampe die ursprünglich neben meinem Bett stand lag auf dem Boden und ich war mir sicher, dass der BH darüber auch nicht dorthin gehörte. Schnell sammelte ich alles auf, warf meine Kleidung achtlos in die Ecke und faltete Ava's zusammen. Mit dem Stapel in der Hand ging ich zur Tür, sah vorsichtig über den Flur und schlich auf Zehnspitzen in Ava's Zimmer. Entfernt hörte ich Geräusche aus der Küche, also war soweit alles sicher. Leise öffnete ich ihre Tür und sah ihre schmale Figur schlafend im Bett. Lächelnd legte ich die Kleidung auf dem Stuhl neben der Tür ab um dann wieder zu verschwinden. Bestimmt hatte Mum etwas zum frühstücken gemacht.

Der Abend gestern war hunderte male besser verlaufen als gedacht und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich Ava nicht gleichgültig war, was noch besser war als die Tatsache mit ihr geschlafen zu haben. Wie ich sie kannte würde sie einfach weiter machen wie bisher und –

„Ah Liam, weißt du vielleicht wann Ava heute Nacht nach Hause gekommen ist?" Mum saß mit sorgenvoller Miene und einer Tasse Kaffee zwischen ihren Händen am Tisch, während Dad in sein Tablet sah. Noah neben ihn grinste von einem Ohr zum anderen ehe er schnell trank bevor es auffiel. „Um Drei Uhr war sie nicht da, ich habe extra nachgeschaut! Vielleicht hätte ich ihr sagen sollen, dass sie sich bitte meldet wenn sie länger bleibt.. Oh Arthur, jetzt sag doch auch endlich was!"

Der Genannte hob nur kurz seinen Kopf, vollkommen unbeeindruckt von Mums halben Nervenzusammenbruch. Mir dagegen lief es gerade abwechselnd heiß und kalt den Rücken runter. Es blieb mir nur zu beten, dass mein Gesicht nicht die Farbe von ihrem Lippenstift angenommen hatte. Noah verschluckte sich und ich bat darum, dass er daran ersticken würde. „Sibyll, das Mädchen ist alt genug und weiß Gott verantwortungsvoll genug. Sie wird schon nicht bei irgendeinem Jungen gelandet sein, sowas macht sie nicht. Und außerdem hat sie sich auch einmal eine Auszeit verdient.

Noah hustete noch mehr und auch mir ging gerade alles auf Grundeis. Oh Dad, warum nur? Hättest du nicht stillschweigend deine Frau ertragen können? „Ich finde auch", sagte Noah nachdem er sich einigermaßen gefangen hatte „ dass Ava so etwas nicht machen würde. Und sie ist bestimmt mittlerweile in ihrem Bett angekommen. Und ein wenig Spaß hat sie nun wirklich verdient, nicht wahr Liam?"

Was das vielleicht die Retourkutsche wegen gestern Abend? Oder lag es an seiner allgemeinen Dummheit? War das möglicherweise ansteckend? Leider musste ich mich damit begnügen ihn anzufunkeln weil Mum höchst aufgeregt fragte Wieso. „Mum, entspann dich, gerade eben lag sie in ihrem Bett und schlief." Leider hatte ich mit meiner Aussage etwas vergessen zu bedenken.

„Warum warst du bei ihr im Zimmer?" Nämlich das. 

ElysiumWhere stories live. Discover now