Epilog

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Die Türen des Zuges öffnen sich und eine laut jubelnde Menge erwartet uns. Wow. Das Erste was mir ins Auge sticht ist das viele Grün hier. Ich weiß, es hört sich etwas komisch an, aber wenn man 17 Jahre immer nur grau sieht, ist das hier einfach nur wunderschön. Lucas löst sich von mir und schließt eine Frau lächelnd in die Arme. Sie hat die gleichen blauen Augen wie Lucas, woraus ich schließe, dass dies seine Mutter ist. Ich lächle freundlich in die Menge und auch ich werde herzlich in Empfang genommen. Ein warmes Gefühl breitet sich in mir aus, als sei ich endlich zu Hause angekommen. Nachdem sich Lucas Mutter von ihm gelöst hat kommt sie mit einem warmen Lächeln auf mich zu und schließt mich ebenfalls in die Arme. Lucas hat nicht gelogen, schon jetzt begrüßen mich die Leute, als sei ich schon Teil ihres Distrikts. Ich erwidere die Umarmung leicht und bestimmt, denn ich weiß einfach nicht was ich gerade tun soll.

Irgendwann ist dieser Trubel um Lucas und mich verebbt und wir sitzen gerade bei einer Tasse Tee in unserem Haus im Dorf der Sieger. „Deine Familie ist so nett und ich dachte, sie würden mich von Anfang an nicht mögen.", gestehe ich ihm und Blicke auf meine Tasse in meinen Händen. „Das habe ich dir dich schon gesagt, dass sie dich akzeptieren werden.", sagt er und hebt mein Kinn ein wenig an. „Würdest du mir heute noch den Distrikt zeigen?", frage ich und er nickt. „Wir werden aber nicht mehr alles schaffen, bevor es dunkel wird.", meint er.

Der Distrikt ist wirklich schön, so viel schöner als meine alte Heimat. Die Menschen hier, haben mich schon jetzt akzeptiert oder sie zeigen es nicht, dass sie es nicht tun. Ich fühle mich wohl. An Lucas Seite zu sein, lässt mich wieder richtig Leben. Die Arena war schlimm und ich denke, so schnell werde ich nicht die Tatsache vergessen, dass mir das Töten anfangs Freude bereitet hat. Ich bereue es zu tiefst, die Erinnerungen sind so schlimm und ich kann es nicht einfach verdrängen. Lucas merkt wohl, dass ich die ganze Zeit schon am rum grübeln bin, denn er sieht mich besorgt an. Ich schüttel nur mit dem Kopf, ich weiß nicht was ich sagen soll.


„Wir sollten gehen. Es ist schon spät.", sagt Lucas nach einer Weile.„Ich komme gleich nach, geh du nur schon einmal vor.", erwidere ich. Von hierwar es nicht sehr weit, bis zu unserem Haus und ich brauche einfach noch etwasZeit für mich. „Na gut, bleib aber nicht zu lange.", rät er mir, gibt mir einenflüchtigen Kuss und ich sehe ihm dann hinter her, wie er in der Dunkelheitverschwindet. Ich lasse mich an einer Wand auf den Boden gleiten und stütze dasGesicht in die Hände. Würde ich die Arena je vergessen können? Nein, das würdeich nicht, es liegt doch auf der Hand. Niemand kann sowas vergessen. Ich kannfroh sein, nicht ganz verrückt und verängstigt daraus gekommen zu sein, wiemanche anderen, aber die Erlebnisse erscheinen immer und immer wieder vormeinem inneren Auge. Wie ich getötet habe, so skrupellos und eiskalt.Unschuldige Menschen, nein Kinder habe ich umgebracht. Wäre es nicht fairergewesen, wenn mich das Kapitol in der Arena gelassen hätte? Ich hatte es nichtmehr verdient zu leben, aber was war mit Lucas? Es soll doch glücklich sein.Mir lief stumm eine Träne übers Gesicht.Vielleicht kann ich hier im Distrikt die Arena etwas in den Hintergrundschieben, wobei ich nächstes Jahr als Mentorin arbeite. Es ist doch wie einVerrat an diesen Distrikt wenn ich Distrikt zwei wieder zum Sieg verhelfensoll. Ich könnte hier vielleicht heimlich den Kindern beibringen mitWurfmessern umzugehen, damit sie immerhin eine höhere Chance haben zu gewinnen.Mehr kann ich aber nicht machen, außer die Kinder die wollen ein wenigauszubilden im Umgang mit Waffen. „Hallokleine Siegerin." Eine männliche Stimme reißt mich aus meinen Gedanken und alsich hochschrecke, lacht der Mann nur dreckig. Ich schaue mich um, doch kannniemanden erkennen. Vielleicht hatte ich mir das gerade auch nur eingebildet.Ich stehe auf und will die Flucht ergreifen, als mich zwei Hände packen. Dieeine um meine Taille und die andere meinen Mund. Die Hand war so groß, dass siemir auch noch die Luft abschnürt. Panisch versuche ich zu schreien, mich zuwehren. „Du hast die Spiele gewonnen und doch bist du so schwach." Ich spüreden heißen, nach Zigaretten und Alkohol stinkenden Atem an meinem Ohr. MeinPulsschlag beschleunigt sich sofort und das Adrenalin schießt durch meineAdern. Ich war diesem Typen schutzlos ausgeliefert. Noch immer bekomme ichkeine Luft und langsam verschwimmt mein Sichtfeld. Was bringt es noch sich zuwehren? Der Typ war stärker als ich, ich hatte in der Arena nur meine Waffen,welche mich stark gemacht haben. Ich erschlaffe in den Armen dieses Mannes undhöre auf mich zur Wehr zu setzten, vielleicht konnte ich meine Kraft späternoch gebrauchen. „Braves Mädchen. Ohne deine kleinen Messer bist du wohlnichts, kannst dich nicht verteidigen. Hat man dir nicht beigebracht bis zumTod zu kämpfen? Hast du nicht gelernt, wie du dich verteidigen kannst auch ohneWaffen? Wurdet ihr nicht genau dazu ausgebildet? ...", raunt der Mann mirweiterhin ins Ohr, doch ich höre gar nicht mehr zu. Natürlich wurde ich damalsfür die Spiele ausgebildet. Dann hieß es ja auch, dass wir Waffen hatten unduns kaum körperlich verteidigen mussten. In der Arena kämpfen wir in Gruppen,sodass es so eine Situation wie diese hier gerade, es nicht geben würde. Ichkann nicht mehr, ich habe keine Luft mehr zu atmen, ich ersticke. Alles um michherum wird schwarz und ich verliere den Boden unter meinen Füßen, würdeeigentlich auf dem harten Asphalt aufschlagen, wenn mich der Mann nichtfesthalten würde.     

Das Verhängnis: FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt