2 ~ Approaching dusks, terrible heartbreaks and break-ups

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Kapitel 2

Ich zitterte. Aber nicht bloß wegen des frischen Abendwindes, der durch das gekippte Fenster meines Zimmers wehte und mir über die Schultern strich.

Mit dem Handrücken wischte ich mir eine einzelne Träne von der Wange und schlang trotzig die Arme um meinen eigenen Körper.

Mir gegenüber stand der mit Abstand rücksichtsloseste Kerl der Welt. Niemals hätte ich auch nur irgendetwas Schlechtes von ihm erwartet und ich schätze, niemand hätte das. Allerdings waren es doch meistens die Unscheinbaren, die unerwartet das Leben eines anderen zerstörten, nicht wahr?

Es gab nicht viele Menschen in seinem Leben, die ihn liebten. Dennoch war ich eine davon. Weil ich wusste, wie er wirklich war, was für ein aufrichtiger und angenehmer Mensch in ihm steckte. Jedenfalls dachte ich das.

„Das ist wirklich schwer zu begreifen, Shane."

Er schluckte schwer und war kaum dazu in der Lage, mir in die Augen sehen. „Ich hatte nicht erwartet, dass es derartige Probleme bereiten würde", sagte er mehr zu sich selbst, als zu mir.

Derartige Probleme? Meinst du die Tatsache, dass ich nicht einverstanden bin? Oder bin ich dir ohnehin nur noch im Weg?"

Ich wollte die ganze Wahrheit, nicht nur die halbe. Wenn ich ihm nicht mehr gut genug war, wenn er stattdessen meine kleine Schwester wollte, dann sollte er mir das gefälligst ins Gesicht sagen. Ich war bereit, es zu hören.

Langsam versuchte er mir näher zu kommen, mich zu berühren, um mich zu beschwichtigen. Aber nichts davon wollte ich, weswegen ich mich so weit von ihm entfernte, bis mein Becken an die Fensterbank hinter mir stieß.

„Mir ist klar, dass ich es verdient habe, dass du mich jetzt womöglich hasst, aber wenn du mir die Chance gibst, alles zu erklären, wenn du mir zuhörst... Vielleicht... Vielleicht können wir dann irgendwann wieder normal miteinander umgehen."

„Ich hasse dich nicht", versicherte ich ihm. „Ich bin nur enttäuscht, dass du dich zu dem entwickelt hast, wovon du sagtest, du würdest es nie sein."

Er nickte nur und schwieg lange, bis er erwiderte: „Tut mir leid, dass du das so siehst." Und dann war er weg, einfach so. Ohne weiterzukämpfen, ließ er mich stehen.

Ich lief ihm hinterher. Ich wollte ihm nicht hinterherlaufen. So jemand war ich für gewöhnlich nicht. Aber es stand ihm nicht zu, einfach abzuhauen. Er konnte nicht verschwinden, ohne unser Gespräch beendet zu haben.

„Warte", hörte ich meine zittrige Stimme sagen, als ich im halbdunklen Flur stand. Shane blieb stehen, drehte sich allerdings nicht um.

„Du kannst nicht einfach gehen."

„Was erwartest du von mir, Kelly?" Seine ruhige Stimme schickte Schauer durch meine Wirbelsäule.

„Dass du mich anhörst. Ich schulde dir nichts, du schuldest mir wenigstens das."

Nun drehte er sich endlich um, wobei uns einige Meter trennten. Die Hälfte seines Gesichts lag im Schatten. Durch die schwarzen Haare, die ihm in die Stirn hingen, konnte ich seine Augen nur schwer erkennen.

„Ich werde dir zuhören. Unter einer Bedingung."

„Und die wäre?"

„Ich will nicht, dass du etwas sagst, was du später bereuen wirst. Ich will, dass du dir sicher bist. Dass du gründlich darüber nachdenkst."

„Ich glaube, so hat man noch nie jemanden erfolgreich davon abgehalten, mit ihm schlusszumachen."

„Also ist das die Art, wie du unsere Beziehung beenden willst? Einfach so? Alles, was wir erlebt haben, spielt plötzlich keine Rolle mehr? Ein kleiner Fehler und es ist aus?"

„Es spielt eine Rolle, Shane. Jede Winzigkeit spielt eine Rolle. Genau das ist es ja. Du nennst es einen ‚kleinen Fehler', während ich das Vertrauensbruch auf tiefster Ebene nenne. Wenn wir schon bei Dingen wie diesen verschiedener Ansichten sind, wie soll das dann weiterhin funktionieren?"

„So, wie es bis hierhin auch funktioniert hat. Mit Liebe und gegenseitigem Verständnis."

Ich schüttelte den Kopf. „Das reicht mir nicht. Ich will, dass wir uns trennen."

Sein Gesicht verlor bei diesen Worten jeglichen Ausdruck. Wo ich zuvor noch Verzweiflung und Schuldbewusstsein ausmachen hatte können, befand sich nun Leere. Nicht einmal noch seine Augen verrieten, was er dachte.

Mir war nicht gut. Mein Magen hatte sich so stark zusammengezogen, dass es schmerzte. Ich riss mich allerdings zusammen und ließ mir nichts anmerken. Immer noch wartete ich auf eine Antwort von Shane. Er sollte etwas sagen, irgendetwas. Es hätte mir schon gereicht, wenn er mich nicht mehr so ausdruckslos angestarrt hätte.

Doch seine Gesichtszüge veränderten sich auch dann nicht, als er langsam nickte. „Ist wahrscheinlich besser so."

Dieser Satz verletzte mich mehr, als ich es für möglich gehalten hatte. Ich nahm mir vor, jetzt stark zu sein. Jeden Moment würde er verschwinden und alles wäre vorbei. Und als er weg war, hatte er nicht nur wundervolle Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit zurückgelassen, sondern auch unglaublichen Schmerz.

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