AUFNIMMERWIEDERSEHEN 13

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Weitere vier Monate später

PoV Manu

Ich kann nicht gehen, denke ich. Ich muss mich verabschieden, denke ich. Ich kann aber nicht. Ich kann Paluten nicht sagen, dass ich wegziehe. Das meine Mum einen neuen Job hat. Dass ich hier zwar leben könnte, es aber keinen Sinn für mich macht. Meine Familie ist mein Leben. Und hier in Köln kenne ich nur Pat. Klar könnte ich hier studieren. Aber warum sollte ich alleine in einer Stadt bleiben, in der ich nach einem Jahr immer noch keinen Anschluss gefunden habe? Pat und ich werden unabhängig vom Ort Kollegen bleiben und zusammen aufnehmen. Und so richtige Freunde sind wir ja nicht mehr. Ich habe es nicht mehr ausgehalten mit ihm Zeit zu verbringen, als er eine Beziehung mit Eric eingegangen ist. Ich dachte ich müsse Abstand gewinnen. Ein wenig runterkommen. Mich entlieben. Und es hat funktioniert. Meine Gefühle für ihn halten sich inzwischen in Grenzen. Trotzdem ist dabei unser Kontakt auf der Strecke geblieben. Wir reden eigentlich nur noch online. Und ich habe das Gefühl, dass ich mehr verloren habe, als ein Flattern im Bauch. Ich habe meinen einzigen Freund in dieser Stadt verloren. Also für wen sollte ich in Köln bleiben? In Berlin kann ich genausogut irgendwas mit Medien studieren wie in Köln. Aber wie sage ich es ihm? Eigentlich würde ich ihm auch gerne sagen, was ich solange für ihn empfunden habe. Dass ich froh war, als Eric und er sich getrennt haben. Dass ich mir als er sich bei mir ausgeheult hat, vorgestellt habe, wie es gewesen wäre, wenn ich den Kuss damals einfach zugelassen hätte. Ich würde ihm gerne sagen, dass ich schwul bin. Und dass es mir leid tut, dass ich damals nicht bereit gewesen war für ihn. Ich kann aber nicht. Ich weiß nichtmal genau warum. 


PoV Paluten

Wieder keine Nachricht von Manu. Nicht mal ein aufwiedersehen. Ich meine ich fahre für 5 Monate nach Amsterdamm. Ich dachte, dass er sich wenigstens verabschieden würde. Auch wenn ihn meine erlogene Beziehung zu Eric dermaßen abgestoßen hat, hätte ich gedacht, dass er wenigstens Tschüß sagen wollen würde. Ich meine ich verlasse immerhin das Land. Und aufnehmen kann ich dann  auch nicht mehr in dem Maße wie zurzeit.

Am nächsten Morgen

Ich schultere meinen Rucksack und mache mich knirschend auf den Weg zum Flughafen. Es ist so unfassbar früh. 4 Uhr morgens ist echt nicht meine Zeit, denke ich.

Ich wollte grade durch die Sicherheitskontrolle gehen, als ich jemandem meinen Namen rufen höre. Ist das...?

PoV Manu

Pattrick!!!!! PAATTRICK!!!

Er dreht sich verwundert um. Dann erkennt er mich. Er ist überrascht und verletzt und überglücklich zugleich.

"Du wolltest einfach gehen ohne dich zu verabschieden?", schnaufte ich ihn meine Hände auf den Knien abstützend an. "Ich dachte du willst mich nicht sehen.", sagte er achselzuckend.  "Ich will dich immer sehen!", sagte ich hastig und sah dann verlegen beiseite. "Okay", lachte er. "Dann aufwiedersehen?", sagte er zögernd. "Ich werde wegziehen. Wenn du wiederkommst, werde ich nicht mehr da sein. Ich fühle mich einsam in dieser Stadt, und meine Mum hat einen neuen Job in Berlin und deshalb muss ich gehen. Ich wollte dir eigentlich nur noch sagen, dass ich mal echt in dich verliebt war. Das ist natürlich nicht mehr wichtig, aber ich wollte es  dir irgendwie trotzdem sagen, und zwar persönlich. Weil ich durch dich, endlich weiß, wer ich bin, also sexuell gesehen, also dass ich schwul bin und das selber zu wissen, ist dann  doch recht hilfreich. Ich habe mich auch nur zurück gezogen, weil ich den Gedanken von dir und Eric nicht ertragen konnte. Ich hoffe du hast eine wunderschöne Zeit in Amsterdamm."

Das war es, was ich ihm so gerne sagen wollte, aber ich konnte es nicht. "Aufwiedersehen.", sagte ich traurig und nahm ihn in die Arme. Und in dem Moment, wo ich ihn endlich wieder in den  Armen hielt, raste mein Herz. Meine Gefühle und alle abgeklungenen Emotionen waren wieder da. Und ich hielt ihn schon wieder so als würde ich ihn niemehr loslassen wollen. Ich konnte sein Herz spüren und es klopfte wie verrückt. Auch er presste mich förmlich an sich und seine Hände lagen so fest auf meinem Rücken, dass es mir kaum möglich gewesen wäre mich aus der Umarmung zu lösen. Und plötzlich ließ er mich los. Lächelte mich verwirrt an und ging in die Sicherheitskontrolle.

Ich sah ihm lange nach. Und als er sich zum letzten Mal zu mir umdrehte, und mir zuwinkte, musste ich fast ein wenig weinen. Ich wischte mir schnell mit meinem Handrücken übers Gesicht und konnte einfach nicht glauben, dass dieser Junge nur eine Berührung gebraucht hatte um  mich wieder komplett in seinen Bann zu ziehen. Ich setzte mich traurig auf eine der Sitzbänke und holte mein Handy raus. Und dann kam eine Nachricht von Paluten.

Pat: Ich war sehr, sehr lange noch in dich verliebt, weißt du das?

Manu: Nein, das war mich wirklich nicht klar.

Pat: Findest du mich jetzt eklig?

Manu: Findest du es denn eklig?

Pat: Nein, natürlich nicht!

Manu: Das ist doch alles was zählt oder nicht? Es zählt nicht, was andere über dich denken, es zählt nur, was du über dich denkst. Und du solltest zu dir stehen und zu deiner Sexualität. Du tust immerhin niemandem etwas schlechtes.

Eine Minute verging.

Manu: Ich kann das inzwischen. Dazu stehen, dass ich in dich verliebt war.

Pat schreibt

Ich starre wütend auf den Display. Immer diese Leute, die ewig schreiben und dann  kommen nur zwei Worte oder so. In diesem Fall waren es vier.

Pat: Bist du noch da?

Manu: Ja sitze hier auf der Bank

Ich wollte es grade abschicken, als Pat "Manu?", sagte.

Ich blickte auf und stand auf. "Aber du musst doch deinen Flieger krieg...", war ich am sagen, doch da hatte Pat mich schon geküsst. Er hatte mir so schnell seine Lippen aufgedrückt, dass ich keine Zeit hatte, darüber nachzudenken. Aber ich erwiederte instinktiv. Er war so warm und weich und er roch so gut. Keine Ahnung nach was. Kurz löste er sich. Aber ich ließ es nicht zu, und drückte meine Lippen wieder auf seine. Er fuhr mir mit seiner Hand durch meine Haare und ich begann ihn zu umarmen.

Und dann löste er sich. "Ich habe mir Eric nur ausgedacht.", sagte er grinsend. "Ich wollte dich eifersüchtig machen."

Ich wisch einen Schritt zurück. "Bist du komplett gestört?" Sein Grinsen verschwand. "Ich dachte es würde funktionieren..", versuchte er es kleinlaut zu erklären. "Hast du eine Ahnung wie schlecht es mir wegen dieser Beziehung ging? Ich war wochenlang down!", fuhr ich ihn an. Ich war so unfassbar wütend. "Ach und du denkst, mir ging es gut, als du mich abserviert hast?", jetzt wurde auch er lauter. "Ich war mir meinen Gefühlen nicht sicher und wollte dich nicht verletzen!" "Ja das hast du ja ganz toll geschafft, mein Herz war überhaupt nicht gebrochen.", sagte er sarkastisch. "IMMERHIN HAB ICH DICH NICHT WOCHENLANG BELOGEN!", brüllte ich ihn an und lief sauer los, Richtung Ausgang. Kurz vor der Tür, drehte ich mich zu ihm um und rief nur "Aufnimmerwiedersehen, ich ziehe nämlich nach Berlin!"

Damit verließ ich den Flughafen.


Verliebt oder soWo Geschichten leben. Entdecke jetzt