Kapitel 1 - Die Regeln des Lebens

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In meinem Leben gibt es eigentlich nur wenige Regeln. Jedoch bin ich bei der Einhaltung dieser Regeln sehr genau. Die mir wohl wichtigste Regel und somit auch die Erste ist Loyalität. Sie sagt eigentlich nur aus, dass man den Leuten Loyal gegenüber ist, welche einem Loyal sind. Sollte diese Loyalität und somit das Vertrauen gebrochen werden, dann ist die Beziehung zu dem dir gegenüber gebrochen. Wenn er dein Vertrauen bricht, darfst du ihm jeden Knochen brechen. Die endgültige Verheilung eines Knochenbruchs dauert zwischen drei bis zwölf Monate, die Verheilung einer Vertrauensbasis ist quasi unmöglich. Basierend auf meinen wenigen Regeln suchte und bildete ich mir meinen Freundeskreis. Nur wenige konnten den straffen Anforderungen gerecht werden und noch weniger wollten es. Die wenigen, welche das alles auf sich nahmen bildeten den harten Kern um mich herum. Sie waren wie Familie, nur das ich mir meine Familie nicht aussuchen konnte. Während meine leibliche Familie irgendwo an der Ostsee ihren Urlaub verbrachte, verbrachte ich meine Zeit mit meiner Wahl-Familie in einer düsteren und eher schlicht eingerichteten Zwei-Zimmer-Wohnung in Berlin-Wedding. Während Artjom das Dope in den Grinder stopfte und klein grindete reichte Lea den noch brennenden Jibbit an Kerem weiter, der einen Zug nahm und tief einatmete. Zug um Zug wurde der junge Türke entspannter. Man sah ihm förmlich an, wie all seine Sorgen und der Stress von Zuhause seinen Körper verließen und durch eine angenehme und beruhigende Gleichgültigkeit ersetzt wurden. Der Rauch, welchen er über seine Nasenlöcher ausstieß tänzelte langsam in Richtung der Decke, wo er sich langsam mit der Luft vermischte und verdünnte. Man sah wie die letzten Spuren des Wölkchens gegen die Plastikschüssel stießen, welche über den Feuermelder geklebt wurde, um Stress und unnötige Fragen zu vermeiden.

Endlich erreichte die Runde mich. Ich nahm den Joint zwischen meinen Daumen und meinen Zeigefinger, ich zog zwei, dreimal an ihm und spürte einen ähnlichen Effekt wie Kerem. Mein Grinsen wurde mit Zug um Zug breiter und meine Seele fühlte sich soviel freier an. Lea lächelte mich an. Sie hatte das wohl schönste Grinsen, welches ich kannte. Es war ein dreckiges, anziehendes Lächeln, welches in mir immer das Bedürfnis regte sie zu küssen und in den Arm zu nehmen. Oder ihren Hals zu würgen und sie gegen eine Wand zu drücken. War ja quasi das gleiche. Während ich sie fast schon anstarrte kam sie näher und nahm den fast abgebrannten Joint ebenfalls in den Mund. Unsere Lippen berührten sich nahezu, als sie anfingen zu pusten und sich somit mein Hals und meine Lunge mit Rauch füllte. Sie öffnete vorsichtig den Mund, um sich nicht zu verbrennen und zog ihren Kopf zurück, als der Shot bei mir kickte. Inzwischen war in diesem Raum nichts mehr breiter als unser Grinsen, außer wir selbst. Ich zog noch ein, zweimal an dem fast toten Jay, bis ich endgültig am Tipp angekommen war. Ich warf die Überreste in den Aschenbecher und lies mich tiefer in meinen Sitzsack ein. Artjom drehte die Musik etwas lauter und streute das frisch gegrindete Ott in ein L-Blatt, welches er wenige Sekunden später auch entzündete. Während die nächste Sportzigarette die Runde machte stand Lea auf und verließ das Zimmer in Richtung Küche. Ich wartete einige Sekunden und folgte ihren roten Haaren und ihrem Pfirsichhintern unauffällig. Die anderen dachten sich hierbei eher weniger, da wir doch schon gut breit waren.

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