Kapitel2 Teil2

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Erschöpft ließ sie sich auf einen der ramponierten Stühle nieder, die, wie man noch an einigen Farbresten erkennen konnte, früher einmal rot waren. Stolz hatte sie die Stühle vor zwei Jahren vom Sperrmüll ergattert und den kleinen runden Tisch, an dem sie standen, von einer Nachbarin geschenkt bekommen. Es waren harte Zeiten, nach dem langsam die Ersparnisse ausgingen und Miley das restliche Geld für wichtigere Dinge als Möbel ausgegeben hatte. Mittlerweile hatte sie alles zusammenbekommen, was sie unbedingt zum Leben brauchten. Und wenn man mal von den Hinterlassenschaften und dem Dreck absah, den sie jetzt noch beseitigen musste, hatte sie es tatsächlich mit wenigen Mitteln geschafft, die Wohnung ein wenig gemütlicher einzurichten. Sogar eine Kochstelle, einen Kühlschrank und ein Radio hatte sie geschenkt bekommen. Den Fernseher im Wohnzimmer hatte sie ebenfalls vom Sperrmüll und wunderte sich, dass jemand ein so gutes, funktionierendes Stück achtlos wegwarf. Auch wenn sie eigentlich nie Zeit zum Fernsehen hatte, war sie stolz, einen zu besitzen. Auch den Leuten in der Umgebung war eben nicht verborgen geblieben, wie es ihr ging und wie rührend sie sich trotz aller Hindernisse um ihre Mutter kümmerte.

Langsam und müde raffte sie sich wieder auf und steuerte auf das Schlafzimmer zu, wo sie ihre Mutter vermutete. Zwischendurch hob sie die leeren Flaschen auf und entsorgte diese in der mitgeführten Mülltüte. Laut klirrend krachten sie im Müllsack aufeinander.

»Mom? Bist du im Schlafzimmer?«, rief sie nach ihrer Mutter, bekam aber wie immer keine Antwort. Wahrscheinlich schlief sie, auch wie immer, ihren Rausch aus.

»Mensch, Mom, so geht das einfach nicht weiter. Ich glaube, wir sollten endlich ein ernstes Wörtchen miteinander wechseln«, sprach sie noch, während sie das Schlafzimmer betrat. Doch ihre Absichten schob sie ganz schnell wieder zur Seite, nachdem sie den Raum, den sie zum Schlafzimmer umfunktioniert hatte, betrat. Kreidebleich und unfähig sich zu bewegen, hielt sie sich erschrocken und hilflos, bei dem Anblick ihrer Mutter, die Hände vor den Mund. So versuchte sie, den Aufschrei, der sich aus ihrer Kehle löste, zu ersticken. Ihre Mutter lag auf dem Bett, Blut rann aus den Wunden ihrer Handgelenke und in der rechten Hand hielt sie einen geöffneten Briefumschlag.

»Mom, um Gottes Willen, was hat du gemacht?«, brachte Miley krampfhaft über ihre Lippen. Ihr Herz raste vor Angst und ihr ganzer Körper zitterte.

Sie stolperte zum Bett und versuchte, sie zuerst zaghaft, dann immer kräftiger zu schütteln. Doch als das nichts nutzte, wurden ihre Versuche fordernder. Alle Bemühungen waren vergebens und in Miley kroch Panik hoch.

»Verdammt, was hast du getan? Ich brauche dich doch!«, schrie sie ihren Schmerz heraus.

Durch tränenverschwommene Augen sah sie, wie die Nachbarin durch die Tür trat. Miley hatte ihr für Notfälle einen zweiten Schlüssel gegeben. Diese hatte das Mädchen schreien gehört und sich Sorgen gemacht.

»Oh mein Gott, wir müssen sofort einen Arzt rufen«, brachte sie über die Lippen und ließ den Schlüssel fallen. Sofort griff sie nach ihrem Mobiltelefon und wählte geschockt die Nummer des Notrufes.

»Mom, bitte, bitte wach auf.« Miley war total ausgelaugt und konnte noch immer nicht glauben, was sie sah. Sie sackte auf die Knie und versuchte, noch immer ihre Mutter ins hier und jetzt zu holen. Sie wusste im Inneren, das es nichts helfen würde, aber irgendwie war der Drang nicht aufzuhören größer, als die Gewissheit darüber, dass sie eventuell bereits tot war. Erst als einer der Ärzte, die sie in ihrer Trauer und ihrer Angst nicht bemerkt hatte, sie behutsam zur Seite schob, wurde ihr klar, dass ihre Mutter sich das Leben genommen hatte. Mrs. Peters, die Nachbarin, schloss sie beruhigend in die Arme. Mileys langen blonden Haare hatten sich im tränennassen Gesicht festgeklebt und ihre blauen Augen waren mittlerweile so rot und geschwollen, dass man ihre eigentliche Farbe nicht mehr erkennen konnte.

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⏰ Last updated: Oct 07, 2017 ⏰

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Angel Knights- Light behind DarknessWhere stories live. Discover now