· Kapitel 01 ·

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  »Riley, das willst du nicht wirklich alles mitnehmen, oder?« schaute mein Vater mich mit hochgezogener Augenbraue an. »Äh, doch? Schau mal, das hier« - ich zeigte mein blumiges, kurzes Kleid - »brauche ich zum Beispiel, wenn ich zum Strand gehe, genauso wie das, das hier, und das Blaue. Ich kann ja nicht jeden Tag dasselbe anziehen. Dann das Oberteil« - ich zeigte ihm mein elegantes, schwarzes Shirt - »brauche ich genauso wie das braune und das weiße, wenn wir mal Essen gehen und die Hosen bra-« wollte ich weitermachen, doch er stoppte mich. »Okay, okay, ich habs kapiert, aber wir fahren in einer Stunde los und dein ganzer Kleiderschrank passt nicht ins Auto« gab er auf und drehte sich kopfschüttelnd um. Werden wir ja sehen.

  »Also ich bin schon lange fertig mit packen. Wir können ja auch ohne dich in den Urlaub fahren« kam mein 7-jähriger Bruder Janus in mein Zimmer. »Wenn ich nicht mitgehe, dann werde ich dich aber auch nicht zu deinen Fußballtrainings fahren« bestach ich ihn, was natürlich wirkte. Nicht, dass ich das könnte, ich werde erst in 3 Tagen achtzehn, aber meine Mum sagte uns, dass ich ihn dann immer zum Training fahren soll und auch wieder abholen. »Mh. Ich habs mir anders überlegt Riley. Ich glaube es wäre doch ganz gut, wenn du mitkommen würdest«, grinste er mich an. »Am besten ich helfe dir einfach, dann geht es schneller« wurde sein Grinsen noch breiter und er stopfte einfach alle Klamotten, die ich schön säuberlich neben meinem Koffer gestapelt hatte, in diesen. »Das... hätte jetzt echt nicht sein müssen« schaute ich genervt auf meine Tasche. Ich wollte doch noch mal schauen, ob ich auch wirklich alles dabei hatte.

  Es würde aber keinen Sinn machen mit ihm zu diskutieren. Irgendwann würde er dann sich bei unseren Eltern beschweren und sie würden sagen ich bin doch die ältere Schwester und soll vernünftig sein.

  »Hab dir gerne geholfen« freute er sich, dass ich endlich fertig war und tappte ungeduldig vom rechten Fuß auf den linken. »Ja, glaub ich dir. Sag mal, willst du nicht deinen Koffer zum Auto bringen?« versuchte ich ihn loszuwerden, damit ich ihn Ruhe weiter packen konnte, was auch funktionierte.

  Als er weg war, stand ich auf und lief in mein Bad, um meine Kosmetikartikel einzupacken. Ja, in meinen. Wir hatten ein ziemlich großes Haus, weil mein Dad eine eigene Firma hat, die er von seinem Vater geerbt hatte und so weiter. Kurz gesagt, meine Familie war wohl das, was andere als reich bezeichnen würden.

  »Riley, bist du hier?« hörte ich Marie mich rufen, eine meiner besten Freundinnen. »Im Bad« rief ich ihr entgegen. »Deine Mum hat uns reingelassen« kam eine Antwort von Jessica, meiner anderen besten Freundin und ich hört, wie sie sich auf meinem Bett bequem machten.

  Alles Sachen gepackt lief ich wieder in mein Zimmer und verstaute sie in meinem Koffer und machte ihn zu. Jetzt müsste ich alles dabei haben.

  »Ich würde so gerne mit euch fahren« schwärmte Jessi von den Malediven. »Ich auch! Ich war noch nie auf den Malediven! Du hast echt Glück« tat Marie es ihr gleich. »Sorry Leute, ist ein Familienurlaub. Aber wir können ja auch mal zusammen in den Urlaub. In ein paar Tagen bin ich ja auch 18, dann machen wir mal irgendwas. Wir haben ja Zeit, jetzt nachdem wir unser Abi geschafft haben!« freute ich mich und schmiss mich zu Marie und Jessica auf mein Bett. Ich war eine der jüngsten in unserer Jahrgangsstufe, weil meine Mum mich schon ziemlich früh eingeschult hatte. Demnach sahen auch meine Noten aus, da ich im Vergleich zu meinem Bruder absolut kein Genie bin.

  »Aber du musst uns was mitbringen, okay?« lehnte sich Marie an mich. »Klar, lasst euch überraschen« grinste ich. »Wollen wir dann auch zusammen auf die Malediven? Du kennst dich ja dann dort schon aus« überlegte Jessi sich. »Meinst du nicht, dass das zu teuer wird? Ich fände es cooler einmal zusammen Wildcampen oder so zumachen. Das stell ich mir total cool vor!« schwärmte ich davon. »Du hast doch genug Geld, gib uns einfach was ab« lachte Jessi und drehte sich grinsend zu mir. »Mein Dad hat Geld, ich wahrscheinlich nicht mehr wie ihr« verbesserte ich sie. »Außerdem wollte ich nicht auf die Malediven, sondern Janus. Ihr wisst doch. Jedes Jahr darf jemand anderes entscheiden, wohin wir fliegen oder fahren. Nächstes Jahr ist Mum dran, ich wette mit euch, dass sie eine Kreuzfahrt machen will« fügte ich noch hinzu. »Aber Kreuzfahrt ist doch bestimmt auch cool! All you can eat und ständig Partys! Das stell ich mir total toll vor« überlegte Marie laut und ich verdrehte die Augen. »Ja, und enge Kabinen in denen wir zu viert für eine Woche oder länger zusammen schlafen. Total toll« informierte ich sie.

  »Riley, wir wollen doch schon los! Komm runter« rief meine Mum nach mir und ich seufzte, stand auf und schnappte mir meinen Koffer. Jessi und Marie folgten mir.

  Unten angekommen gab ich meinen Koffer meinen Dad, der ihn in den Kofferraum verstaute.

  »Also dann, tschau Jessi, Marie. Bin dann« verabschiedete ich mich bei den Beiden und umarmte sie. »Wir werden dich vermissen«, antwortete Marie. »Und immer schön Sonnencreme benutzen! Und nicht zu lange in der Sonne liegen!« fügte Jessi hinzu, als sie mich umarmte.

  »Komm jetzt Riley, ich will los!« motze Janus und setzte sich links hinten ins Auto »Ist ja gut « seufzte ich und lief ihn hinterher. »Willst du fahren, Riley?« fragte mich mein Dad, doch ich verneinte. Ich war total müde. Hoffentlich kann ich noch etwas im Auto schlafen.

  Wir setzten uns alle ins Auto, nachdem wir alle Koffer verstaut hatten und mein Dad fuhr los. Wir mussten ungefähr 2 Stunden zum Flughafen fahren, die mein Bruder nutzte um irgendeinen Film zu schauen. Meine Mum redete mit Dad und ich schaute aus dem Fenster und hörte Musik, bis ich irgendwann einnickte.

  »PASS AUF!« hörte ich meine Mum panisch schreien und wachte ruckartig auf. Was war hier los?

  Ich schaute rüber zu meinem Bruder, der auch neugierig nach vorne schaute, doch bevor wir etwas sehen konnte, ging ein Ruck durch den ganzen Wagen und mein Kopf flog nach vorne, mein ganzer Körper, bis er von meinem Gurt aufgehalten wurde, der mir schmerzhaft in mein Fleisch schnitt. Panisch machte ich mich klein, zog meine Beine an meine Brust, schütze mit meinen Händen meinen Kopf und schaute rüber zu Janus, dessen Gurt sich gelöst hatte und er mit voller Wucht auf die Rückseite des Fahrersitzes schlug.

  Ich wollte nach ihm greifen, doch bevor ich ihn mit meinen Händen erreichen konnte, wurde mir die Sicht versperrt, da der Airbag auf mich zu flog. Aus dem Seitenwinkel konnte ich aber noch sehen, wie Janus gegen die Scheibe flog und aus seinem Kopf Blut floss, was mir die Tränen in die Augen trieb. Ich wollte wieder nach ihn greifen, doch wurde nach rechts geschleudert, mein Kopf mit voller Wucht auf die Scheibe. Scheiße tut das weh!

  Wir überschlugen uns und in meinem Kopf drehte sich alles und mir wurde spei übel. Wir drehten uns und drehten uns, es schien gar nicht mehr aufzuhören. Ich hörte, wie jemand neben mir die ganze Zeit hoch und runter geschleudert wurde, Janus. Ich wollte ihn wieder helfen, konnte aber nichts tun, viel zu benebelt von dem Schlag auf meinen Kopf. Etwas überfordert versuchte ich den Airbag von mir wegzudrücken, was ich irgendwann auch schaffte, als wir endlich aufgehört haben uns zu drehen. Als ich Janus sah, wäre ich am liebsten gestorben. Er sah schrecklich aus. Seine Arme waren verdreht, genauso wie seine Beine, Blut klebte an der zerbrochenen Scheibe und seine Spielsachen, die er alle mitgenommen hatte, waren überall verstreut. Verzweifelt versuchte ich seinen Namen zu rufen, doch es kam kein Wort aus meinen Mund. Ich suchte meine Eltern, doch ich konnte nur meinen Dad erkennen, der mit Scherben bedeckt und bewusstlos seinen Kopf herunterhängen lassen hat. Ich hoffte mal, dass er nur bewusstlos ist.

  Müdigkeit überfiel mich, doch ich wollte jetzt nicht schlafen. Ich wollte meine Mum finden. Doch sie war nicht mehr im Auto. Die Windschutzscheibe war zerbrochen und meine Mum war weg.

  Einfach weg.

  Mein Kopf dröhnte und ich konnte Blut an ihm spüren, der immer mehr pochte. Stimmen, Schreie und das Hupen von Autos schrillte durch meinen Kopf. Lichter blendeten mich und wieder brach diese Übelkeit über mich aus. Mir wurde noch schwindeliger und ich konnte nicht mehr gegen diese Müdigkeit ankämpfen. Ich wollte es auch nicht mehr.

  Als mich das schwarze Nichts empfing, waren meine Gedanken bei Janus, meinem kleinen Bruder.


Call of HellWhere stories live. Discover now