#Kapitel 1

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Laut poltere ich die alte Holztreppe hinunter, welche unter meinem Gewicht laut knarrt.

Heute bin ich pünktlich. Heute werde ich den Bus ganz sicher erwischen. Ich fühle, dass dieser Tag gut werden wird. Oh fuck, ich hab meine Tasche vergessen. So viel zu dem Thema der Tag wird gut, ich bin pünktlich und werde den Bus nicht verpassen

Abrupt bleibe ich mitten auf der Treppe stehen, drehe mich um und renne wieder hoch in mein Zimmer. Mit Schwung stoße ich die Tür zu meinem Zimmer auf, worauf diese laut gegen das Bücherreagl dahinter knallt, weshalb ich erschrocken zusammenfahre und stehen bleibe. Oh man...ich sollte wirklich mal was gegen diese Schreckhaftigkeit tun.

Die Tasche ist, so wie ich sie hingelegt habe, auf meinem Bett.

Wie kann man nur so vergesslich sein? Genervt hänge ich sie mir um und renne wieder hinunter.

Ich öffne die Haustür und sprinte die Straße entlang.

Der Wind pfeift mir um die Ohren, aber ich bin trotzdem zu langsam und kann schon von weitem den Bus sehen, der seine Türen wieder schließt und die Haltestelle verlässt um brausend in Richtung Schule weg zu fahren.

So knapp...das war so knapp...beinahe hätte ich den Bus bekommen.

"Scheiße"

Verzweifelt fahre ich mir mit der einen Hand durch die Haare, drehe mich um und laufe ein paar Schritte rückwärts.

Ein altes Ehepaar ist neben mir auf dem Bürgersteig stehen geblieben und mustert mich seltsam. Oh die kenne ich doch! Das sind meine Nachbarn.

Schnell setzte ich ein aufgesetztes Lächeln auf, fange an zu winken und nicke ihnen höflich zu.

Aus Höflichkeit tun sie es mir gleich, doch ich weiß, die beiden mögen mich nicht.

Sie hassen es wenn ich laut Musik abspiele, sodass sie es nebenan ebenfalls hören oder wenn unsere Rosen Sträucher mal wieder über den Zaun, in ihren Garten, wachsen, weil wir sie nicht schneiden.

Typisch Rentner eben.

Deshalb ist es auch kein Wunder das ihr, ebenfalls aufgesetztes Lächeln sofort wieder verschwindet und die beiden schnellst möglich weiter laufen.

Hach was nette Nachbarn ich doch habe, aber nun ja, ich muss zu geben ich sehe schon seltsam aus und kann verstehen warum sie mich so komisch angeschaut haben.

Ich bin abgehetzt, rot und meine Haare sind total verwuschelt. Außerdem habe ich mir irgendetwas in der Eile übergzogen. Hat ja trotzdem nichts genutzt...der Bus ist weg und ich muss jetzt mal wieder laufen.

Außer ein Weltwunder passiert und ein Bus vorbei kommt oder mich Aliens in ihrem Raumschiff zur Schule mit nehmen, aber das ist doch sehr unwahrscheinlich.

Also heißt es laufen und das, sag ich euch, dauert trotz meines schnellen lauftempos und meiner guten Ausdauer, eine halbe Ewigkeit.

Mit dem Bus ist der Weg nicht wirklich lang, aber zu Fuß schon. Wenn er kürzer wäre würde ich von vorne rein jeden Tag zur Schule laufe und nicht immer versuchen den Bus zu bekommen.

Früher bin ich einfach immer mit dem Fahrrad gefahren, wenn ich ihn verpasst habe, aber das wurde mir gestohlen und bis jetzt kam ich nicht dazu mir ein neues zu kaufen. Mit dem Rad kam ich auch nicht jeden Tag zu spät, aber seiddem es weg ist, ist Mein Name schon Dauergast im Klassenbuch.

Ich finde ja das die Lehrer übertreiben es mit ihrer Aufregung. Jeder kommt doch mal eine 30 Minuten zu spät. Ich meine es gibt doch deutlich schlimmeres auf der Welt über das man sich aufregen sollte. Zum Beispiel die ganze Tierquälerei oder der Krieg in manchen Ländern.

Außerdem verpasse ich ja auch nicht den ganzen Unterricht sondern nur ein Teil von ihm. Den anderen bekomme ich ja wiederum mit.

Trotzdem sieht es mit meiner Versetzung nicht wirklich gut aus, da zu dem auch noch meine schlechten schriftlichen Noten dazu kommen und auch meine mündlichen Noten, die nicht herausragend sind. Deshalb gibt es Zuhause auch immer wieder Krach mit meinen Eltern, da bei ihnen mein Hunde blick nicht zieht. Liegt aber nur daran das ich blaue Augen habe, mit braunen Augen würde er sicher immer funktionieren. Und auch nicht das Klimpern mit dem Wimpern oder das süße Haare um den Finger wickeln und dabei traurig gucken klappt. Eltern sind nunmal leider immun gegen die Niedlichkeit ihrer Kinder.

Und Lehrer sind es auch. Dafür setzen die sich am meisten für die Kinder ein, die gemobbt und ausgeschlossen werden.

Rotzt Toby (ja er hat keinen allzu netten Spitznamen aber wie würdest du sonst einen Toby nennen der andauernd in ein Taschentuch rotzt) zum Beispiel schreibt genauso so üble Noten wie ich und trotzdem wird bei ihm immer nur gesagt:

"Oh Toby...dieses mal ist dein Ergebnis wirklich nicht gut, aber ich bin mir sicher das nächste mal wird es besser ?"

Oder

"Wenn der Stoff zu schwer für dich war und du hilfe brauchst, sag mir einfach bescheid. Ich kenne da ein paar gute Nachhilfe Lehrer, die dir sicher unter die Arme greifen können."

Bei mir hingegen sieht das ganze schon ganz anders aus. Da kommen dann nämlich so kommentare wie:

"Na Hayley, dass ist ja mal keine herausragende Leistung. Hast wohl mal wieder vergessen zu lernen. Da muss sich was ändern. Am Besten ich rufe mal deine Eltern an."

Oder

"Es ist kein Wunder das deine Note so schlecht aussieht. Wer andauernd schwätzt, zu spät kommt und nicht aufpasst, kann ja gar keine guten Noten schreiben."

Seht ihr den Unterschied... Ich meine was hat dieser Junge, was ich nicht hab?

Oh und wenn ich dann mal zu spät komme, tun die alle so al wäre das der Weltuntergang und bei ihm wird einfach nur gesagt:

"Komm Toby setz dich hin"

Kein Klassenbucheintrag, keine schlechte Note, kein Gemecker und er bekommt sogar von den Lehrern am Ende der Stunde gesagt was er alles verpasst hat.

Manchmal würde ich liebend gerne sagen:

Tja, das Beste kommt nun mal zum Schluss

das Beste kommt zum SchlussWo Geschichten leben. Entdecke jetzt