Kapitel 48 - Das Versprechen von niemals und immer

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~Sabrina~

»Mile?«
Das konnte doch nicht wahr sein! Dieser verdammte Vollidiot!
Sabrina konnte es kaum fassen. Da stand ihr Bruder wie ein begossener Pudel mitten auf der Strasse vor ihnen. Einfach so!
»Hey Leute...«, rief Mile unsicher und lächelte gespielt fröhlich.
Sabrina schüttelte den Kopf und sah dann zu Red. Die Rote starrte Mile genauso perplex an, wie sie es zuvor getan hatte. Also tat sie es ihr gleich und stierte wieder ihren Bruder an, der gerade auf sie zugeeilt kam.
»Oh, Sabrina! Himmel, bin ich froh, dass es dir gut geht! Ich habe mir so schreckliche Sorgen gemacht! Was ist bloss...«
Weiter kam er nicht, denn Sabrina unterbrach ihn, indem sie ihn anbrüllte, wie eine latent aggressive Furie mit Migräne.
»Halt bloss dein verdammtes Maul du endbescheuerte Evolutionsbremse von Bruder!«
Ohne nach links oder rechts zu sehen stapfte sie auf Mile zu. So wütend wie jetzt war sie nicht mehr gewesen, seit Kim ihr in der zweiten Klasse eine Ratte in den Turnbeutel gesteckt hatte. Nun gut, genau genommen war es keine Ratte, sondern der Hamster Ferdinand, das Klassenmaskottchen, gewesen. Trotzdem war das echt eine riesen Sauerei gewesen, denn am Ende des Tages waren ihre Turnklamotten voller Hamsterkot und den Überresten von Ferdinand gewesen. Ja, Überreste, denn Ferdinand hatte diese Reise in ihrem Turnbeutel leider nicht überlebt.
»Ich glaub, es hackt! Mile! Ich wache auf und im nächsten Moment darf ich durch halb Aramesia rennen, nur weil mein Bruder, die Oberpissnelke, es nicht ertragen kann, wenn ich mal einen Kerl habe! Du wolltest dich mit Falk duellieren? Was zum Teufel ist los mit dir? Hast du dir dein eigenes Hirn zu Staub verbrannt oder was? Was wäre, wenn jemand verletzt worden wäre?«
Mile glotzte sie aus grossen, grünen Augen an. Er klappte den Mund auf und wieder zu. Beinahe sah er aus wie ein Fisch.
Red trat neben sie und strich ihr beruhigend über den Rücken.
»Beruhige dich, bevor du hier noch einen Blizzard auslöst!«
Sabrina versuchte sich zu entspannen. Tatsächlich hatte sie alle Regentropfen in einem Radius von zwei Metern um sie herum, zu Hagelkörnern werden lassen. Fasziniert liess sie ihren Blick über die glitzernden Eisperlen schweifen.
Faritales, der sich bisher dezent zurückgehalten hatte, gab nun auch seinen Senf dazu. Lautstark plärre er los: »Da haste deinen Bro ja echt zusammengesäckelt! Schau mal, wie der guckt! Als hätte ihm jemand das Gehirn aus dem Schädel geprügelt! Apropos geprügelt... Wo ist der Piratenheini eigentlich?«
Das Herz blieb ihr beinahe stehen. Ihr wurde gleichzeitig heiss und kalt.
Falk!
Sabrina sah zu ihrem Bruder auf. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien, doch sie brachte nur ein Krächzen heraus.
»Wo ist er? Wo ist Falk?«
»Sabrina... Es ist besser so, vertrau mir!«
»Was hast du mit ihm gemacht?«
Okay, nun war ihre Stimme wieder da.
»Junge! Nicht so laut! Da fallen einem ja die Ohren ab!«, protestierte Faritales und presste sich beide Pranken auf die Ohren.
»Mile, wo ist der Pirat?«, half Red und starrte ihren Gefährten durchdringend an.
»Er tut dir nicht gut. Hook ist ein Monster! Du kannst ihm nicht vertrauen. Er hat dich nicht verdient.«
Himmel, das war ihr alles so egal! Sie wollte nur wissen, wo er war.
»Mile, ich schwöre bei allem was ich habe, wenn du mir nicht sofort sagst, wo Falk ist, dann werde ich dir das nie, niemals verzeihen!«
Er zögerte. Das sah sie ihm an.
»Mile! Bitte! Wie konnten wir uns nur so weit voneinander entfernen? Ich verstehe nicht, wie du mir das antun konntest!«
»Ich will dir doch nichts Böses! Ich war überzeugt... Ich dachte, ich müsste dich vor ihm schützen!«
»Das musst du nicht. Wirklich! Er ist alles, was ich will. Bitte...«
Vermutlich waren es die Tränen, die ihr nun in die Augen stiegen. Vielleicht war sich Mile aber auch selbst nicht mehr sicher, ob er das Richtige getan hatte.
Vielleicht, vielleicht...
Jedenfalls beugte sich ihr grosser Bruder zu ihr hinab. Er nahm sie in die Arme und drückte sie ganz fest an sich.
»Sabrina... Es tut mir so Leid... Ich... ich weiss auch nicht, was in mich gefahren ist... Ich glaube, ich war so... eifersüchtig... Keine Ahnung. Ich bin noch immer der Meinung, dass dieser Pirat nicht der Richtige für dich ist, aber diese Entscheidung musst du treffen.«
Sabrina war steif wie ein Brett. Sie konnte Mile nicht umarmen. Nicht nach alle dem, was er angerichtet hatte. An diesem Chaos war er schuld!
»Wo ist Falk?«, zischte sie ein letztes Mal.
»Ich weiss es nicht sicher. Ich denke, er ging Richtung See. Ich... ich denke, ich habe ihn dazu gebracht, zu gehen. Vermutlich ist er auf dem Weg zu seinem Schiff...«
»Zu... zu gehen?«
»Du musst schnell laufen. Schnell! Bevor er sein Schiff erreicht hat! Schnell, Sabrina!«
Sie riss sich von ihm los. Panisch drehte sie sich im Kreis.
Falk!
»Wie soll ich das schaffen? Nein! Nein! Mile! Wie konntest... Er darf nicht...«
Vollkommen ausser sich begann sie zu rennen. Orientierungslos und blind vor Panik.
»Da geht es nicht lang!«, rief ihr jemand nach. Vermutlich war es Red...
Irgendetwas riss sie von den Füssen und hob sie hoch. Der andere Körper war stark und warm. Der Geruch kam ihr sehr bekannt vor.
»Mile! Lass mich runter!«, schrie sie ihren Bruder an und zappelte wild drauf los.
»Was hast du vor?«, rief Red und sah besorgt zu Sabrina, die keifend und tobend in den Armen ihres Bruders hing.
Mile lächelte verschmitzt. »Wir besuchen einen alten Freund.«

Uralte Fassung (1): Twos - Die Prophezeiung von Feuer und EisWhere stories live. Discover now