Ich schüttelte heftig den Kopf. „Nein, es gibt nichts zu vergeben. Ich bin einfach glücklich, dass du wieder in Ordnung bist", sagte ich mit erstickter Stimme. „Das bist du doch, oder?"

„Jetzt bin ich es", erwiderte er und seine dunklen Augen blitzten in der Sonne auf, als er mich ansah.

* * *

Nachts lagerten wir in zwei kleinen Jagdzelten, die die Krieger mitgebracht hatten. Ich bereitete das Fleisch zu und dann saßen wir alle um das Feuer herum und ich musste erzählen, was ich in dem Fort der Langmesser, der Milahanska, erlebt hatte.

„Was hat den Häuptling der Langmesser dazu gebracht, dich kampflos zu übergeben?", wollte Ohitika wissen.

Ich errötete. Das war nichts, was ich vor aller Ohren besprechen wollte. Ich wusste nicht einmal, wie ich es ihm erklären sollte. Also zuckte ich nur mit den Schultern. „Ich war sehr ... überzeugend." Dann wandte ich mich rasch an Sihahanska und wechselte das Thema: „Wann bist du von dem Kriegszug zurückgekehrt?"

Er war vor einigen Monaten mit den Kriegern des anderen Zeltdorfs in Richtung Süden zum Platte River gezogen, um dort den weißen Siedlern das Leben schwer zu machen, in der Hoffnung, sie von ihrem Land zu vertreiben. Er erzählte, wie sie Farmen und Ranches der Waschitschu abgebrannt hatten. Auf mein Stirnrunzeln hin versicherte er mir, dass sie die Kinder und Frauen nicht angerührt hatten. Ich wusste nicht, ob mich das tröstete. Und selbst wenn er sich daran gehalten hatte, was war mit den anderen Kriegern?

Im November hatten sie eine schreckliche Botschaft erhalten. Ein Zeltdorf der Cheyenne und Arapaho, Verbündete der Lakota, war von den Langmessern niedergemetzelt worden, mitsamt Frauen und Kindern. Mir wurde kalt. Das musste das Massaker am Sand Creek sein, von dem ich gelesen hatte. Die Buchseiten hatte ich damals verbrannt, um die Geschichte nicht zu verändern. War das die falsche Entscheidung gewesen? Hätte ich irgendetwas ausrichten können, wenn ich jemandem davon erzählt hätte? Ich ließ den Gedanken los. Jetzt war es sowieso nicht mehr zu ändern.

Krieger von allen drei Stämmen, erzählte Sihahanska weiter, hatten sich daraufhin zusammengefunden, um sich an den Weißen zu rächen. Sie planten, die Forts und Siedlungen am Platte River mit vereinten Kräften anzugreifen. Sihahanska war zurückgeritten, um weitere Krieger zu mobilisieren, doch im Dorf hatte er von Ohitikas Verwundung und meiner Entführung gehört und war geblieben, um seinem Freund zu helfen.

„Wir werden wieder aufbrechen, sobald wir zurück sind", sagte Sihahanska und Hehaka nickte entschlossen.

„Jetzt im Winter?", fragte ich bestürzt.

„Hau. Wir können nicht in unseren Zelten sitzen, während unsere Brüder für die Gerechtigkeit kämpfen."

Gerechtigkeit? Oder Rache?

Ich schielte zu Ohitika, der langsam nickte, und meine Brust wurde eng. Würde er diesmal auch mit in den Kampf ziehen? Sicher musste er sich doch noch von seiner Verwundung erholen?

Schließlich gingen Hehaka und Sihahanska und ich blieb mit Ohitika allein im Zelt zurück. Wir hatten uns schon oft ein Zelt geteilt, aber jetzt fühlte sich alles anders an. Ohitika lag er dicht neben mir, nur eine Armlänge entfernt, auf seinen Fellen. Ich konnte nicht einschlafen und rollte mich von einer Seite auf die andere. Es war kalt im Zelt, trotz der verbleibenden Glut in der Feuerstelle, und ich zog mir das Fell bis zur Nasenspitze.

„Was geht Ite-ska-win durch den Kopf?", flüsterte Ohitika plötzlich. Ich erschrak. Ich hatte gedacht, er würde schon schlafen, so ruhig hatte er dagelegen. Jetzt fühlte ich mich ertappt, weil ich ihn beobachtet hatte.

„Ich ... bin nur froh, dass es dir gelungen ist, mich ohne Blutvergießen zu befreien", sagte ich.

„Du magst keine Kämpfe", stellte Ohitika fest.

Plötzlich Indianer - Eine ZeitreisegeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt