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„Leute, ihr müsst mir wirklich nicht helfen", sage ich nun zum gefühlt hundertsten Mal zu meinen Freunden.

„Deine Mum ist aber noch am arbeiten, also stehst du alleine hier, was wir ganz sicher nicht zulassen werden", meint Hanna streng und schnappt sich einen der Kartons.

„Ich nehme mir das Bad vor!", ruft sie noch, bevor sie die Treppen herunterläuft.

„Was werde ich bloß ohne euch machen", seufze ich und lasse mich auf mein Bett fallen.

„Hey Mads, keine Zeit für Depri-Stimmung", neckt mich Kyle und versucht mich damit aufzumuntern.

„Er hat Recht. Wir haben noch viel vor uns, wenn das alles hier innerhalb von einem Tag im Umzugswagen landen soll", stimmt Brad zu und deutet dabei auf mein chaotisches Zimmer.

„Jaja, schon gut. Ich werde mich ja schon produktiv beteiligen", sage ich lachend während ich mich wieder aufrecht hinsetze und meinen Blick durch mein Zimmer schweifen lasse.

Die beiden haben Recht, wir haben echt viel vor.

Aber ich habe auch nicht damit gerechnet, dass ein Umzug einfach wird. Oh nein, ganz im Gegenteil.

„Maddy?"

„Hm?", ich schaue zu Brad, der mich skeptisch beobachtet.

„Was gibt's?", frage ich und setzte schnell ein Lächeln auf, jedoch hätte ich ahnen können, dass das bei Brad nicht zieht.

„Was ist los?", fragt er und setzt sich neben mich aufs Bett.

Mir fällt erst jetzt auf, dass Kyle gar nicht mehr hier ist. Wahrscheinlich ist er runter zu Hanna gegangen und hilft ihr.

„Es ist momentan ziemlich viel los", lache ich traurig auf, „Ich ziehe wieder zurück nach Seattle. Ich verlasse Portland, ich verlasse Kyle und Hanna", ich atme einmal tief durch.
„Ich verlasse dich", sage ich letztendlich, wobei mir die Tränen in die Augen schießen.

Brad ist mein bester Freund. Wir haben schon alles, wirklich alles, zusammen durchgestanden und dass es nun keine Selbstverständlichkeit mehr ist, ihn tagtäglich zu sehen, ist schrecklich.

„Hey", sagt Brad schnell und greift nach meiner Hand, welche er leicht drückt,
„du verlässt mich doch nicht!"

„Brad sei doch realistisch", schniefe ich, wobei ich mich selbst ohrfeigen könnte. Ich wollte nicht vor irgendwem wegen dem Umzug weinen. Falls meine Mutter rausfinden sollte, dass mir das alles hier so schwer fällt, würde sie ein schlechtes Gewissen bekommen und alles abblasen.

Viele fragen sich jetzt wahrscheinlich, warum ich meiner Mutter nicht einfach die Ohren vollheule, damit wir hier bleiben.

Auch wenn ich vielleicht manchmal egoistisch sein kann, könnte ich aber niemals so egoistisch sein, dass ich dem Glück meiner Mutter im Weg stehe.

Ich habe mir so lange gewünscht, dass sie endlich wieder jemanden findet, der sie wirklich glücklich macht. Und das hat sie nun. Sie liebt Paul, und das gönne ich ihr so sehr, nach der ganzen Sache mit meinem, naja ich nenne es einfach mal Erzeuger.

„Es gibt doch aber so viele Möglichkeiten wie wir in Kontakt bleiben können. Du denkst doch nicht wirklich, dass du mich durch einen Umzug los wirst", meint Brad lachend und legt seinen Arm um meine Schulter, weshalb ich mich an ihn lehne.

„Und abgesehen davon ist es ja nur für ein Jahr. Danach gehen wir alle zusammen aufs College", beruhigt er mich weiter.

„Versprichst du, dass sich hierdurch nichts an unserer Freundschaft verändern wird?", frage ich ihn und schaue ihm in die Augen.

„Ich, Bradley Peter John Collins-"

„Bradley hätte auch gereicht", lache ich.

„Lass mich jetzt meinen Schwur ausreden", mault er mich an, kann sich sein Grinsen jedoch auch nicht verkneifen.

„Sorry", grinse ich.

„Also, ich, Bradley Peter John Collins schwöre, dass du, Madison Bell, für immer und ewig meine beste Freundin bleiben wirst, egal was passiert", am Ende hält er mir noch seinen kleinen Finger hin, damit wir den Schwur abschließen können.

„Danke", lache ich und umarme ihn.

„Ich werde dich vermissen, Mads", seufzt er und streichelt über meinen Rücken.

„Ich dich auch", nuschele ich in seine Schulter.
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„Ich muss schon sagen, ich bin stolz auf uns", meint Kyle.

Mein ganzes Zimmer ist jetzt im Umzugswagen und wir sitzen gerade auf dem Boden meines leeren Zimmers.

„Wisst ihr noch, als wir uns alle das erste mal hier getroffen haben", sagt Hanna und schweift dabei traurig mit ihrem Blick durch den leeren Raum.

„Das waren noch Zeiten", sagt nun Brad und schaut sich ebenfalls um.

Unsere Erdkundelehrerin hatte uns damals in Gruppen eingeteilt, um Referate zu halten.

Ich liebe sie immer noch dafür, dass sie Hanna, Kyle, Brad und mich zusammengetan hat, da ich dadurch meine besten Freunde kennengelernt habe.

Ich war am Anfang zwar nicht besonders begeistert, dass ich mit 3 wildfremden zusammenarbeiten musste, aber jetzt bin ich mehr als froh, dass es so kam.

Ich hatte zu dem Zeitpunkt sowieso noch nicht wirklich Freundschaften geschlossen, da ich gerade frisch die Schule gewechselt hatte, weshalb diese Gruppenarbeit sehr gelegen kam.
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„Das Essen haben wir uns echt verdient", sagt Kyle, während er sich über den Bauch reibt und die Pizza betrachtet.

„Ich glaube ich hab mich noch nie so sehr über Essen gefreut", lacht Hanna und nimmt sich ein Stück Salamipizza.

„Danke nochmal, dass ihr mir hier geholfen habt", bedanke ich mich bei meinen Freunden, während ich ebenfalls nach einem Stück Pizza greife.

„Kein Problem Mads", entgegnet Kyle mit vollem Mund.

„Um wie viel Uhr fahrt ihr morgen los?", fragt Hanna.

Bei dem Gedanken, dass wir wirklich schon morgen umziehen wird mir total schlecht.

Ich werde meine Freunde so sehr vermissen. Und unsere Wohnung.

Die Wohnung ist direkt neben dem Blumenladen meiner Mutter, was ziemlich praktisch ist.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, als wir die Wohnung besichtigt haben.

Meine Mum und ich waren beide direkt begeistert. Und dann hat sie auch noch den Blumenladen von nebenan übernommen.

Besser hätte unser neues Leben hier in Portland gar nicht anfangen können.

„Wir fahren um 15 Uhr los", antworte ich ihr, worauf sie nachdenklich nickt.

„Dann sind wir um 2 da, damit wir uns verabschieden können", sagt Brad und spielt mit dem leeren Pizzakarton.
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„Wie lange wird die Fahrt morgen dauern?", frage ich meine Mum.

„Um die 3 Stunden", antwortet sie und streichelt über meinen Kopf.

Wir liegen gerade auf der Coach, da unsere Betten schon beide im Umzugswagen sind und wir deshalb hier schlafen werden.

„Paul meinte, er würde uns was Leckeres kochen, wenn wir morgen ankommen", lächelt meine Mutter.

„Das hört sich gut an", sage ich und versuche mich darüber zu freuen, dass ich morgen wenigstens gutes Essen bekommen würde.

Paul ist ein echt guter Koch. Jedes mal, wenn er hier war, gab es das beste Essen.

„Ich glaube, wir sollten jetzt schlafen. Wir haben morgen einen langen Tag vor uns", meint meine Mutter und gibt mir einen Kuss auf meinen Kopf.

„Gute Nacht Mum", sage ich noch, bevor ich das letzte mal in unsere Wohnung einschlafe.

My old new lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt