Major Lewis lehnte sich zurück und musterte mich, wobei er sich mit einer Hand nachdenklich über den Schnauzbart strich. „Was möchten Sie denn, Mary?"

Ich atmete tief ein. Konnte ich ehrlich sein? Vollkommen ehrlich? Würde er mich gehen lassen?

Ein Geräusch in der Ferne schreckte mich auf, bevor ich etwas sagen konnte. Es hatte geklungen wie das Echo eines Schusses. Und jetzt krachte es noch einmal. Waffenfeuer?

Major Lewis war aufgestanden, trat aus der Offiziersstube und blickte fragend zu dem Wachmann am Zaun, der jedoch die Schultern hob. Mein Herz klopfte heftig. Auf wen schossen die Soldaten da draußen? Die Schüsse mussten von der Gruppe stammen, die der Major ausgesandt hatte. Sonst gab es hier keinen Weißen weit und breit und die Indianer besaßen zumeist keine Feuerwaffen.

Noch immer erklangen vereinzelte Schüsse aus dem umgebenden Winterwald. Major Lewis versetzte den ganzen Stützpunkt in Alarmbereitschaft. Soldaten strömten auf den Hof und machten ihre Waffen bereit. Ich hielt mich im Hintergrund, wollte beobachten, was weiterhin geschah, ohne ins Haus geschickt zu werden. Doch der Major schien mich vollkommen vergessen zu haben.

„Unsere Männer scheinen in Schwierigkeiten zu stecken", rief der Major. „Corporal, nehmen Sie eine Gruppe von zehn Leuten mit und suchen Sie sie."

„Aye, Sir."

Nervös luden die entsprechenden Soldaten ihre Musketen und machten sich bereit, das Fort zu verlassen. Doch bevor sie fertig waren, schrie der Wachmann auf dem Gerüst, das den Palisadenzaun umgab: „Ich sehe was." Er spähte durch eine Schießscharte und wedelte mit dem Arm.

Der Major befahl den Soldaten, zu warten. „Was ist es, Harris?"

„Unser Wagen. Sie kommen wieder. Volle Geschwindigkeit."

„Öffnen Sie das Tor, sobald sie in der Nähe sind", befahl Lewis dem Wachmann am Eingang.

Der Wächter am Tor wartete auf Harris' Signal. Dann schob er rasch den schweren Riegel zur Seite und zog das Tor auf. Ich hielt die Luft an, als kurz darauf die Pferde bei vollem Galopp hereindonnerten; hinter ihnen holperte der Wagen, in dem die Soldaten auf einer Lage von Baumstämmen saßen, die Waffen noch gezückt. Unter den Rädern spritzte der Schnee auf Der Kutscher zügelte das Gespann, sobald sie im Hof angekommen waren und der Wächter beeilte sich, das Tor zu schließen. Alle versammelten sich um die Angekommenen.

„Was ist passiert?", verlangte Major Lewis zu wissen. „Wo ist der sechste Mann?" Er hatte mit einem Blick erfasst, dass nur fünf von ihnen zurückgekehrt waren.

Der Sergeant, der den Trupp angeführt hatte, sprang vom Wagen und stand vor dem Major stramm. Ich konnte selbst aus meiner Entfernung sehen, dass sein Gesicht aschfahl war. „Indianer, Sir", begann er mit rauer Stimme. „Haben uns aus dem Hinterhalt überfallen."

Major Lewis kehrte mir den Rücken zu, aber ich konnte mir vorstellen, wie sich seine Stirn in Falten legte. „Wie viele?"

„Wissen wir nicht genau, Sir. Müssen mehr als sechs gewesen sein. Die Pfeile schienen von allen Seiten zu kommen."

Pah! Ich hätte beinahe gelacht, wenn ich nicht so unglaublich angespannt gewesen wäre. Es waren nur drei Indianer, da war ich mir ganz sicher. Aber ich hatte trotzdem Angst. Was, wenn sie einen von ihnen verwundet hatten?

„Was ist mit ... Tucker?", fragte der Major weiter, nachdem er die Gesichter der Männer überflogen hatte, um festzustellen, wer fehlte.

Der Sergeant kratzte sich am Hinterkopf. „Nun, Sir ... sie haben ihn."

„Was soll das heißen?" Die Stimme des Majors wurde schärfer. Vermutlich hatte er genug davon, dem Sergeant jedes Wort aus der Nase zu ziehen.

„Sie ... das heißt, die Rothäute ... haben ihn erwischt. Er war nur kurz im Dickicht verschwunden, um ... na ja, sich zu erleichtern. Und dann hörten wir einen erstickten Schrei."

Plötzlich Indianer - Eine ZeitreisegeschichteOù les histoires vivent. Découvrez maintenant