Kapitel 6

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"So, alles locker, alles prima?", fragte Michael nach einer Weile. 

"Ja, alles wunderbar.", antwortete ich stolz. 

"Ok, dann tasten wir uns mal ran. Ist er vor dir schonmal Natursprünge gegangen?"

"Ich glaube schon, aber ich kann es nicht beschwören."

"Gut, dann fangen wir mit was niedlichem an und gucken, wie er das macht. Einmal der Baumstamm da vorn. Reit erstmal im Galopp einen Zirkel und dann ruhig auf den Sprung zu. Sei dir sicher, zwing ihn aber nicht. Wenn er lieber noch einmal gucken möchte, ist das ok. Aber dann pariere ihn lieber durch, als ihn vorbeirasen zu lassen."

Aus dem Schritt sprang Casi sofort gut in den Galopp und schoss erst ein wenig los. Doch dann hatte ich ihn gut unter mir, schob mit der Hüfte den Takt, den ich haben wollte und ritt ihn zunächst auf einem Zirkel zwischen den Sprüngen. Dann lenkte ich ihn auf einer Geraden auf den Baumstamm zu. Mit einer leichten Parade verkürzte ich seine Galoppsprünge. Casis Ohren wischten aufmerksam vor und zurück, mal zum Sprung, mal horchte er auf mich. Er galoppierte glücklicherweise ohne zu stocken frisch auf den Sprung zu, sodass ich mich entschloss, daran zu glauben, dass er springen würde. Und das tat er. Mit einem riesigen Satz, viel zu riesig, übersprang er den Baumstamm und landete ein wenig unsanft. Lachend lobte ich meinen Wallach und parierte zum Trab. 

"Sehr schön, noch einmal diesen und dann arbeiten wir uns weiter zu anderen Dingen."


Eine Stunde später saß ich auch schon auf dem nächsten Pferd. Elli hatte mir Dawn bereits fertig gemacht und ich musste sagen, dass ich stolz auf sie war. Sattel und Trense saßen und die Bandagen waren wahrscheinlich besser angelegt, als ich es konnte. Aber ich wusste auch, dass Elli mal einen ganzen Abend lang immer und immer wieder bandagiert hatte bis es gut aussah und Liz, die zufällig vorbei gekommen war, es abgesegnet hatte. Ich hatte an diesem Abend auch diverse Bilder von Dawns bandagierten Beinen bekommen. 

Nun spazierte die schöne braune Stute neben mir zum Reitplatz. Man merkte, dass sie eine andere Klasse hatte, als Casi. Casi war ein toller Allrouder und hatte unglaublich viel auf dem Kasten. Aber Dawn war eine wahre Dressurpferdgöttin. 

Aus der Ferne erkannte ich bereits einen mir nur zu gut bekannten Jungen und seinen Schimmel auf dem Platz. Liam brüllte irgendetwas über dem Platz und korrigierte eine Kleinigkeit, die ihn wohl schon die ganze Zeit nervte. Seine Laune schien hier mal nicht die beste zu sein. 

Als Levi mich am Tor entdeckte, zeichnete sich ein freches Lächeln auf seine Lippen. Helicon verzieh ihm seine fehlende Aufmerksamkeit allerdings nicht. Der Apfelschimmel parierte durch und schnaubte protestierend. 

"Augen nach vorn! Die schönen Stuten könnt ihr beide euch später ansehen!", brüllte Liam auch schon über den Platz, doch ich merkte, dass er innerlich eigentlich darüber lachte. 

Grinsend betrat ich mit Dawn den Reitplatz und stellte mir die Bügel auf meine Länge ein. Ich kontrollierte noch einmal den Gurt und nutzte dann die Aufsteighilfe, um mich in den Sattel zu schwingen. Am langen Zügel ritt ich erst einmal warm und beobachtete Levi, der in den letzten Zügen seiner Reitstunde war. 


"So, das reicht für heute. Ihr könnt zufrieden mit euch sein. Ich sehe gute Chancen, dass ihr für Turniere zugelassen werdet. Da werde ich mich definitiv für euch einsetzen.", beendete Liam die Reitstunde mit lobenden Worten an Levi gerichtet. Dann wandte er sich uns zu: "Und wenn du dich anstrengst, Isa, dann sehen wir dich wohl bald mit mehr als einem Pferd." 

Levi grinste mich selbstzufrieden an, ich streckte ihm die Zunge raus. Daraufhin wurde sein Grinsen nur noch breiter. 

Selbstständig begann ich erst einmal, Dawn zu erwärmen. Schon jetzt merkte man den Unterschied zwischen Casi und ihr. Dawn war unkomplizierter, wenn es darum ging, sie an den Zügel zu reiten. Sie stand gut an der Senkrechten und war sehr schnell locker in Hals und Genick. Doch dafür machte sie es mir deutlich schwerer, meine Schenkelhilfen zu geben. Sie war sehr wählerisch, was das an ging. Casi war deutlich weniger fein am Bein und nahm, was er bekam. Er verstand mich, auch wenn die Hilfe mal nicht so perfekt war. Dagegen ließ sich die braune Stute sehr viel schneller irritieren oder aber war dann bockig und nahm die Hilfe nicht. 

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⏰ Last updated: Sep 11, 2017 ⏰

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Spanisches Temperament und andere ProblemeWhere stories live. Discover now