Nach der Dunkelheit

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 Der Sonnenuntergang tauchte das W.H.O.-Gebäude in gold-orangenes Licht, doch das änderte nichts daran, dass es eine gewisse Kälte ausstrahlte. Die Wände waren grau und weiß getüncht, das Licht gleißend und der vor ihnen liegende Flur wirkte steril. Schweigend humpelte Segen vor den beiden Männern her, deren Anwesenheit nur durch laute Atemgeräusche und manchmal ein leises Keuchen zu vernehmen war. Ihren Augen maßen schnell den Flur ab und sie fragte sich, wie viele Menschen sich hier verschanzt haben mochten. War die Forschungseinrichtung überhaupt noch in Betrieb? 


Von dem Flur zweigten mehrere Türen ab, die auf weitere Räume verwiesen, aber alle verschlossen waren. Am Ende des Ganges kam die kleine Gruppe vor einer Glastür zu stehen. „Durchgehen", wies sie die Stimme des Dunkelhaarigen an. Segen öffnete vorsichtig die Tür, hinter der sich der Flur nebst einem Treppenhaus fortsetzte, und hielt diese für die beiden Mitarbeiter offen, die Gerry hindurchtrugen. Segen konnte die Schweißperlen auf ihrer Stirn erkennen.
„Weiter."


Stumm nahm Segen wieder ihren Platz in der höchst eigenartigen Prozession ein und setzte mühsam einen Fuß vor den anderen. Ihre Beine fühlten sich schwer an und jeder Schritt wurde langsam aber sicher zur Qual. Durchhalten.
Am Ende des Flures wurde eine Tür aufgerissen. Unsicher lugten zwei Köpfe um die Ecke. Es waren ein Mann und eine Frau. In ihren Gesichtern spiegelte sich Sorge wider. „Javier! Peter! Du meine Güte, was - ", begann die Frau, während sie auf den Flur trat. Sie hatte ein weiches Gesicht und große, dunkle Augen, mit denen sie die Ankömmlinge besorgt musterte. Ihr Blick blieb nur kurz an Segen hängen und wanderte dann wieder zurück zu den drei Männern.


„Schnell! Helft ihn uns in Labor E50 zu bringen! Moritz – könntest du uns helfen? Ruth, bring die Frau in B40 und bleib dort, bis wir wiederkommen", wies sie der dunkelhaarige Mann an. Javier. Langsam begriff Segen, dass er hier entweder der Chef war oder sich durch andere Taten eine Führungsposition erkämpft hatte. Der Mann im Türrahmen löste sich, um den beiden Männer mit Gerry zu helfen. Segen spürte einen Anflug von Panik in sich auflodern. 


„Moment! Stopp! Wohin bringen Sie ihn?", protestierte sie, während die Frau auf sie zutrat und sie sanft am Arm nehmen wollte, um sie in den Raum zu ziehen, aus dem sie gerade getreten war. Segen wich vor ihr zurück und presste mit ihrer gesunden Hand ihren verletzten Arm enger an den Körper, der bei der hastigen Bewegung jäh ein Meer aus lodernden Schmerzen geworden war.


„Wir kümmern uns um ihn, keine Sorge. Aber wir wollen auch sicher gehen, dass er...nun, dass er...keine Gefahr darstellt." Javier warf Segen einen eindringlichen Blick zu, während er eine nickende Bewegung in Richtung seiner Kollegen machte. Peter setzte sich wieder in Bewegung um Gerry fortzutragen, während sein Kollege – Moritz – sich nun plötzlich wieder Segen zuwandte. Auch Ruth war näher gerückt. Segen spürte, wie ihr Herz schneller zu klopfen begann. Sie konnten sie nicht von Gerry trennen. Sie hatte den Auftrag erhalten, ihn zu beschützen. Ihr Atem war zu einem Keuchen geworden und sie presste ein „Nein!" hervor, als Moritz sie an der linken und seine Kollegin an der rechten Schulter packten, um sie in den Raum zu bugsieren, dessen Tür offen stand. 


Dahinter konnte Segen eine Art Büro erkennen, dann huschte ihr Blick wieder zu Gerry. Moritz Griff war recht fest, unnachgiebig, und Segen hätte sich gerne dagegen gewehrt, aber der Griff allein reichte aus, um die Schmerzen in ihrem Arm zu verschlimmern. Segen spürte, wie ihre Augen vor Schmerz zu tränen begannen. Die Übelkeit, die ihr die Verletzung verursachte, wurde schlimmer. 


„Er stellt keine Gefahr dar! Er wurde nicht gebissen! Hören Sie, tun Sie das nicht! Lassen Sie mich los! Lassen Sie mich mit! Lassen Sie - ", protestierte Segen heftig, während sie verzweifelt nach Atem rang und gleichzeitig den Kopf zu Gerry verdrehte. Er lag immer noch bewusstlos in den Armen der beiden Männer. Sie konnte erkennen, wie Javier stumm den Kopf schüttelte, dann wurde sie in das Büro gezerrt.


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⏰ Last updated: Apr 25, 2017 ⏰

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"Geht es dir gut?" -  World War ZWhere stories live. Discover now