Die erste Nacht

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Die Nacht im Juni war kalt und sternenklar. Die Party unten war in vollem Gange; seine Kollegen feierten ihren ersten großen Erfolg seit Monaten. Sie hatten die Riesen erfolgreich zu einem Waffenstillstand bewogen. Ein wackeliger Frieden zwischen den Clans, das war Draco nur zu gut bewusst. Ein Fehler, ein kleines Wort zum falschen Zeitpunkt könnte alles wieder in Trümmern legen, was sie so mühsam aufgebaut hatten. Doch heute waren die Sorgen egal, es war alles egal - man musste die Feste eben feiern wie sie fielen.

Die Lichter Londons erstreckten sich unter ihm und wie hypnotisiert starrte er hinunter auf die tiefschwarze Themse, in der sie sich spiegelten. Licht und Dunkelheit. Nacht und Tag. Wenn doch alles so leicht zu unterscheiden wäre... Er seufzte. Immer die gleichen Gedanken. Wie nannte man dieses Gefühl noch gleich? Melancholie?

"Ganz allein hier draußen, Malfoy?"

Draco drehte sich um, während eine Gestalt aus dem Licht zu ihm heraus in die Dunkelheit trat. //Wie bezeichnend!//, dachte er ironisch als er Harry Potter erkannte. Eigentlich wusste Draco nicht mal, was der hier auf dieser Party wollte. Seit Draco sich dazu entschlossen hatte, nach Hogwarts endlich zu beweisen dass er mehr wert war als die Fehler der Vergangenheit, hatten die beiden sich nur noch selten getroffen. Doch selbst jetzt, knapp 5 Jahre später, stockte ihm noch immer der Atem in Harrys Nähe. Weswegen er ihm so gut es ging aus dem Weg ging. Draco hatte keine Lust, sich mit dem Ziehen in der Magengegend auseinander zu setzen. So wie immer vergrub er das unwillkommene Gefühl einfach unter einer Tonne Eis.

"Wie du siehst."

Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Butterbier. Harry lachte leise und trat zu ihm an das Geländer vom Balkon.

"Was willst du?", fragte der Blonde etwas mürrischer als beabsichtigt. Potter kam nie ohne Hintergedanken zu ihm. Niemals.

"Dich.", kam es sofort und Draco glaubte sich verhört zu haben. "Beglückwünschen.", setzte der Schwarzhaarige noch hinzu. Draco lachte bitter. Ja. Natürlich.

"Ich hab nichts getan.", erwiderte Draco ruhig. Und wirklich, nachdem er die Frauen der Clans ausfindig gemacht und zusammen gebracht hatte, war alles andere ein Kinderspiel gewesen. Die Riesen gaben viel auf die Meinung ihrer Gefährtinnen. Wessen Idee das alles am Ende war, ist doch gar nicht so wichtig - eine wichtige Lektion die ihm das Leben erteilt hatte. Egal wie gut du bist, sag es laut und du bist der Arsch.

"Nein wirklich. Ich sehe was du getan hast. Was du seit Jahren tust." Er merkte, wie der große Harry Potter tief durchatmete und auf dieselbe Stelle der Themse starrte wie er selbst noch wenige Sekunden bevor.

"Und was tu ich deiner Meinung nach, Potter?"

"Das Richtige, Draco." Eine kurze Pause entstand. "Ich wollte nur, dass du weißt... jemand bemerkt das. ICH merke das. Du machst die Welt zu einem besseren Ort."

Harry konnte nicht glauben, dass er diese Worte gerade wirklich gesagt hatte. Malfoy dagegen sah ihn mit undurchdringbarem Blick an, nicht sicher ob Harry es ernst meinte oder sich über ihn lustig machte. Er hielt den Atem an. Schließlich schien er sich dazu entschieden zu haben, Harry zu glauben und nickte. Puhhh...

Diese Worte waren ihm unglaublich schwer gefallen. Ja, er sah wirklich wie sehr sich Draco anstrengt und es war ein weiter Weg bis zu den ersten Erfolgen. Die Leute machten sich lustig über ihn, einen Todesser, der versuchte gut zu sein. Doch Harry wusste es besser. Draco wollte nicht nur gut sein; er war wirklich einer von den Guten. Die Einsamkeit in Hogwarts hatte ihn bloß wütend gemacht, was ihn zu blind werden ließ um zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden. In den letzte Jahren, sogar schon in der Schule selbst, hatte Harry angefangen zu verstehen.

All those Nights - DrarryWhere stories live. Discover now