Wihinapa bedachte mich mit einem besorgten Seitenblick. „Das ist der bärtige Tom", erklärte sie leise. „Er kommt mehrmals im Jahr zu uns, um zu handeln. Er lebt allein in den Bergen vom Jagen und Fallenstellen. Wir mögen ihn, weil er den Kindern immer etwas Besonderes mitbringt."

Ich tat, als würde mich das vollkommen kalt lassen, aber innerlich wuchs meine Aufregung. Würde ich mit ihm sprechen können? Ich hatte so viele Fragen!

Eine halbe Stunde später traf der Angemeldete endlich ein. Begleitet von einer Eskorte kleiner Jungen und junger Männer ritt er auf einem braunen Pferd auf unsere Lichtung. Vor seinem Sattel hing ein langes Gewehr und er führte ein Maultier hinter sich her, das über und über mit Säcken und in Leder gewickelte Packen beladen war. Ich ließ meine Arbeit liegen und folgte Wihinapa zu dem freien Platz in der Mitte, wo sich jetzt alle versammelten, um den Händler zu begrüßen.

Bärtig war er tatsächlich. Ein wild wachsender, brauner Vollbart bedeckte die untere Hälfte seines Gesichts vollständig. Einige silberne Strähnen zogen sich durch das Haar. Den Hut hatte er tief in die Stirn gezogen und die Augen gegen die Sonne zusammengekniffen. Seine Haut war so gebräunt, dass er nicht viel anders aussah als die Indianer.

Er stieg von seinem Pferd und setzte mit den schweren Stiefeln auf dem Boden auf. Seine Kleidung war aus hellem Wildleder, er trug eine fransenbesetzte Jacke und abgewetzte Hose. Ich war fasziniert von dieser Erscheinung, die aus einem alten Westernfilm hätte entstammen können.

Der bärtige Tom lüftete seinen Hut, als er vor den Häuptling trat, und machte die indianische Geste für ‚Hallo'.

„Tag auch, Chief", sagte er auf Englisch und fügte einige Worte in Lakota hinzu. Er sprach es ziemlich gut.

Mazzukata erwiderte die Begrüßung und deutete mit ausgestrecktem Arm auf sein Zelt. „Der bärtige Tom ist im Zelt des Häuptlings willkommen."

„Ich bedanke mich, Häuptling. Aber erst habe ich einiges auszupacken."

Tom ging zu seinem Maultier und band einen der Säcke los, hievte ihn herunter und öffnete ihn. Die Kinder drängten sich unwillkürlich näher um ihn und als er sich anschaute, funkelten seine Augen funkeln. Ein bisschen fühlte ich mich an den Weihnachtsmann erinnert und musste grinsen.

„Na, ihr Würmchen", sagte er mit seinem gutmütigem Bass. „Onkel Tom hat mal wieder viel Zeit gehabt, ist so einsam droben in den Bergen, da habe ich dies und jenes für euch geschnitzt."

Er begann, kleine geschnitzte Figürchen an die kleinen Kinder zu verteilen, die diese ehrfürchtig entgegennahmen. Ich schob mich ein wenig näher heran, um besser sehen zu können. Die Figuren sahen aus wie das Holzpferd von der kleinen Zica. Tom war ein wirklich begabter Handwerker. Da gab es alle möglichen Tierfiguren, Bären, Pumas, Rehe, Wölfe ... Aber er verteilte auch kleine Ledersäckchen an die älteren Kinder. Ich beobachtete, wie ein Mädchen ihren Beutel öffnete und Kügelchen aus einem glasartigen, dunkel-bernsteinfarbenen Material daraus hervorzog, an dem sie begeistert leckte.

„Der Saft des Ahorn", sagte Wihinapa, die dich neben mir blieb. „Er kocht ihn, bis er fest wird, und macht daraus Süßigkeiten."

Ich konnte die Freude der Kinder verstehen, denn ich hatte hier noch nicht viel Süßes bekommen — außer Beeren und anderen Früchten der Natur.

Plötzlich schaute der bärtige Tom auf, um sich zu vergewissern, dass er auch niemanden vergessen hatte. Der Blick seiner grauen Augen fiel auf mich und blieb an mir heften. Mein Herz klopfte gegen meine Rippen.

„Hey, du da", rief er verblüfft auf Englisch. „Bist du ...?"

„Ich bin Marie", krächzte ich und war mir bewusst, dass ich jetzt im Zentrum der Aufmerksamkeit stand.

Plötzlich Indianer - Eine ZeitreisegeschichteDonde viven las historias. Descúbrelo ahora