Luxe presste seine Lippen zusammen und antwortete nicht. Er wollte anscheinend nicht reden, aber zumindest hatte er preisgegeben, dass da noch was anderes war. Immerhin etwas.

Da kam mir eine Idee, um meine Neugier zumindest etwas zu besänftigen. Vielleicht redet er mit mir, wenn ich ihm ein Angebot machte. Das war vielleicht etwas weit hergeholt, aber was solls. Bei meinen Freunden funktionierte das immer, warum nicht auch bei Luxe?

„Okay, wie wäre es damit: Ich stelle dir eine Frage, du antwortest und darfst mir dann auch eine Frage stellen, die ich beantworten muss. Dafür bekommst du auch das Zeug, das du gerade gefordert hast."

Jetzt verzog er verächtlich das Gesicht und meinte: „Du hältst dich wohl wirklich für sehr interessant? Aber okay. Ich stelle die erste Frage."

Ich nickte bloß und kramte dann in den Schränken nach einem Tee-Ei und dem losen Tee. Als ich die Sachen schließlich in den unsortierten Tiefen eines Unterschrankes fand, stellte ich sie samt Tasse auf den Tisch und setzte Wasser für Luxe auf.

Dann setzte ich mich mit meinem Kaffee auf den Stuhl Luxe gegenüber, trank einen Schluck des nunmehr lauwarmen Getränkes und sah den Jungen vor mir auffordernd an. Der fuhr sich einmal nachdenklich durch die Haare und verzog sein hübsches Gesicht zu einer Grimasse.

„Wann hast du Geburtstag?", fragte er zum Schluss.

„01.02. Du?"

„27.11. Warum studierst du Jura?"

Die Frage war leicht zu beantworten.

„Weil ich den Menschen helfen will, die unschuldig im Gefängnis landen oder landen sollen. Was ist dein Berufswunsch?"

Wieder fuhr Luxe sich durch die Haare und dachte mit gerunzelter Stirn nach. Zwischendurch unterbrach ihn der Wasserkocher, aus welchem er kurz Wasser in seine Tasse schüttete und das Tee-Ei hinein legte.

Nachdem er an dem kochend heißem Getränk genippt hatte, antwortete er immer noch nachdenklich: „Psychologe, Therapeut oder so etwas. Was ist passiert, dass du dich für andere einsetzen willst? Niemand sagt so etwas, einfach weil er so ein 'toller' Mensch ist."

Jetzt musste ich etwas schmunzeln. Der Junge hatte eine äußerst gute Menschenkenntnis, das musste ich ihm lassen.

„Mein Onkel musste ein paar Jahre lang ins Gefängnis, weil seine Ex-Frau behauptet hat, dass er sie geschlagen hätte. Das stimmt aber nicht. Der Mann kann keiner Fliege etwas zuleide tun, glaub mir. Warum willst du Psychologie oder etwas in die Richtung studieren? Und die Antwort 'weil es mich interessiert' gilt nicht."

Gespannt wartete ich und beobachtete die Mimik des Jungen. Er blinzelte, dann presste er wieder die Lippen zusammen. Noch etwas, worüber er anscheinend nicht reden wollte.

„Der Typ, der den tödlichen Autounfall meiner Eltern verursacht hat, hatte Depressionen, war betrunken und suizidgefährdet. Ich möchte mehr darüber erfahren, was Menschen antreibt, so zu sein, wie sie nun mal sind, um so etwas zu vermeiden."

Diese ehrliche Antwort überraschte mich. Genauso der traurige Gesichtsausdruck auf Luxe Gesicht. In diesem Moment konnte man den Jungen erkennen, der unter der Fassade des kalten Teenagers schlummerte und um seine Eltern trauerte. Gerade tat er mir unglaublich leid. So leid, dass ich ihm gerade irgendetwas, was auch immer, sagen wollte, um ihn zu trösten, obwohl er sich gerne wie das letzte Arschloch verhielt.

Doch da hörte ich den Schlüssel in der Haustür und beobachtete wie Luxe Miene sich innerhalb weniger Sekunden grundlegend änderte. Er nahm eine angespannte Haltung an, der traurige Ausdruck auf seinem Gesicht verschwand und wurde von einem arroganten verdrängt.

Dann, bevor ich die Änderungen gänzlich verarbeitet hatte, betraten meine Eltern die Küche. Dad zog überrascht eine Augenbraue in die Höhe und Mum lächelte, als sie uns bemerkten.

Fröhlich und anscheinend der lastenden Stille gegenüber immun durchbrach Mum diese schließlich und meinte an Luxe gewandt: „Schön, dass du dich mit Rhyse unterhältst. Übrigens: Wir haben uns überlegt, dass es toll wäre, wenn du heute mal etwas kochen könntest. Also, wenn es dir nicht zu viel ausmacht."

Als Luxe nicht antwortete, sondern nur das Gesicht verzog, hängte Mum hastig dran: „Es war nur eine Idee, hat Rhyse auch gemacht als er 18 wurde."

Jetzt zog Luxe eine helle Augenbraue in die Höhe und blitzte mich belustigt an.

„Wenn euer ach so toller Rhyse das gemacht hat, dann werde ich das auch tun."

Mutter lächelte erleichtert, bemerkte jedoch nicht, wie Luxe Gesichtsausdruck kurz in sich zusammenfiel. Irgendwie tat er mir leid, auch wenn er sich so schlecht benahm.

Niemand erkannte den Jungen hinter der Fassade, der sich nach Liebe sehnte und Angst davor hatte, wieder verletzt zu werden. Es war schon ungewöhnlich, dass ich Luxe schon so durchschaute, obwohl wir einander kaum kannten. Und noch seltsamer war, dass niemand anderes es bemerkte.

Oder benahm er sich mir gegenüber anders? Unwahrscheinlich, aber möglich. Doch selbst wenn, welchen Grund hätte er? Leider konnte ich der Theorie nicht mehr auf den Grund gehen, da Luxe sich ohne ein Wort aus dem Staub gemacht hatte.

Was auch immer es war, ich wollte Luxe dazu bringen, sich mir komplett zu öffnen. Unser heutiges Gespräch war ja schon mal ein Anfang, den ich so erfolgreich nie für möglich gehalten hatte. Darauf, und mit der Taktik würde ich mich weiter an ihn herantasten und ihn schließlich öffnen, da war ich mir sicher. Ich war hervorragend darin, Leute zu überzeugen, das würde Luxe schon noch sehen.

Zufrieden mit meiner Entscheidung lehnte ich mich auf meinem Stuhl zurück und trank den Rest meines mittlerweile kalten Kaffees. Dabei hing ich weiter meinen Gedanken nach und schweifte, mehr oder weniger ungewollt, immer wieder zu Luxe.

Zu dem Ausdruck seiner blauen Augen und wie er sich durch die Haare gefahren war, während er überlegt hatte. Die Offenheit, die er anscheinend nur mir gegenüber zeigte. Und diese tiefe Trauer in seinen Augen, die alles andere in diesem Moment verschluckt hatte. Der Junge war ein Wrack.

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Whuhu, ein neues Kapitel🤗Ist zwar wirklich etwas seltsam geworden, aber ich stand unter Zeitdruck. Und ich schreibe morgen Englisch😐

Aber ich hoffe, dass es euch trotzdem gefällt.

Over and Out, _Amnesia_Malum_

PS: Vielleicht ist Dummheit ja ansteckend?🤔😶

𝔻𝕖𝕤𝕡𝕖𝕣𝕒𝕥𝕖 𝕃𝕠𝕧𝕖Where stories live. Discover now