„Ich hole dir einen Kaffee, ja?", versuche nicht auf ihn einzugehen und drücke die Klinge nach unten, ziehe sie leicht nach hinten zu mir und laufe durch die kleine Spalte hindurch bevor ich sie leise wieder zuschließe.

Laut atme ich aus und stütze mich an der Wand ab. Er wird es mitbekommen. Sei es am Anfang oder am Ende, er wird es wissen.

Ich versuche nicht mehr daran zu denken und laufe um die Ecke, sehe die Cafeteria und hole uns zwei Croissants und jeweils einen Becher Kaffee. Augenblicklich fangen meine Augen an zu tränen, beiße mir auf die Unterlippe. Mein Körper fängt das Zittern an, fest kneife ich die Augen zusammen und spüre die Tränen auf meiner Haut.

Lege die Tüte und den Becher auf eine Fensterbank und wische die Tränen weg.

„Es wird alles gut, Nefes!", versuche ich es mir einzureden, doch weiß am Ende, dass es nur eine Ausrede war.
Ich würde sterben, ohne ein Kind auf die Welt gebracht zu haben, ohne Kayahan in einer Halle mit einem langen weißen Hochzeitskleid getanzt zu haben, ohne mit ihm die ganze Welt erkundet zu haben.
Ohne unsere wollenden Erinnerungen.
Ich würde bald sterben. Ein Jahr, und ich liege im Grab. Andere werden mich vergessen, ihr Leben weiterleben. Ich gönne es ihnen, sie sollten nicht traurig sein wegen mir, ich verdiene es nämlich nicht. Aber was wird mit Kayahan?

Er wird leiden, niemand wird sich um ihn kümmern. Niemand. Er wird sich in seine Wohnung zurückschließen und auf den Tod warten, damit er nicht mehr mit den Schmerzen leben muss. Er wird wütend auf mich sein und das will ich nicht, weil ich ihn liebe.

Langsam lasse ich mich auf den Boden fallen und fange das Schluchzen an, ich werde ihn alleine lassen müssen. Er wird seelisch sterben, in ein Loch fallen und nie wieder rauskommen können, wie ich damals.

Er hat mir seine Hand gereicht, Er- Kayahan. Wegen ihm konnte ich aus dem Loch heraus kriechen sonst wäre ich psychisch gestorben, ich wäre verrückt geworden, vielleicht hätte ich Suizid begangen.
Ich würde jetzt nicht leben und hätte mein Licht nicht gesehen. Das Licht in dem schwarzen dunklen Loch.
Das Licht hat meine schwarze einsame Welt beleuchtet, ich konnte wieder etwas sehen, mir wurde immer wärmer um das Herz. Und ich spürte die Liebe, wonach ich jahrelang gesehnt habe.

Lehne meinen Kopf gegen die kalte Wand und schließe die Augen. Ich werde alles dafür tun, damit Kayahan seine schönsten Momente ausleben kann. Ich werde ihm Kraft geben, obwohl ich dabei ein bisschen mehr sterben werde. Ich würde alles für ihn tun.

„Du solltest dich irgendwo hin setzen und nicht auf dem Boden", spüre ich seine Stimme an meinem Ohr. Sein Atem streift über mein Ohr, die feinen Härchen stellen sich sofort auf.

Er packt mich an meine Hüfte und hebt mich leicht hoch bevor ich auf meinen Beinen stehe. Ich reiße mich sofort von ihm los und halte ihn fest.

„Spinnst du? Du hast verdammt noch einmal Wunden-"
„Sus, Nefes! (Sei leise, Nefes!)", zischt er wütend packt sich die kleine Tüte mit den Bechern und läuft zu seinem Zimmer. Heute ist er mir definitiv zu launig.

„Lauf!", kommandiert er mich wie ein Hund, ich rolle die Augen und wische meine Tränen weg, gehe auch sofort hinter ihm her. Die Tür hält er fest bevor ich reinlaufe und er sie danach mit voller Wucht zu schlägt. Ich zucke stark zusammen und blicke auf den Boden und knete meine Finger.

„Nefes!", faucht er wütend. Ich beiße mir auf die Unterlippe und kneife fest die Augen zusammen.

„Nefes, schau mir in die Augen!", zischt er lauter. Langsam schaue ich nach oben, automatisch haften meine Augen an seine dunklen Augen.

„Sag mir was mit dir los ist!", seine laute Stimme hallt durch den ganzen Raum, ich schlucke und blicke aus dem Fenster. Sein Blick brennt auf meiner Haut.

|Wenn Hass regiert|Where stories live. Discover now