Die Regeln sind klar und nur ganz selten werden schlimmere Verletzungen als Prellungen oder blaue Flecken davongetragen.

Für mich ist es allerdings die Körperlichkeit, die mich am waffenlosen Kampf reizt. Mein ganzer Körper ist meine Waffe und gleichzeitig meine Verteidigung. Der Kampf erinnert mich jedes Mal aufs Neue an einen Tanz, meine Bewegungen sind weich und flüssig, die gesteuerten Hiebe und Würfe bilden einen eigenen Rhythmus, dem ich blind folge.

Um mich herum hat sich eine ganze Menge an Mitstreitern angesammelt und ich verliere den Überblick. Die Wettbewerbsleiterin erklärt erneut die Regeln und schickt uns zu den Kampfflächen, wo wir in Fünfergruppen eingeteilt werden.

Mein erster Kampf vergeht viel zu schnell. Mein Gegner ist ein Mann mittleren Alters mit Armen wie Baumstämme. Nach gefühlten Wimpernschlägen hat er mich unter sich begraben und den Kampf für sich entschieden. Immerhin schlägt er auch ohne scheinbarer Anstrengung die anderen aus meiner Gruppe, daher gebe ich dieser Niederlage kein Gewicht.

Die nächste Runde gegen ein Mädchen, das vielleicht nur wenige Jahre älter ist als ich, gewinne ich. Sie ist zwar kräftig, doch mit meiner Technik gelingt es mir, sie im richtigen Moment zu Fall zu bringen.

Mit vom Kampf erhitztem Gesicht beobachte ich einen weiteren Mitstreiter aus meiner Gruppe und lege mir sogleich eine Strategie zurecht. Zu meinem Glück funktioniert sie tatsächlich und nachdem ich meinen letzten Gruppenkampf verliere, stehe ich mit zwei Siegen und zwei Niederlagen da. Durch das Wettkampfsystem steige ich damit gemeinsam mit dem starken Mann eine Runde auf.

Ab jetzt zählt nur noch ein Sieg.

Lou bringt mir einen Becher Wasser und klopft mir motivierend auf die Schultern. Ein Helfer der Wettbewerbsleiterin führt mich auf die Kampffläche nebenan. Mein nächster Kampf steht an.
Ich nehme einen kräftigen Schluck Wasser. Dann drehe ich mich zu meinem Gegner um.

Augenblicklich verschlucke ich mich, muss husten und fast würgen. Von dem Reiz in meinem Hals verschwimmt meine Sicht, sie wird trüb und undeutlich. Doch als sie klar wird, ist mein Gegner weiterhin der gleiche.

Unwillkürlich zittern meine Hände und ich weiß nicht mehr, wie man gerade steht, geschweige denn kämpft.

Es ist der schwarzhaarige Junge mit der silbernen Maske. Mit dem ich vorher getanzt habe. Vor dem ich weggelaufen bin.

Mein Herz rast und das feurige Adrenalin in meinen Adern, welches ich bereits bei den vorherigen Kämpfen verspürt habe, scheint sich vervielfacht zu haben.

Seine dunklen Augen funkeln mir amüsiert entgegen und ich ringe um Luft.

Er hat mich ebenso erkannt.

Von der Seite erklingt der dumpfe Trommelschlag, welcher den Beginn des Kampfes markiert. Als ich Kampfhaltung einnehme bemühe ich mich, meine rasenden Gedanken im Zaum zu halten. Mit Sorgfalt studiere ich seine Statur. Natürlich nur, um jegliche Bewegung vorausahnen zu können. Seine breiten Schultern sind mir schon bei unserem Tanz aufgefallen, seine Hüfte ist schmal, die Oberschenkel dagegen kräftig.
Ich verlagere mein Gewicht, er ahmt es mir nach.

Zögerlich umkreisen wir einander, achtsam und wach. Zwischen unseren Körpern ist ein Abstand, der die Nähe des Tanzes zu verhöhnen scheint. Sein erster Angriff ist unvermittelt und nur meine Instinkte verhindern, dass ich zu Boden gehe. Ich kneife die Augen zu Schlitzen zusammen. Die Schritte des Jungens sind tänzerisch und ich passe mich ihnen an, suche nach einem geeigneten Moment für einen Gegenangriff.

Ich setze an, er weicht aus. Leichtfüßig sind seine Bewegungen, schnell seine Augen.

Die Luft zwischen uns ist zum Zerreißen gespannt.

Hoffnung - Ariel & Adrian // pausiertWhere stories live. Discover now