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Ich setzte mich auf den Boden. Alle Kraft wich mir aus den Armen und Beinen und ich fühlte mich als ob jemand oder eher gesagt etwas mir die Seele aussaugte. Es war unbeschreiblich. Wie ertrinken in Luft. Sie war weg. Immer wenn ich daran dachte und merkte das alles was ich gerade erlebte real war, kam mir ein Stich der sich durch den ganzen Körper zog auf. Tot. Es tat den lebenden immer mehr weh als den Sterbenden. Wir lebten für die lebenden. Alli war glücklich und ich war hier alleine. Ich hatte immer nur sie gehabt. Ich wollte nicht wissen wie sie gestorben war, und wenn jemand schuld war, dann half es nicht es zu wissen wer. Es war mir egal. Doch es tat weh. Es war egoistisch sich zu Wünschen das Tote nicht tot seien. Ich war mir sicher Alli hatte es gewollt und hingenommen in diesen Moment zu sterben. Sie war das einzige was ich hatte aber sie zeigte mir nur mich zu verlieren um mich wieder zu finden, besser gesagt hatte ich mir noch nie selbst gehört. Ich gehörte der Angst. Körper und Seele, alle beide im Besitz dieses Monsters das sich an Leid nährte. »Sie schläft, für immer. Aber sie bleibt am Leben, in deinem Herzen« erbärmlich und verheult versuchte meine Mutter den Schmerz zu lindern. »Hast du eine Ahnung was schlafen ist? Es ist anwesende Abwesenheit. Wesentlich bedeutungsvoller als du es beschreibst. Und der Tot. Sie ist nicht anwesend. Ich will nicht das sie weiterlebt! Der Tot beherrscht uns. Er beherrscht dich, mich, jeden. Alles wegen dem Tot. Tot ist nicht vergleichbar mit Schlaf. Sie ist weg. Und es ist auf schreckliche Art schön. Ok? Sag nichts was keinen Sinn macht« Nach diesen Sätzen wandte sie sich ab und ging in die Küche. Ich bekam mit einem Ruck Keine Luft mehr. Ich rängte nach ihr aber sie fühlte sich an wie Gas. Der Grund für diesen unkontrollierten Ausbruch war Panik. Ich musste mich bewegen sonst würde ich umfallen. Immer noch nach Luft ringend stellte ich mich mit wackeligen Beinen auf und Zog mich am Fensterbrett hoch. Plötzlich strömte sie in mich hinein. Die Kraft. Wenn ich Panik hatte musste ich laufen, sonst würde mich dieses schwarze große Monstrum schnappen und wieder in sich einschließen. Ich rannte zur Tür, öffnete sie schwungvoll und fühlte wie mir der Frühlingswind in das Gesicht wehte. Meine Hand lief zur Außenseite der Tür und schlug mit voller Wucht zu. Kaum war der letzte Spalt geschlossen rannte ich los. Die Straße runter. Ich dachte nicht nach. Ich ließ mich tragen von meinen Beinen die das hier schon seit 10 Jahren taten. Ich lief zur Wiese. Meine Füße trugen mich automatisch dort hin. Es gab einen Park der hinter ein paar dicken Hecken Gebüschen und Bäumen eine Wiese hatte. Mit einem Haus. Es wunderte mich das niemand diesen Ort kannte. Im Laufe der Jahre hatte ich mich hier eingerichtet. Küche, Bad, Schlafraum, alles was man brauchte und alles kostenlos. Strom und Wasser liefen und ich hatte im Internet einen Fernseher erworben für wenig Geld. Ich ließ ihn in der Hütte da meine Mutter ihn verkauft hätte. Nichts was mir etwas bedeutete war in meinem Zimmer bei meiner Mutter. Alles war hier. Immer verkaufte sie etwas und versprach mir das wir noch ein gutes Leben haben würden und sie sagte immer und immer wieder sie würde es investieren. Aber in was? Ich hatte zu viel verloren wegen ihr. Und zuviel Enttäuschung zurück bekommen. Als ich die Tür der Holzhütte öffnete kam mir das Gefühl von Geborgenheit ins Herz gekrochen. Nichtmal Alli wusste von diesem Ort. Ich lief zum Bett und zog meine Schuhe ab. Mein Handy war in meiner Jackentasche und ich schrieb meiner Mutter das ich morgen wieder da sein würde, daran war sie gewöhnt. Sie hatte vor länger Zeit aufgehört mich in ihre Gefühle und Sorgen zu Integrieren. Ich gähnte kurz als ich auf den Handybildschirm schaute und merkte wie meine Atmung langsamer und mein Körper schwerer wurde. Ich legte das Gerät neben mich auf den Nachttisch und legte die Decke über mich. Meine Augen fielen sofort zu nachdem ich das Licht ausgeschaltet hatte.

Ein leerer Raum umgab mich. Er war klein. Ich saß auf einem Holzstuhl. Dann spürte ich eine Hand. Ich wollte aufschreien aber ein Tuch war um meinen Mund gebunden und dann spürte ich vorher noch nicht da gewesene Fesseln, die sich in meine Handgelenke hineinbohrten. Die Hand strich über meine Schulter, meine Reaktion war panisch. Ich riss meine Augen auf und fühlte den Schweiß von meiner Stirn Perlen. Ich zitterte. Die Hand bewegte sich und ich hörte Schritte die gerne demonstrierten wie dramatisch langsam sie klingen konnten. Alli. Sie tauchte vor mir auf mit ihrem schief gelegten Kopf und dem hinterhältigen Lächeln, welches dir das Gefühl gab das sie in dich hinein sah. »Na?« mehr sagte sie nicht. Sie wusste wie man einem das Gefühl geben konnte das sie die Macht hatte. »Du bist tot« sagte ich kalt. Aber es war wahr. Sie war tot, nicht mehr länger existent. Erst jetzt merkte ich dass, das eben gerade noch da gewesene Tuch verschwunden war. »Ich weiß« sie hatte immer noch diesen wissenden Unterton in der Stimme »Heißt es jetzt also das ich nicht mehr reden darf? Nur weil ich Tot bin?« ich schüttelte langsam und sachte den Kopf. »Das ist ein Traum. Allison du bist tot. Du bist nicht real. Das hier, das findet nur in meinem Kopf statt« ich fühlte die Fesseln enger werden. Alli spielte mit ihrer Hand an dem weißen Kleid das sie trug. »Ach Schätzchen...« sie lächelte noch mehr »In deinem Kopf, heißt nicht, das es nicht real ist« ich murmelte leise etwas. Aber das hatte sie nicht gehört, glaubte ich zumindest. Das war nicht real. Nichts war real. Real war auch relativ. Für mich jedenfalls. Es hieß in Träumen verstellte man sich nicht sondern blieb wer man war. Ich glaubte man belog sich in Träumen noch mehr als man glaubte. Und es stimmte. Alli war tot. Sie drehte sich um und ging an mir vorbei. Umdrehen konnte ich mich nicht. Also blieb ich dort. Und wartete. Die ganze Nacht.

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⏰ Last updated: Mar 09, 2017 ⏰

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