Prolog

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60 Sekunden. Nur noch 60 Sekunden bis sie ihre Freiheit erlangten,  bis sie sich so verhalten konnten, wie es ihrem Alter entspricht. 60 Sekunden bis zum Beginn der Sommerferien. Baylee kaute auf ihrer Lippe herum, stützte den Kopf auf der linken Hand ab und starrte voller Erwartung den Sekundenzeiger der Uhr an. 50 Sekunden. Ihr Blick fiel auf den Lehrer. Ein kleiner, etwas dicklicher Mann mit großen Brillengläsern und zu den Socken passender Krawatte. Er hielt seine übliche Rede, wie stolz er auf sie sei und hoffe, dass sie sich im darauf folgenden Jahr genauso sehr anstrengen würden. 40 Sekunden. Allmählich begannen die übrigen Schüler ihre Sachen einzupacken und wild umherzuplappern. Baylee konnte einige Gesprächsfetzen verstehen. Die Gedanken ihrer Mitschüler schienen sich nur um wilde Partys, Alkohol und attraktive Männer zu drehen. Sie verdrehte die Augen. 30 Sekunden. Der Lehrer sah ein, dass es keinen Sinn mehr hatte, seine Schüler bei sich zu behalten, nahm seine Bücher und wünschte allen Schülern einen schönen Sommer. 20 Sekunden. Baylee nahm ihre Tasche, schlängelte sich durch die Menschenmenge und blieb noch kurz im Türrahmen stehen. 10 Sekunden. Sie drehte sich noch einmal um. Sie betrachtete die Tische, die Plakate an der Wand und das Aquarium in der Ecke. Es läutete. Sie waren frei.

Baylee hatte das Gebäude gerade erst verlassen und spazierte durch den Wald. Die Blätter erstrahlten in einem saftigen grün und die Blumen teilten ihren Duft mit der restlichen Umgebung. Sie war glücklich. Sie konnte es kaum erwarten nach Hause zu kommen und ihr neues Buch zu lesen. Musik zu hören. Den Alltag vergessen. Hinter ihr im Gebüsch raschelte es. Sie drehte sich um und blickte in zwei große, rote Augen.

Sie schrie und wegen des Schreckens rannte sie los, rannte und rannte. Sie streifte Äste, blieb mit dem Hosenbein an vereinzelten Wurzeln hängen und riss sich die Haut an Dornen auf. Doch sie rannte weiter und es wurde dunkel. Die Bäume waren nur noch schemenhaft erkennbar und so kam es, dass Baylee an einer Wurzel hängenblieb. Sie fiel der Länge nach hin und griff sich an ihr blutiges Bein. Ihr Blick fiel auf ihren Verfolger. Zuerst sah sie die haarige Schnauze, dann die scharfen Zähne und zuletzt die blutroten Augen.

I hate you - I love you (A Twilight Fanfiction)Where stories live. Discover now