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"Wir sind da!", brüllte unser geliebter Fahrer, sobald er den Motor eine halbe Ewigkeit später abgestellt hatte. Ich hatte das Gefühl, als wären wir so lange an der Mauer entlanggefahren, bis wir fast wieder das östliche Ende erreicht hatten. Das war unfassbar.

Maxon stand vor mir auf und ich klebte mich regelrecht an seinen Rücken, um nicht in dem Gedränge verloren zu gehen. Er war meine Stütze, und ich spürte, dass auch er Trost bei mir fand.

Die Wolken hatten sich im Laufe des letzten Tages ziemlich weitläufig verzogen. Nur ab und an schwebten einige dunkle Fetzen über dem Himmel und überraschten manch einen mit Regen bei Sonnenschein. Ich blinzelte, aus wir aus dem Bus stiegen.

Hier war alles anders, das wurde uns bereits klar, als wir die Luft rochen. Da war kein Wald mehr, nichts vertrautes, nur Staub, Abgase und wilder Gerüche, die ich nicht einmal ansatzweise einem Gegenstand hätte zuordnen können.

Unser großer Fahrer gab uns kurz Zeit, auszusteigen, und sprach mit einem weißhaarigen Mann, der aus einem Gebäude geeilt kam. Es war recht klein im Vergleich zu den nebenstehenden Häusern und gelb gestrichen, mit hübschen weißen Umrandungen und Fenstern. Rechts davon sah man ein Tor mit einer Einfahrt dahinter, in der bereits zwei Autos geparkt waren. Hübsche Autos. So etwas hatte ich wirklich nur in Fotos aus unserer schlecht ausgestatteten Bezirksbibliothek gesehen, die wir ab und zu mit dem Bildungzentrum besuchten.

Drängte mich mit Maxon an die Seite der kleinen Masse aus Jugendlichen und schaute neugierig die Straße hinab.

Irgendwie schien alles so hell. Und das lag ganz sicher nicht an dem Sonnenschein.

Die Straßen waren mit hellgrauen Pflastersteinen ausgelegt, die Bürgersteige hingegen bestanden aus gelbem Sand. Der Sand war überall, ich roch ihn in der trockenen Luft, spürte ihn unter meinen Schuhen, fühlte ihn in der Luft. Einige Bäume standen in regelmäßigen Abständen in kleinen abgegrenzten Bereichen mit Erde, dunkle Flecken im gelben Bürgersteig.

Auch die restlichen Häuser schienen diese helle sommerliche Idylle zu spiegeln, denn sie waren in weiß- oder gelbtönen gehalten - vollkommen anders als bei uns, wo sie meist aus dunklem Holz und wenigen Gesteinsbrocken erbaut worden waren. Naja, andererseits lebten wir auch mitten im Wald und benutzten eben, was uns zur Verfügung stand.

"Ist das Sand?", flüsterte Maxon halb bei sich, einen erstaunten und irgendwie auch angewiderten Blick in den Irden.
Ich nickte und wandte mich wieder von ihm ab.

Die Menschen, die vorbeikamen, betrachteten uns interessiert. Sie waren meist von der Sonne gebräunt und trugen vorrangig Tuniken, bei dem ich mich sehr falsch angezogen fühlte. Sie schienen fast einer anderen Zeit anzugehören mit ihren Sommerlichen Kleidern in den verschiedensten bunten Farben.

Die Männer trugen sie auch, nur waren sie anders gebunden als die der Frauen. Und wiederum andere, von denen man aufgrund der Kapuzen kaum hätte sagen können, ob es Männer oder Frauen waren, hatten braune, beige, sattgrüne, dunkelblaue oder bordeauxrote Umhänge an.

Magier, wie ich sie auch in unserem Bezirk ab und an gesehen hatte. Nur dass sie bei uns immer Braun getragen hatten.

Eine Kutsche mit zwei Pferden fuhr klappernd an uns vorbei, der Fahrer ließ seine Peitsche unangenehm laut in der Luft klappern. Autos waren auch hier nicht sonderlich viele unterwegs, aber um Längen mehr als bei uns im Süden.

Was mich am meisten verwunderte war jedoch, dass hier keine Wachen herumstanden. Klar, ich sah einige zu zweit oder dritt auf Pferden durch die Straße reiten, aber sie schienen entweder enspannt oder vollkommen unkonzentriert zu sein, als wären sie überhaupt nicht im Dienst.

Catch Me If You CanWhere stories live. Discover now