Gott mit uns

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„Ja, sehr."

„Gestattet, wenn wir uns kurz zu Euch gesellen."

Bruder Ademar wies ihnen einen Platz auf einem gespaltenen Baumstamm mit der Hand zu.

„Voigt Arno. Ihr habt es die drei Tage, welche ich nun im Dorf bin, immer gemieden, mir die Frage zu stellen! Und ich bin mir sicher, es brennt euch, dass 'warum' zu erfahren. Warum ich mich nun doch entschlossen habe, zu Draburg zu gehen?"

„So ist es, guter Bruder. Ich dachte, wenn die Zeit reif ist dafür, so werdet ihr es preisgeben."

Bruder Ademar wandte sich Lukas zu.

„Junger Herr Lukas. Lassen wir die klare Stimme eines Kindes sprechen. Lukas, was siehst du in den Menschen hier?"

„Die Menschen hier?"

„Ja. Die Menschen, die in der Burg wohnen, die Menschen des Dorfes hier und die Menschen, welche du hier kennen gelernt hast."

„Die Menschen. Sie sind alle sehr nett. Und sehr fleißig und arbeitsam. Ich weiß nicht, ob ich es richtig sagen kann, aber die Menschen des Dorfes arbeiten hart, um am Leben zu bleiben. Wir in der Burg auch. Wer keine Wache hat oder andere Aufgaben, der schafft sein Tagwerk durch Arbeit fort. Und Arbeit gibt es genug- für die Bauern hier mit Hof und Vieh, für uns in der Burg mit Schutz und Bauen, auch dort mit den Tieren und Frau Barbara schafft über den Tag sehr viel in der Küche. Das geht Tag für Tag. Aber was mir hier an den Menschen gefällt, sie beklagen sich kaum und sind irgendwie zufrieden, glaube ich."

„Gut und ehrlich gesprochen, junger Herr Lukas. Und betet ihr viel und lobt den Herrn?"

Arno räusperte sich und lächelte seinem Sohn zu- mischte sich aber nicht ein.

„Nun ja, Herr Ademar. Am Abend betet der Vater mit uns- bevor wir uns schlafen legen. Sonst weniger, weil ja viel zu erledigen ist. Ich rede manchmal allein mit Gott, wenn ich mir über Vater oder Lisbeth Sorgen mache, oder ich darüber nachdenke, wie meine Mutter wohl war. Ich bitte den Herrn, für Mutter auch gut zu sorgen, denn sie soll eine sehr liebe und herzliche Frau gewesen sein. Und neulich erst habe ich für den Hasen gebetet, den Vater mit dem Bogen erjagt hat, als ich dabei war. Und ich habe in Halberstadt Gott für die Güte gedankt, dass er meinen Vater zum Lehnsherren hier gemacht hat, denn einen Besseren als Vater kann man sich als Voigt sicher nicht vorstellen, wenn man hier als Einfacher leben muss. Zählt das auch als Loben von Gott?"

„Lukas, du hast gut und ehrlich gesprochen. Ich denke, eine Bitte an Gott zu richten ist wichtig. Und damit zeigst du Gott, dass du fest an ihn glaubst. Und dein Glaube an Gott ist für Gott ein Lob. Ein Lob dafür, dass er für dich da sein darf – in guten und schlechten Stunden."

Lukas wirkte auf seinen Vater sehr in sich gekehrt und besonnen, als er sprach- erst recht jetzt nach Ademars guten und warm gesprochenen Worten.

„Guter Ritter Arno?"

„Ja?" Arno hoffte, das Ademar nicht zu sehr mit ihm ins Gericht ging, weil er mit seinen Kindern so wenig mit Gott sprach.

„Ihr hattet Recht. Die Menschen hier sind die Richtigen für mich und ich vielleicht auch für die Menschen hier. Die Arbeit und auch das Fürbitten und Beten bestimmen ihr einfaches Leben- wie überall im Land. Doch hier habe ich nur gute Worte gehört in diesen Tagen. Ihr fragtet nicht, warum ich jetzt zu euch kam? Ich will es euch dennoch sagen. Ich habe nachgedacht über unsere Gespräche, über eure Worte über die Siedlung und die Menschen. Ich denke, nach den Jahren der Einsamkeit ist die Zeit einfach reif gewesen, wachgerüttelt zu werden und wieder Dienst an den Menschen zu leisten. Übermorgen ist Sonntag, richtig?"

„Ja richtig." warf Lukas ein.

„Dann will ich einen ersten Gottesdienst hier draußen abhalten. Kommst du Lukas?"

„Ja sehr gern."

Arno stand auf zum Gehen. „Ich erhoffe mir, Herr Mönch, wir werden gemeinsam hier Gutes tun. Egal ob es für König, Lehnsherr oder Gott hier geht- in erster Linie ist es für uns und die Menschen eine gute Entscheidung Gottes gewesen, unsere Wege sich kreuzen zu lassen."

„Das denke ich auch, Herr Ritter!"

Arno bedeutete Lukas aus der Hütte hinaus zu treten. Lukas ging zu der Decke an der Tür und warf diese zurück.

Lukas drehte sich beim Gehen um: „Seht nur, Herr Ademar- Schneegriesel fällt. Vater seht doch!"

Arno nickte, drängte auch hinaus.

„Meinen persönlichen Dank für Eure Entscheidung, guter Mann." sagte Arno mit kurzem Innehalten an der Tür zu Bruder Ademar.

Dann trat Arno von Draburg ins Freie hinaus, der langsam kommenden kalten Nacht entgegen.

„Schneegrieseln, Lukas! Dann wird der Winter alsbald da sein!"

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