Kapitel 54

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"Glaubst du, dass es die wahre Liebe wirklich gibt?", fragt er mich, als ich in meinen Nudeln herumstocher.
Er unterbricht das Schweigen zwischen uns.
Ich schau hoch.
"Ja."
"Wieso?"
Er schaut mich erwartungsvoll an.
Das Besteck hat er zwischenzeitlich weggelegt und seine Arme überschlagen.
Ich folge ihm und möchte meine Gabel in den Teller fallen lassen.
"Nein, nein, nein. Du isst Medina."
Seine Hand drückt meine vom Teller weg.
"Wie soll ich das machen? Essen und reden?"
"Du erzählst ein bisschen und isst ein bisschen."
Ich schaue ihn verduzt an. Ich will nicht reden. Aber vielleicht... vielleicht entfernt ihn das ja von mir.
"Bitte."
Ich nicke.
Ich nehme tief Luft und schaue nochmal auf den schneebedeckten Parkplatz, bevor ich anfange.

Ich atme aus.
"Ich habe die wahre Liebe selbst erlebt."
Seine Mundwinkel ziehen sich nach oben.
Seine Haltung strahlt Interesse aus.
"Und dann?"
"Dann durfte ich einen Mann heiraten, der mir fremd war. Noch fremd ist."
"Mhh."
Er schaut gedankenverloren auf den Parkplatz.
Wir schweigen wieder. Ich frage mich was durch seinen Kopf geht.

"Möchtest du nicht die Geschichte dazu hören?", frage ich nach wenigen Sekunden fast flüsternd.
Er grinst ohne mich anzugucken.
"Ich glaube nicht."
"Wieso?"
Jetzt dreht er sich wieder zu mir.
"Ich denke, ich kann damit nicht umgehen."
"Was meinst du?"
"Zu wissen, dass du jemanden geliebt hast.. oder liebst."
"Ich verstehe nicht ganz Taulant."
"Ich bin eifersüchtig."
Er lacht dabei.
"Was ist witzig?"
"Dass ich das sage. Das.. das sieht mir nicht ähnlich. Gar nicht."
Er juckt seine Augen und schlägt sich dann die Hände über den Kopf.
Ich schaue ihn wieder verdutzt an.
Er beginnt zu grinsen.
"Weißt du eigentlich, dass das mega süß ist?"
"Was?"
"Wenn du so schaust. So ernst."
Er schaut mir tief in die Augen.
Das erinnert mich an Patrik.
Alles erinnert mich an Patrik.
Ein Mann hat Gefühle für mich, die er nicht haben sollte.
Ein Mann kämpft um mich, obwohl die Situation ausweglos scheint.
Ein junger, hübscher Mann, der sich auf eine andere Frau konzentrieren sollte. Und sich damit selbst das Leben versaut.

Er spielt mit einer Strähne in meinem Haar, während ich schweige.
Sein Parfum schießt mir entgegen, als er dann seine Hand auf mein Gesicht legt.
Ich atme tief ein und aus.
"Warum sieht dir das mit dem eifersüchtig sein nicht ähnlich?", frage ich.
In der Hoffnung, dass er sich auf seine Worte statt aufmich konzentriert.
Sein Duft macht mich irre. Ich bekomme Gänsehaut.
"Wenn ich mit Frauen zusammen war, waren sie mir irgendwie.. egal.
Merita ist mir egal. Aber du... verdammt du.. machst mich wahnsinnig.
Ich wollte noch nie etwas so sehr in meinem Leben. Noch nie. Und das schlimme ist.. ich kann so viel kämpfen wie ich will um dich. Ich bekomme dich nicht. Außer.."
Sein Hand ist nun an meinem Kinn.
"Außer?", flüster ich.
Er schüchtert mich ein. Ich bekomme zittrige Lippen.
Seine Finger streichen über meine Lippen.
Ich schlucke.
"Wir hauen ab."
Wieder Patrik.
Gänsehaut durchfährt meinen Körper.
Ich lehne mich zurück nach hinten und schocke schockiert.
"Tau-"
"- es war nur ein Gedanke Medina."
Sein Blick verändert sich. Er unterbricht mich sofort.
Ich guck ihm tief in die Augen.
"Das was wir hier tun ist falsch Taulant. Das weißt du. Wenn wir so weiter machen, entwickeln wir Gefühle für einander. Deshalb sollte das hier unser letztes Treffen zu zweit sein."
"Mhh..."
Er grinst.
Ich schaue ihn fragend an.
Er lehnt sich zu mir rüber. Sein Gesicht berührt fast meins.
Ich versuch mich zurücklehnen, doch ich bin wie erstarrt. Ich will mich nicht zurücklehnen.
Wie automatisch folgen meine Lippen seinen, als er beginnt mich zu küssen.
Ich drücke mich nicht zurück. Ich lass ihn meine Lippen schmecken. Ich lass ihn mir zu Nahe kommen.
Als er sich wieder zurücklehnt grinst er.
Seine Zunge umkreist nochmals seine Lippen.
"Medina, Medina, Medina.", flüstert er leise.
Ich sage nichts.
Mein schlechtes Gewissem beginnt sich wie ein Schleier um meinen Körper zu legen. Step by step. Mit jedem Atemzug. Ich erstarre.
Währenddessen spielt er mit meinen Fingern. Insbesondere mit meinem Ringfinger.
Ich merke wie sich der Schleier immer enger um meinen Körper schlingt.
Mir fällt die Atmung schwer. Tränen füllen meine Augen. Wo sind meine Worte hin? Wieso lasse ich das zu?
"Was ist los?"
Bevor ich was sagen kann, sitzt er neben mir.
Seine Arme sind um mich geschlungen. Wie als ich heulend im Bad saß.
Mein Gesicht liegt auf seiner Brust. Er hebt es hoch und beginnt mich zu küssen. Solange, bis ich aufhöre zu zittern.
Und wieder kann ich ihn nicht von mir losreißen.
"Du musst damit aufhören Taulant. Bitte hör damit auf."
Heiße Tränen laufen mir übers Gesicht.
"Es ist falsch. Einfach falsch."
Er schüttelt den Kopf, bevor er mein Gesicht in seine Brust drückt.
"Es nicht falsch. Liebe ist nie falsch."
Ich schüttel nur den Kopf.
Der Schleier legt sich nun auch um meinen Hals.

Als ich eine viertel Stunde später im Auto sitze, atme ich tief ein und aus. Ich bin fertig.
Taulant musste mich ins Auto tragen. Ich hatte einfach keine Kraft.

'Das Essen war super. Sie ist einfach nur schwanger.', erklärte er dem aufgeregten Personal.
Ich habe mich plötzlich übergeben müssen.
Gott sei Dank habe ich es noch ins Bad geschafft und musste den Gästen nicht ihre Mahlzeit versauen.

"Geht es?"
Er hält mir die zweite Wasserflasche entgegen.
Ich schüttel den Kopf.
"Mir ist immer noch schlecht."
Ich lege mein Hand auf den Bauch.
"Mh."
Er schaut ratlos ins Nichts.
"Ich habe mich bestimmt wegen deinem Kuss übergeben. Du solltest es echt sein lassen."
Er beginnt zu grinsen.
"Achsoooooo. So ist das also."
Ich lächel.
Plötzlich liegen seine Lippen wieder auf meinen.
Ich drücke ihn weg.
"Taulant. Verzieh dich, ich stinke."
"Krass."
"Krass?"
Er starrt mich an.
Schüttelt den Kopf, grinst und durchbohrt mich mit seinen grünen Augen.
"Du tust es schon wieder."
"Was???"
"Süß schauen.", antwortet er und küsst meine Hand.
"Taulant. Was."
"Weißt du Dina, ich werde dich aus einem sehr einfachen Grund niemals in Ruhe lassen. Niemals."
Ich kneife meine Augen zusammen.
"Du magst mich auch."
Ich lache spöttisch.
"Als wir vorhin gesprochen haben, hast du gesagt WIR müssen aufhören damit, ansonsten entwickeln WIR Gefühle füreinander.
Wir. Wir. Wir. Du sprichst nicht nur von mir."
Er grinst.
"Und dann der Kuss. Oh Gott."
Er kommt nicht klar. Seine Augen strahlen.
"Und jetzt als ich es wieder versucht habe, war dein Argument dagegen, dass du stinken könntest. Nicht, dass es falsch ist. So wie du es sonst sagst. Du hast dich verraten Madame."
Er greift nach meiner Hand.
Doch ich lass sie los und schlage ihm stattdessen ins Gesicht.
"Hör auf dir was einzubilden. Und lass mich in Ruhe.", schreie ich.
Er schaut mich schockiert an.
Gut Medina, sehr gut. Das war richtig.
Ich steige dramatisch aus, knalle die Tür zu und
laufe zum Ausgang.
Der Schnee lässt mir nicht die Möglichkeit schnell zu sein.
Und so, hat er mich schneller eingeholt, als mir lieb ist.

Das Glück trägt den falschen NamenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt