23. Das Dinner

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Wie Raven angekündigt hatte, wurde ich von ihm und seinem Bruder Elvithan am Abend abgeholt. Doch als sie das Krankenzimmer in schicken Anzügen betraten, blieb mir kurzzeitig die Luft weg. Ich wusste zwar, dass sie beide nicht schlecht aussahen. Aber dieser Anblick war so dermaßen heiß, dass ich mich ziemlich unterlegen fühlte.

Raven bemerkte meine Sorge und sagte lächelnd:,,Keine Sorge, für dich haben wir auch einen Anzug dabei. Immerhin wollen wir ja zeigen, was für einen schönen Burschen wir haben!" Bei seinen Worten wurde ich leicht rot, stand aber trotzdem auf und nahm das Kleidungsstück entgegen und verschwand mit einem leisen:,,Dankeschön", hinter den Vorhängen, um mich anzuziehen. Wobei ich froh war, dass die Brüder mir meine Privatsphäre ließen. Denn die Vorstellung, dass die beiden mich nackt oder nur halbnackt sahen, war mir aus irgendeinem Grund unangenehm. Selbst ihre Berührungen brachten mich um den Verstand.

Bevor ich mich den Vampiren zeigte, betrachtete ich mich noch einmal selbst im Spiegel. Der Anzug stand mir perfekt. Alle Maße passten und betonten meinen nicht gerade schlechten Körperbau. Das Kleidungsstück war schwarz leuchtete jedoch ab und zu dunkelblau im Licht auf. Das Hemd darunter war in schlichtem weiß gehalten, was einen guten Kontrast zu meinem schwarzen Haar darstellte. Jenes hatte ich auf der einen Seite zurückgesteckt, sodass man mein Ohr gut sehen konnte, welches von einem schlichten Piercing geziert wurde.
Zufrieden mit meinem Aussehen machte ich mich mit Raven und Elvithan auf den Weg zu dem Ort, wo das Dinner stattfinden sollte.

Es stellte sich heraus, dass das Dinner im Zentrum des Gartens unter einem hübschen Pavillon veranstaltet wurde. Allein der Weg zu diesem wurde von vielen Kerzenständern begleitet, die rechts und links aufgebaut waren und den Weg durch die Nacht erleuchteten. Als wir schließlich am Pavillon ankamen, wurde die Beleuchtung heller und umfangreicher. Musik im klassischen Stil erfüllte die Luft und schaffte eine entspannte Atmosphäre. Staunend sah ich mich um. Überall sah man Sträußer von weißen Rosen, die dem Ort etwas mystisches verlieh und ihn selbst in der Nacht scheinen ließ.

Vor dem Pavillon befand sich eine große Tanzfläche, die man nutzen konnte, während im hinteren Teil (also im inneren des Pavillons) ein großer Tisch mit allen möglichen Mahlzeiten vorbereiten war.
Ich kam mir so vor, als hätte man mich ins Mittelalter geschleudert, wo ich nun gemeinsam mit dem Adel speisen durfte.

Als mein Blick durch die Menge streifte, entdeckte ich viele bekannte Gesichter. Doch nicht diejenigen, die ich suchte. ,,Wenn du deinen Freund suchst, der wird am seperaten Tisch sitzen", las Raven meinen Blick und deutete mir den Weg. Ich wandte sogleich in die gezeigte Richtung um und entdeckte somit einen schmalen Weg, der nicht beleuchtet war und vom eigentlichen Geschehen wegführte. Fragend sah ich zu Raven, doch bevor jener antworten konnte, kam ihm Elvithan zuvor:,, Die besonderen Gäste, also wir Söhne des Urvampirs und unser Vater Vladimir Schechin haben einen extra Tisch abseits der Veranstaltung der Durchschnittsadligen."

Als wäre dies selbstverständlich, schritt Elvithan voraus. Ich folgte ihm und Raven bildete somit den Schluss. Während wir den dunklen Weg entlangliefen, verharrte mein Blick auf Elvithans Rücken, an dem man deutlich seine Muskeln erkennen konnte. Die ihn männlicher wirken ließen.

Wegen der Stille vetrieb ich mir meine Zeit in Gedanken, wobei jene sich diesmal um Elvithan drehten.

Ob die Zähmung ihn ebenfalls in irgendeiner Art und Weise verändert hat?

Ob er sich nur so grob und gemein gab, um niemanden sein Herz offenbaren zu müssen? Um selbst  nicht verletzt zu werden?

Ob er innerlich einfach nur schrecklich einsam war?

Lange konnte ich mir keine Antworten auf meine Fragen machen, da Elvithan stehen blieb und mir somit zeigte, dass wir angekommen waren. Ich luckte über seine Schulter hinweg und sah einen See, dessen Oberfläche das Licht des Mondes reflektierte. In mitten des Sees war eine kleine Insel, die mit Hilfe einer Brücke mit dem Land verbunden war. Wir betraten das hölzernde Bauwerk und kamen der Insel immer näher. Auf dem Weg dorthin, sah ich über den Rand der Brücke hinein ins tiefe Blau des Sees, wo ich einige bunte Fische erkennen konnte.

Als wir schließlich die Brücke überwunden hatten, kamen wir an der kleinen Insel an. In mitten dieser befand sich ein runder Tisch mit vielen Stühlen. Auch jenem mangelte es nicht an Speisen. Als Getrank gab es eine rötliche Flüssigkeit, wobei ich mir schon denken konnte, worum es sich bei dieser handelte.

Da ich zusehr darin vertieft war, meine Umgebung zu bewundern, merkte ich auch gar nicht, dass ich nicht alleine war. Dorian saß mit seinem Vater schon am Tisch und trank aus einem der Weingläser. Da sie beide nicht meine Anwesenheit merkten oder sie bewusst ignorierten, galt meine Aufmerksamkeit vollends Andrew, der etwas abseits vom Tisch saß. Sein Rücken war mir zugewandt, während seine Füße vom Rand der Insel hinab ins kühle Nass des Sees baumelten.

Ich sah kurz zu Raven und Elvithan herüber, die mir zu Verwunderung 'beide' ein Nicken gaben, was ich somit als Erlaubnis auffasste. Sofort setzte ich mich in Bewegung, um so schnell wie möglich bei meinem besten Freund anzukommen. Ohne lang zu überlegen, kniete ich mich hinter ihn und umarmte ihn stürmisch. Andrew schreckte kurz auf, doch als er zurückblickte und mich erkannte, hellte sich seine Miene sofort auf und er entspannte sich wieder. Tränen bildeten sich in seinen Augen. Mir erging es dabei nicht anders.

,,Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht!", flüsterte ich und versteckte mein Gesicht in seinem Nacken, um seinen Duft einzuziehen. Um ihn festzuhalten. Für diesen Moment.

Eine Weile verharrten wir in dieser Position und wurden zum Glück nicht von anderen dabei gestört. Nachdem ich mich dann wieder beruhigt hatte, wischte ich mir meine Tränen weg. Andrew schien jedoch nicht mit seinem Tränenschwall aufhören zu wollen. Stattdessen wurden es nur noch mehr. Verwundert versuchte ich ihn mit Worten zu beruhigen. Doch auch dies brachte nichts.

,,Was hast du denn?", fragte ich nun deutlich besorgt und sah die Trauer in seinem Augem aufblitzen.
Er wollte mir antworten, doch brachte nur unverständliche Laute von sich. Dabei wurden seine Augen noch angeschwollener und rötlicher als ohnehin schon. Er hat anscheinend in letzter Zeit viel weinen müssen.

Ich redete immer wieder auf ihn ein. Doch er antwortete mir nicht ein einziges Mal. Langsam machte sich eine Panik in mir breit, die ich bis jetzt nicht kannte.

Andrew schien meine Sorge zu bemerken, da er mir ein aufgesetzten Lächeln schenkte, damit ich mir nicht noch mehr Gedanken über ihn machte. Doch als ich sah, was ihm angetan wurde, nahm mich mein Zorn voll und ganz ein.

Bisse voller LeidenschaftWhere stories live. Discover now