29 ▪️Du bist ja noch da

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▪️ 7 . September 2016▪️

Etwas verschlafen öffne ich die Augen und seufze. Ich habe es wirklich schon wieder getan. Mit Harry geschlafen, ohne großartig darüber nach zu denken.

Der Typ schafft es einfach, dass sich mein Kopf komplett abstellt. Er weckt Gefühle und Sehnsüchte in mir, die ich bisher einfach nicht kannte. Es liegt wahrscheinlich auch daran, dass Harry glaube ich ganz genau weiß was er tut, die Führung bis zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt übernimmt und dabei ganz genau weiß, welche Dinge er tun muss um mich gut fühlen zu lassen und es gleichzeitig auch zulässt, dass ich diesen Part übernehmen kann, auch wenn ich mir ziemlich sicher bin nicht mal einen halb so guten Job zu machen.
Es ist bei weitem nicht so, dass ich völlig unerfahren bin, auch wenn sich die Zahl der Typen mit den ich bisher geschlafen habe an einer Hand abzählen lässt und bisher konnte und wollte ich mich auch nicht beschweren, aber wenn ich die letzten beiden male mit Harry mit denen davor vergleiche, muss ich echt zugeben, dass der Spaß auf meiner Seite bei den anderen Typen definitiv auf der Strecke geblieben ist.

Ich strecke mich und bemerke direkt, dass Harry nicht mehr im Bett ist. Ruckartig setze ich mich auf und mache das kleine Licht am Bett an, bloß um festzustellen, dass er wirklich weg ist. Ziemlich große Enttäuschung macht sich in mir breit. Kann es wirklich sein, dass ich mich so sehr in den Sänger getäuscht habe? Ist er wirklich so ein Arschloch und hat sich aus dem Staub gemacht, nachdem ich ziemlich erschöpft eingeschlafen bin? Hat er mir nicht versichert, dass er definitiv nicht deswegen hier ist? Das er eigentlich mit mir reden wollte?

Ich schaue auf die Uhr an meiner Wand. Eigentlich ist halb sechs viel zu früh um an einem Samstag aufzustehen, aber ich bin wach. Verletzt und Enttäuscht. Also ist an Schlaf eh nicht mehr zu denken. Ich sollte aufstehen, duschen gehen, ein paar Sachen zusammen packen und dann doch Jen und Juls hinter fahren. Ihre Familien wohnen schon immer Nebeneinander und haben schon viel miteinander gemacht und mich immer mit offenen Armen empfangen, weswegen es wohl kein Problem sein wird. Ich schwinge meine Beine aus den Bett und suche mein Schlafshirt, welches vor ein paar Stunden achtlos auf dem Boden geworfen wurde und öffne dann meine Zimmertür.

Etwas überrascht bleibe ich stehen, weil ich Harry auf der Couch sitzen sehe. Als er mich hört, dreht er sich um und lächelt mich an. "Hey, lass uns später noch mal telefonieren ja?", gibt er von sich und erst jetzt fällt mir auf, dass er sein Handy am Ohr hat. "Ja genau so ist es.....Ich gebe mir Mühe.....Okay bis dann."

"Na, ausgeschlafen?", will er von mir wissen und legt sein Handy auf dem Tisch. "Du bist ja noch da.", entweicht es mir. Er runzelt die Stirn und steht langsam auf. "Ja das bin ich. Willst du das ich gehe?", fragt er mich. Energisch schüttle ich den Kopf. "Nein, nicht....Ich dachte bloß....naja... Weil....du nicht mehr da warst....", ich stocke, weil sich das selbst für mich grade total lächerlich anhört. Harry verschränkt die Finger unserer beiden Hände miteinander. "Ich bin nicht so einer, der nach dem Sex einfach abhaut.", lässt er mich wissen. "Das ist gut.", kommt es von mir und ich runzle die Stirn. Das ist gut? Ich höre ihn leise lachen, habe aber definitiv nicht das Gefühl, dass er sich lustig über mich macht. "Ich konnte nicht mehr schlafen und hatte ein wenig Angst, dass ich dich auch wecke - es war nämlich wirklich schwer, die Finger von dir zu lassen.", erklärt er mir nun. Ich schaue zu ihm hoch. "Darf ich dich etwas fragen?" Er nickt. "Was machst du hier? Warum bist du nicht mehr in Südamerika?", will ich von ihm wissen, auch wenn es grade absolut nicht in die Situation passt.

"Mir hat das reisen kein Spaß mehr gemacht." Etwas skeptisch schaue ich ihn an. "Aber wieso?" Schelmisch grinst er mich an. "Naja, allein reisen macht eben weniger Spaß als wenn man zu zweit ist." Ich runzle wieder die Stirn, löse unsere Hände voneinander und gehe ein Stück zurück ehe ich die Arme vor der Brust verschränke. "Du bist vorher auch schon eine ganze Weile alleine gereist." Er nickt. "Ja ich weiß. Eigentlich hatte ich auch vor ein paar Wochen länger durch zu halten, aber um ehrlich zu sein wurde es immer nebensächlicher und ich habe immer mehr an dich gedacht.", erklärt er mir nun. Ein schlechtes Gewissen macht sich in mir breit. Ist es meine schuld, dass er seine Reise unterbrochen hat? "Amilia.", höre ich ihn sagen und schaue auf. "Ich habe dich wirklich vermisst. Anfangs habe ich versucht es zu ignorieren und mir vorgenommen, mir wenigstens Brasilien in ruhe anzuschauen, aber es ging nicht - schon gar nicht als ich das Gefühl hatte, dass du dich immer mehr zurück ziehst.", lässt er mich nun wissen. "Tut mir Leid.", gebe ich reuhevoll von mir. "Muss es nicht. Egal, was du jetzt meintest. Ich bereue weder das wir miteinander geschlafen haben, noch das ich schon viel früher als geplant wieder zurück bin. Oder bereust du etwas?" Ich schüttle den Kopf. "Nein, weder das in Brasilien noch das hier, auch wenn es wirklich eigentlich nicht meine Art ist.", versichere ich ihn. "Na das ist doch schon mal gut.", entgenet er und streicht mir ein paar Strähnen hinters Ohr, bloß damit seine warme Hand an meiner Wange verweilt, er mit deinen Daumen kurz über diese zu streichen und mir einen kurzen, sanften Kuss auf die Lippen haucht.

"Und was bedeutet das ganze jetzt für uns? Ich mein, fliegst du morgen oder in naher Zukunft wieder zurück nach Brasilien oder wohin auch immer? Es ist doch schließlich dein Traum die Welt zu sehen ohne diesen ganzen Tour und Termin Stress zu haben.", prustet es aus mir heraus, weil es einfach einiges zu klären gibt. "Also ich kann nur für mich sprechen und dir sagen, dass ich für meinen Teil gerne schauen würde wohin das mir uns noch führt. Ich gebe es echt ungern zu, aber meine Mum hatte recht, als sie vor ein paar Tagen meinte, dass du mir ziemlich den Kopf verdreht hast." Ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Du redest mit deiner Mutter über mich?", hake ich überrascht nach. "Ja natürlich. Sie und ich flegen ein sehr innigen Kontakt. Sie wusste, dass wir beide unterwegs sind und auch das du vor gut zwei Wochen wieder zurück geflogen bist. Natürlich habe ich ihr nicht gesagt, dass wir miteinander geschlafen haben, aber das ich mich nicht mehr so wohl fühle, seit du nicht mehr da bist, mich nicht aufraffen kann um mir etwas anzusehen und es aber genauso wenig Spaß macht, einfach nur im Zimmer zu bleiben. Darauf meinte sie «Harry, dieses Mädchen hat dir gehörig den Kopf verdreht und du wärst schön doof, die Gefahr einzugehen das jemand anderes sie die vor der Nase weg schnappt.» Und sie hat recht." Ich merke wie meine Wangen ein wenig rot werde.
"Und das reisen läuft mir schon nicht weg.", setzt er nach, nachdem ich nichts erwidert habe.

"Du wirst es aber sicherlich früher oder später bereuen, meinst du nicht?" Er schüttelt den Kopf. "Nein ich denke nicht. Andersrum wäre es wahrscheinlich viel eher gewesen, wenn ich die Chance hier zu sein nicht genutzt hätte, denn ich merke doch ganz genau, dass es bei dir nicht anders aussieht, oder irre ich mich da?" Diesmal schüttle ich den Kopf. "Also bist du auch dafür, dass wir schauen wohin das mit uns führt?", bohrt er nach als ich nicht vernünftig Antworte. Ich schaue zu ihm und beiße mir auf die Lippen. "Nur wenn du es ehrlich meinst und nicht nur auf Spaß aus bist, denn auch wenn wir schon zwei Mal miteinander geschlafen haben, bin ich eigentlich niemand die nur deswegen Zeit mit jemanden verbringt.", lasse ich ihn wissen, auch wenn es vielleicht total scheiße rüber kommt. "Amilia, wenn ich es nicht ernst meinen würde, dann wäre ich nicht hier.", versichert er mir.

Ich nicke. "Okay, wie wäre es mit Frühstück? Auch wenn es noch ziemlich früh ist.", schlage ich vor. "Gute Idee. Ist es okay, wenn ich vorher eben duschen gehe?", will er von mir wissen. "Sicher das Badezimmer ist...." - "Hier vorne.", beendet er meinen Satz und zeigt tatsächlich auf die richtige Tür. "Wie gesagt, ich bin schon etwas auf und wollte auch sicherlich nicht schnüffeln, aber ich musste mal.", erklärt er sich. "Schon gut.", winke ich ab und lächle ihn an. Er geht zu seinem Rucksack und holt sich ein paar frische Sachen und Shampoo raus. Bevor er jedoch ins Badezimmer verschwindet, kommt er nochmal zu mir und verwickelt mich in einen langen sanften Kuss. "Es ist eine Schande, dass wir unsere Anziehung erst so spät bemerkt haben, findest du nicht?" "Mhm.", ist das einzige was ich in meinem benebelten Zustand noch heraus bringe. "Ich beeile mich versprochen, aber du könntest auch mitkommen, wenn du willst.", entgegnet er etwas belustigt. Schnell schüttle ich den Kopf, ich glaube ich brauche erst mal eine kurze Pause, von seiner Nähe und Berührungen - damit ich mal wieder etwas klarer denken kann. "Ich kümmere mich ums Frühstücken und werde versuchen dich mit meinen Künsten nicht gleich wieder zu vergraule." "Ach ich glaube nicht das das passiert." Er drückt mir noch ein kurzen Kuss aufs Haar, bevor er ins Badezimmer verschwindet. "Warte kurz, ich hole eben meine Zahnbürste.", halte ich ihn noch auf und quetsche mich an ihm vorbei. "Ich kann auch eben warten." "Quatsch, an Juls Zimmer grenzt ein kleines Gästebadezimmer, ich gehe dort hin.", lasse ich ihn wissen, hole mir meine Zahnbürste und öffne den Schrank unter dem Waschbecken um für Harry ein paar frische Handtücher heraus zu holen. Ich lege sie auf den geschlossenen Klodeckel, drehe mich um und verlasse das Badezimmer. Lächelnd drehe ich mich noch mal zu Harry um, um dann Juls Zimmer Tür zu öffnen. "Und du willst wirklich nicht mitkommen? Ganz ungezwungen?", hakt er noch mal nach, allerdings bleibe ich bei meiner Meinung und schüttle wieder den Kopf. "Vielleicht nächste mal." "Na ich hoffe doch."

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