Kapitel 17 - Augen ohne Liebe

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~Sabrina~

»Alice aus dem Wunderland?«, fragte Sabrina mit gespieltem Interesse. Sie hasste diese Geschichte. Die fette Raupe, eine Königin, die allem und jedem den Kopf abschlug, eine unsichtbare Katze, die aussah wie eine rosa gestreifte Socke mit Riesenaugen... Was war daran bitte so toll?
Das blonde Mädchen in dem blauen Rüschenkleid nickte stolz.
»Eigentlich ist es ja nicht wirklich ein Land. Es ist eine Insel. Sie ist wirklich schön, aber auch etwas gefährlich. Trotzdem solltest du sie dir einmal ansehen. Ich empfehle dir eine Reise auf den Himmelswalen. Der nächste Nebelhafen liegt irgendwo zwischen den Vagen Sümpfen und den Windwäldern im Süden dieses Kontinents. Leider werden die Nebelhäfen im Moment nicht genutzt, da die Himmel heute nicht mehr so sicher sind, wie sie einmal waren. Immer dieser Krieg...«, seufzte Alice und nippte gedankenverloren an ihrem Tee.
Sabrina wurde das langsam etwas zu eigenartig und sie zog sich zurück. Diese Alice plapperte ja wirklich lauter Unsinn!
Sie blickte sich suchend um. Am anderen Ende des Saals stand Mile mit Red. Red sah umwerfend aus mit ihrem altmodischen, knallroten Kleid. Sabrina winkte kurz und tauchte wieder in der Menge unter.
Sie wich einem betrunkenen Wasserlurch aus, dessen fischige Lippen zu einem Kuss verzogen waren und krachte in einen anderen Gast.
»Oh, Entschuldigung!«, keuchte sie erschrocken. Die Person drehte sich um.
Es war Eril.
Er sah natürlich extrem gut aus. Natürlich, denn hier war ja alles wie im Märchen...
Seine braunen Haare waren verwuschelt. Die blaugrauen Augen leuchteten. Er steckte in einem ähnlichen Frack wie Mile, nur das seiner einen roten Kragen hatte und auf seine Brust ein fliegender Drache gestickt war. An seinem rechten Ohr hing ein Ring aus einem grünen, metallähnlichem Stoff, den Sabrina nicht kannte.
»Sabrina! Da bist du ja! Hast du mich gesucht? Ich dachte, du wärst noch immer sauer auf mich!«, rief er und umarmte sie stürmisch, fast ein wenig aufdringlich...
Sabrina blieb die Luft weg.
Einerseits, weil er sie fast zerquetschte, andererseits weil ihr Herz fast stehen blieb.
Er roch gut. Nach Wald und Himmel.
Sabrina entspannte sich und sog seinen Duft ein.
Viel zu früh löste er sich wieder vom ihr, doch seine Hände blieben auf ihren Schulten liegen.
Eril musterte sie eindringlich. Sabrina konnte nicht verhindern, dass sie leicht rot anlief.
»Du bist wunderschön«, sagte er feierlich, nahm sie an der Hand und zog sie mit sich.
»Was tust du, Eril?«, fragte Sabrina, sobald sie ihre Sprache wieder gefunden hatte.
Eril lachte und drehte sich fröhlich zu ihr um.
»Lass uns tanzen!«, rief er und strahlte über das ganze Gesicht.
Wieder hörte Sabrina Arillis Stimme: »Du musst dir im Klaren sein was du empfindest, ob du etwas für ihn empfindest... Vertraue ihm nicht...«
Sabrina schüttelte den bösen Gedanken ab.
Stattdessen sah sie Eril an. Sein schönes Gesicht hatte sich zu einem hinreissendem, schiefen Lächeln verzogen.
Nun konnte Sabrina die Musik durch das Gemurmel der Gäste hören. Die Musik wurde immer lauter.
Eine schnelle und fröhliche Melodie.
Sabrina hielt nach den Musikern Ausschau, sah aber nichts.
»Wo kommt die Musik her?«, fragte sie erstaunt.
Eril grinste.
»Sieh nach oben!«
Sabrina legte den Kopf in den Nacken und starrte hinauf, zu dem Kuppeldach aus Buntglas. Bei Tag musste es wunderschön aussehen!
Doch was Sabrinas Aufmerksamkeit auf sich zog und sie in ein fassungsloses Staunen versetzte, war etwas anderes.
An der Decke schwebten unzählige, kleine, goldene Musikinstrumente. Ohne dass sie jemand zu spielen schien, machten die Instrumente eine wunderbare Musik. Sabrina lachte begeistert auf. Diese Welt war so unglaublich!
»Sie werden mit Feenstaub bestäubt«, flüsterte Eril, als er ihren begeisterten Blick sah.
Eril zog sie auf die Tanzfläche, auf der schon einige Rebellen das Tanzbein schwangen.
Eril legte seine Hände auf ihre Hüften und wirbelte sie durch die Luft. Sabrina war eigentlich keine gute Tänzerin. Das musste sie laut Mile von ihrem Vater geerbt haben, denn auch er hatte zwei linke Füsse.
Doch mit Eril war es anders. Er führte. Er hielt sie ganz fest und lies sie durch den Saal gleiten, als hätte er nie etwas anderes getan. Sabrina flog und drehte sich über die Tanzfläche.
Und dann war das Lied zu Ende und Eril küsste sie...
Sabrina vergass die Welt um sich herum. In ihr drinnen tobte ein Wirrwarr der Gefühle. Der eine Teil von ihr wollte nicht, dass es aufhörte, liebte Eril, vertraute ihm mit geschlossenen Augen. Doch der andere Teil schrie. Er schrie, er solle aufhören, sie solle sich losreissen. Irgendetwas stimmte mit Eril nicht. Sie spürte es. Eril hatte etwas an sich, das sie abschreckte. Instinktiv hatte sie dieses schlechte Gefühl, das sich einfach nicht abschütteln liess. Wo Licht ist, ist auch Schatten...
Was wusste sie schon von diesem Elf? Sie kannte ihn nicht! Auch wenn er charmant, freundlich und gutaussehend war, wieso sollte sie ihm blind vertrauen?
Sie hatte schlicht kein gutes Gefühl bei Eril. Doch trotzdem wehrte sie sich nicht.
Sie verbannte die schlimmen Gedanken und konzentrierte sich auf den Kuss. Sie schloss die Augen.
Wieso? Wer bist du wirklich, Eril?
Nach einer Weile konnte sie nicht anders und öffnete die Lider einen Spalt weit.
In der blaugrauen Iris spiegelten sich die Lichter des Kronleuchters. Erils Blick war glasig. Seine Augen waren weit aufgerissen und abwesend, als blicke er in weite Ferne...
Das versetzte ihrem Herz einen Stich und schnell schloss Sabrina ihre Augen wieder, bevor der Elf bemerken konnte, dass sie ihn beobachtet hatte.


~Mile~

Mile starrte auf die Tanzfläche. Sabrina!
Er löste sich aus seiner Starre und ging auf den Elf zu.
Eril hatte die Arme um seine kleine Schwester geschlungen. Er küsste sie, dieser Mistkerl!
»Ich bitte alle Gäste um Aufmerksamkeit!«
Sabrina öffnete die Augen, als erwache sie aus einem Traum. Sie sah den Elf an.
Auf einmal riss sie sich los und stürmte von der Tanzfläche. Ihre blonden Haare verschwanden in der Menge.
Mile blieb stehen.
Eril, blieb verwirrt auf der Tanzfläche zurück und starrte Sabrina entgeistert nach.
Mile streckte seine Hand aus, um Eril an der Schulter zu packen, doch etwas schob sich dazwischen... Red stellte sich ihm in den Weg, legte einen Finger auf ihre Lippen und zog ihn mit sich, weg von Eril.
»Was soll denn das?«, fragte sie aufgebracht. Ihre Augen blitzten. Sie war sauer.
»Dieser Lümmel hat meine Schwester...«, begann er verwirrt, doch Red unterbrach ihn.
»Geküsst, ja! Und du? Du hast mich doch auch schon geküsst! Was ist der Unterschied?«, fauchte sie.
»Aber ich weiss, was ich tue!«
»Und Sabrina nicht?«, keifte Red. »Wieso sollte sie nicht geküsst werden? Sie ist ein hübsches Mädchen! Und dazu die Eisprinzessin! Weisst du, was das bedeutet? Sie ist mächtiger als dieser Elf und sein Drache zusammen! Sie könnte mit etwas Übung diese ganze Welt in eine Eiswüste verwandeln!«
Mile machte den Mund auf, um ihr zu widersprechen, da donnerte erneut die Stimme des Königs durch den Saal.
»Jetzt ist aber Ruhe! Ich habe etwas zu sagen!«
Alle verstummten und drehten sich zu dem Thron um.
Der goldene Sessel stand auf einer Bühne. An den Wänden hingen mehrere Wandteppiche. Links hing ein leuchtend roter Teppich, in deren Mitte eine goldene Sonne zu erkennen war. In der Sonne sassen sechs rote Punkte.
Rechts hing ein dunkelblauer Teppich. In ihm blitzte eine silberne Mondsichel. Auch in dem Mond sassen sechs blaue Punkte.
Die Flaggen sahen genau aus, wie Sabrinas Medaillon und Miles Kompass!
Der Wandteppich in der Mitte musste das gemeinsame Wappen der Herrscher der Gezeiten sein. Es war ein schwarzer Rabe auf schneeweissem Grund. Der Rabe hatte die Flügel weit ausgebreitet. In seinem Schnabel lag eine rote Rose und in seinen Krallen trug er eine goldene Krone. Die Augen des Raben waren durch eine Sonne und einen Mond ersetzt. Unter dem Raben war in silberner Schrift etwas eingestickt.
Auf der Bühne standen zwei Throne. Auf dem rechtem Thron sass eine schöne Frau in einem prächtigen Kleid. Auf ihrem Kopf lag ein goldenes, edelsteinbesetztes Diadem. Die Königin und ehemalige Prinzessin aus dem König Drosselbart Märchen.
Der König stand vor seinem Thron. Er hatte seine goldene Rüstung abgelegt und sie durch einen roten Samtumhang eingetauscht. Darunter trug er eine weisse Uniform. Auf seinem Kopf trug er eine goldene Krone, die mit Diamanten und Edelsteinen besetzt war.
Mile hörte Orion, der einige Meter rechts von ihm stand, stolz knurren: »Zwergenarbeit. Eines Königs würdig.«
Der König liess seinen Blick über die Menge schweifen.
»Liebe Rebellen, liebe Könige, Königinnen, Prinzen, Prinzessinnen, liebe Wasserlurche, Vampire, Wehrwölfe, Drachenreiter, Drachen, und natürlich alle anderen Märchenfiguren, ich begrüsse sie alle zu diesem Ball, der zu Ehren unserer geliebten Herrscher einberufen wurde.
Die Eisprinzessin und der Lichterlord haben uns trotz ihres Todes nicht allein gelassen. Sie haben uns ihre Kinder geschenkt. Sabrina und Mile Beltran!«, grölte er.
Die Rebellen jubelten. Sie warfen Mile bewundernde Blicke zu und strahlten ihn an.
Doch Mile fühlte sich nicht wohl. Er wollte wissen, wo seine Schwester war!
»Feiern wir unsere Retter!«, brüllte Orion und klopfte Mile aufmunternd auf den Rücken, wobei der Zwerg sich auf die Zehenspitzen stellen musste.
Die Menge jubelte erneut und die schwebenden Musikinstrumente liessen erneut ihre unbeschwerte, fröhliche Melodie durch den Saal klingen.
Etwas zog an Miles Frack. Der junge Herrscher blickte verwirrt nach unten.
Vor ihm stand eine Katze. Eine rabenschwarze Katze. Eine schwarze Katze, die einen roten Hut, mit einer weissen Feder, einen roten Umhang, einen schwarzen Gürtel, an dem ein Degen hing und zwei lederne Stiefel trug.
Mile blieb der Mund offen stehen.
Die Katze verbeugte sich mit wehendem Umhang und klimperndem Degen.
»Mein Herrscher, darf ich Euch einen Moment um Eure Aufmerksamkeit bitten?«, fragte die Katze mit blitzend grünen Augen.
»Du bist der gestiefelte Kater!«, platzte es aus Mile heraus. Dieses Märchen war eines seiner Liebsten.
Der Kater schnurrte vergnügt.
»Für Euch heiße ich Katmo. Diese Märchennamen sind einfach zu umständlich«, meinte der Kater und blinzelte Red wissend an.
»Was willst du denn, Katerchen?«, fragte Red belustigt. Sie schien Katmo bereits zu kennen.
Katmo fauchte. Dann zeigte er Red die kalte Schulter und richtete seine grünen Augen auf Mile.
»Würdet Ihr mich bitte begleiten? Zwar ist das Fest noch nicht vorbei, doch der Rat drängt. Die Rebellen haben sich zu lange hinter ihren Mauern verschanzt, haben zu viele Niederlagen einstecken müssen. Sie können es kaum noch abwarten, zurück zu schlagen.«
Katmo schnurrte.
Mile nickte und seufzte: »Gut. Auf in den Kampf!«


Uralte Fassung (1): Twos - Die Prophezeiung von Feuer und EisWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu