Kapitel 13 - Von Verrückten und dem Labyrinth

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~Mile~

Mile starrte den morschen Baumstumpf an.
»Das soll die Geheimtür zum Zwergenlabyrinth sein? Ein halb verrotteter Baumstumpf?«
Red neben ihm lachte heiter.
»Nicht alles muss märchenhaft geheimnisvoll aussehen!«, kicherte sie und grinste ihn an.
Miles Herz schien den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als wild gegen seine Brust zu hämmern. Er fühlte sich so... Elektrisiert! Dabei kannte er Red doch erst seit gestern!
»Pass gut auf, junger Herrscher!«, brummte der Doc und trat gegen das morsche Holz des Baumstammes. Das Holz knirschte und der Baumstumpf erwachte zum Leben.
Er zog die alten Wurzeln aus dem Boden und ein grosses, dunkles Loch tat sich im Boden auf.
Einer nach dem anderen sprangen die Zwerge hinein. Dopey half Sabrina, wobei er fast selbst Kopf voran in das Loch gekippt wäre.
Zuletzt standen Mile und Red allein draussen.
Mile ging auf das Loch zu, da packte ihm etwas am Ärmel.
Mile blieb stocksteif stehen.
Schwarzes Haar berührte seine Wange und kitzelte ihn im Ohr.
»Warte kurz! Ich möchte etwas versuchen!«, hauchte Red ihm ins Ohr. Sie war ihm sehr, sehr nahe.
Sein Herz hämmerte wie wild.
Red lief um ihn herum, dann stand sie vor ihm.
Ihre Augen leuchteten vor Aufregung.
Sie legte ihre Hände auf seine Brust. Red atmete schwer.
Er legte seine Hände an ihre Taille.
Die ihren wanderten hinauf zu seinem Hals. Sie schloss die Augen. Dann packte sie den Kragen seiner Jacke und zog ihn zu sich hinunter.
Sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen.
Dicht vor seinen Lippen hielt sie inne. Er spürte ihren heissen Atem auf seiner Haut.
»Es ist... Verrückt! Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so ist wie du! Ich weiss nicht wieso, aber irgendwie...«
»Ich weiss... Es ist unmöglich. Wir kennen uns nicht. Wollen wir nicht... Keine Ahnung... Es langsam angehen?«
Red lächelte ihn an.
»Du bist so jung. Ich lebe schon seit Jahrhunderten. Ich habe so oft so lange gewartet. Alles verliert seine Bedeutung, denn die Zeit ist für eine Märchenfigur nichts Besonderes. Alles was zählt, ist der Moment. Das Jetzt. Und wieso warten, wenn uns die Ewigkeit gehört?«
»Red«, hauchte er und er liess sich ihren Namen auf der Zunge zergehen, »Entweder küsst du mich jetzt, oder wir müssen das ganze hier jetzt verschieben, denn die Zwerge warten auf uns.«
Und dann küsste sie ihn.
Ihre Lippen schmeckten gut.
Sie liess seinen Kragen los und vergrub ihre Hände in seinem Haar.
Er zog sie näher an sich heran.
»Ääähm... Ich will euch ja nicht stören, aber der Doc sagt, wir müssen los!«
Sneezys Stimme schallte durch den Wald.
Sofort lösten sich die Beiden voneinander. Sie liefen tomatenrot an.
Sneezy verschwand wieder im Loch.
»Dann sollten wir sie wohl nicht mehr zu lange warten lassen, oder?«, fragte Red und lächelte ihn schüchtern an.
Mile zwinkerte ihr zu und nickte.
Red huschte Sneezy hinterher.
Mile schritt langsam auf das Loch zu.
Noch immer spürte er ihre heissen Lippen auf seinem Mund.
Ja, es war verrückt!
Konnte man sich während nur einem Tag in jemanden verlieben? Andererseits... Hier, in dieser Welt schien alles möglich zu sein! Märchen existierten, wieso also nicht auch die berühmte Liebe auf den ersten Blick?


Miles Flammen tanzten in dem schmalen Gang. Schwerelos flackerte sein goldenes Feuer über den Köpfen der Zwerge.
»Dein Feuer ist so wunderschön. Die Flammen deines Vaters waren anders. Seines war eher orangen. Aber deines sieht aus wie Gold!«, flüsterte Red.
Ihre zierliche, warme Hand lag in der seinen.
»Wieso warst du gestern so abweisend? Erst als dir klar wurde, dass die Herrscher meine Eltern waren, hast du mich wieder angesehen. Davor bist du meinem Blick ausgewichen und hast mich behandelt wie einen Aussätzigen«, brummte Mile.
Red lief rot an.
»Deine Eltern... Ich dachte, ihr währt sie...«, murrte sie verlegen.
»Du dachtest, Sabrina und ich währen ein Paar?«, kicherte er leise.
Red nickte verlegen.
Das Geschnatter der Zwerge übertönte zwar ihr Getuschel, doch Mile wusste, Sabrina hatte Ohren wie ein Lux. Er wollte noch nicht, dass Sabrina jetzt schon von ihnen wusste.
Der Moment gehörte allein ihnen.


~Sabrina~

Das Zwergenlabyrinth war dunkel und stickig. Dank Grumpys Geschichten glaubte Sabrina nun, hinter jeder Ecke einen Vampyr, Nekromaner oder schlimmeres zu sehen.
Und was sie noch viel mehr in den Wahnsinn trieb, war Red.
Sie hielt Händchen mit Mile und sie tuschelten die ganze Zeit vor sich hin!
Was war vorher da draussen passiert?
Sie hatte Sneezy so lange bearbeiten können, wie sie wollte, er hatte nichts ausgespuckt.
Ausser ein paar Niesern und einem vielsagendem Lächeln hatte sie nichts aus ihm herausbekommen.
Sie waren nun schon Stunden unterwegs und es war einfach nur grässlich!
Es war dunkel, stickig und extrem langweilig!
»Doc? Wie lange dauert es denn noch?«, quengelte sie, obwohl sie die Antwort schon kannte.
Der Doc verdrehte die Augen.
»Eisprinzessin, ich habe doch schon tausend mal gesagt, dass wir in wenigen Minuten eintreffen werden, vorausgesetzt...«
Seine Belehrungen nahmen ein jähes Ende, als ein tiefes Grollen durch die Gänge donnerte.


~Mile~

Alle hielten mitten in der Bewegung inne.
Mile drehte sich um und liess Reds Hand los.
»Was war das?«, zischte er und seine Augen zuckten nervös durch den Gang.
Grumpy knurrte: »Höhlenassel. Sieht aus wie eine Riesenkellerassel mit glühend roten Augen und fiesen Zangen. Töten kannst du es nur, wenn du unter ihren Panzer kommst...«, weiter kam er nicht, denn ein weiteres Grollen liess den Boden beben.
Plötzlich bröckelten Drecksklumpen von der Decke.
»Achtung!«, schrie der Doc.
Die Zwerge stoben auseinander. Mile warf sich schützend über Red. Sabrina kreischte und warf sich zur Seite.
Die Decke brach ein...

Uralte Fassung (1): Twos - Die Prophezeiung von Feuer und EisWhere stories live. Discover now