^Kapitel 9^

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Krebs... Seltsam ich kenne diesen Menschen erst seit wenigen Tagen und trotzdem trifft es mich, dieser eine kleine Satz, dieses winzige digitale Geständniss. Ich starre auf mein Handy, fast so als würde ich nur darauf warten das die Nachricht sich verändert und zu einem neutralen Satz wie "Das war ein schöner Mittag" oder sowas wird. Aber es passiert nicht es bleibt. Solche Momente habe ich schon immer gehasst. Solche Nachrichten die unveränderbar sind, bei denen ich nichts tun kann und machtlos bin. Wenn ich so eine Nachricht bekomme, wie aktuell mit meiner Herzkrankheit macht es mir weniger aus, als wenn es eine andere Person erwischt. Weil ich selber entscheiden kann wie ich mich verhalte, was ich preisgebe und wie ich mit diesem Schicksal umgehe. Aber wenn es andere trifft finde ich es schrecklich unfair. Irgendwann schaltet sich mein Handy auf Standby und ich lasse es so. Still schaue ich aus dem Fenster auf die Stadt die selbst bei Nacht noch hell leuchtet. Unglaublich wie sich ein Leben innerhalb von wenigen Tagen oder Stunden verändern kann. Ich war so kalt, gefühlslos und pesimistisch. Jetzt trifft mich die Krankheit eines Jungen viel zu sehr, obwohl ich wegen meiner eigenen total fertig sein sollte. Aber vielleicht liegt darin der Schlüssel, vielleicht hilft reden mit anderen über unsere Schicksale. Einen Versuch wird es wohl wert sein. Ich raffe mich auf, schnappe mir eine Weste und tapse nur mit Socken den leeren Flur entlang. An der Information brauche ich minimum 5 Minuten um überhaupt die Station zu finden, natürlich habe ich mein Handy nicht dabei um den Weg ab zufotografieren. Also muss ich mich auf mein Gedächtniss verlassen...ich bin erledigt. Ich schlinge die Weste eng um mich und laufe zielstrebig weiter. Erstaunlicher weiße finde ich recht schnell die viel zu bunt beklebte Tür zur Krebs Station. Leise stoße ich sie auf und stecke zuerst den Kopf durch die Tür um sicher zu gehen das mich auch keiner sieht.  Stille. Ich lasse sie leise zufallen und gehe an den Türen entlang, sorgfältig prüfe ich jedes Namensschild um seinen Namen zu finden. "Hast du dich wieder verlaufen ?", ich fahre zusammen als ich seine Stimme direkt hinter mir höre. "Himmel Jace, könntest du es bitte lassen dich so an zu schleichen ?". Ich drehe mich um und sehe ihn in diesem leeren Gang stehen, die hände in den Hosentaschen, die Haare fallen ihm so in die Stirn das man den Drang hat sie ihm aus dem Gesicht zu streichen und seine Augen sehen mich unter den Strähnen wachsam aber freundlich an. "Nein eigentlich bin ich dieses Mal mit Absicht hier", beantworte ich ihm seine zuvor gestellte Frage. Jetzt habe ich seine ganze Aufmerksamkeit. "Was hast du den hier vor ?". Jetzt ist wohl der Moment ihn ebenfalls mit einem Satz aus der Fassung zu bringen. "Ich hab deine Nachricht bekommen.". Wie erwartet hebt er jetzt den Kopf und sieht mich direkt an "Oh", ist alles was er raus bekommt. Plötzlich fühle ich mich fehl am Platz "Ich ... dachte ich komm dieses mal zu dir und wir reden oder so". Er sieht mich lange an, solange das ich schon fast wieder gehen möchte. "Natürlich, komm mit", er deutet auf eine Tür hinter sich. Total verdutzt das er mich zu sich einlädt bleibe ich an Ort und Stelle stehen. Seufzend dreht er sich halb zu mir "Ich tu dir schon nichts.", dann packt er meine Hand und zieht mich sanft hinter sich her. Sein Zimmer deutet darauf hin das er eindeutig länger hier ist als ich. Die Wände sind mit unterschiedlichen Bandplakaten zugeklebt. Das einzige was ich wirklich erkenne sind ein paar Linkin Park Poster, die restlichen Bands sagen mir nichts. Jace schließt leise die Tür und ich merke wie ich nervös werde, ich kenne ihn kaum er steht genau zwischen mir und der Tür, niemals hätte ich eine Chance an ihm vorbei zu kommen. Er ist zu stark für mich. Geschockt von meinen eigenen Gedanken weiche ich einen Schritt zurück. "Alles okey ?", fragt er sichtlich besorgt und streckt die Hand nach mir aus. Ich bin es immer noch nicht gewohnt angefasst zu werden, deshalb weiche ich noch weiter zurück. Er lässt die Hand sinken und legt den Kopf etwas schief, dann lacht er kurz auf. Aber ich steige nicht mit ein, das Irritiert ihn sichtlich den er hört sofort wieder auf und lässt sein Lachen zu einem Husten werden. "Alsoooo du wolltest reden ?", lenkt er ab. Ich nicke steif und hüstle dann "Vielleicht war es doch keine so gute Idee ich sollte nicht hier sein, tut mir leid.". Ich sollte nicht hier sein, das ist ein riesiger Fehler warum habe ich es überhaupt so weit kommen lassen ? Gott wie ich diese Hormone hasse, kaum sieht ein Typ mal annehmbar aus schon vergesse ich meine geliebte Anti Einstellung. Aber das hört jetzt auf, und zwar sofort. Ich straffe die Schultern und gehe entschlossen auf ihn zu, wenn es sein muss stoße ich ihn einfach mit der Schulter aus dem Weg. "Warte was hast du ...", weiter kommt er nicht. Ich ignoriere ihn und zwänge mich an ihm vorbei Richtung Tür. Ich muss den kleinen Schockmoment nutzen und schauen das ich Land gewinne. Ich reiße die Tür auf um möglichst viel Platz zum los rennen zu haben und stürme zu Tür hinaus. Ich laufe und höre angestrengt nach hinten ob mich Schritte verfolgen, ich werfe mich gegen die Stationstür und sprinte weiter. Ich werde langsamer da mir die Puste ausgeht und lehne mich schließlich gegen eine Wand. Plötzlich höre ich wie die Tür abermals geöffnet wird und drücke mich in eine dunkele Ecke. Wenige Sekunden später sehe ich Jace schwer atmend an mir vorbei rennen. Ich atme erleichtert aus, er hat mich nicht gesehen. Verdammt wo soll ich jetzt hin ? Er läuft bestimmt zu meiner Station, also kann ich dort nicht hin. Ich laufe ziellos durch die Gänge und höre weiterhin angestrengt auf Schritte. Irgendwann muss ich mich einfach setzen, diese beschissenen Medikamente wirken jetzt schon. Ich lasse mich auf eine der vielen Bänke sinken und lehne den Kopf an die Wand. Ich spürte wie ich einschlief aber es störte mich nicht .



In another LifeWhere stories live. Discover now