Till it happens to you

Wie kannst du nur behaupten zu wissen, wie ich mich fühle? Du hast ja keine Ahnung wie es mir geht, dass ich mich wie Dreck fühle und denke, ich bin nichts Wert! Dass ich mir beim duschen die Haut auf kratze, um die Berührungen weg waschen zu können. Dass ich jede Nacht Schweiß gebadet aufwache, mit dem Gefühl, dass die Zeit nicht vergangen ist und er mich immer noch an die Wand drückt und seine Hände mich berühren. Ich kann nicht vergessen, nicht darüber sprechen und auch niemanden berühren. Ich halte die Nähe von Mum und Dad nicht aus und ich weiß, dass ich sie verletze, aber ich kann nichts dafür. Sie müssen verstehen, dass ich es nicht wert bin, sich um mich zu kümmern. Ich bin nur eine Last...

Die Sitzung ist vorbei und ich habe dich, wie immer, nur an geschwiegen. Ich weiß, dass du mir helfen willst, aber das kannst du nicht, dass kann niemand.

Die Blicke sind das schlimmste, der fragende Ausdruck in ihren Augen, der Unglaube. Warum sollte man mir auch glauben? Ich bin doch nur ein einfacher Mensch! Ich will ja nur Aufmerksamkeit und Ruhm! Weshalb sollte ich sonst sagen, dass er es war?

Jetzt liege ich hier und schreibe, wie nach jeder Sitzung, in mein kleines Büchlein. Du hast gesagt, dann könnte es besser werden, wenn ich schon nicht reden will. Irgendwann wirst du das Büchlein vielleicht in die Hände bekommen und es lesen. Vielleicht wirst dann nicht nur du es lesen, sondern noch viele andere. Vielleicht glauben sie mir dann...

Wie immer hast du zu mir gesagt, dass es besser wird. Bis jetzt wurde es noch nicht besser. Und ich weiß, dass es das auch nicht wird. Ich habe das Gespräch zwischen dir und Doktor Brennen gehört. Ihr habt darüber geredet, dass es Maria nach all den Jahren immer noch nicht besser geht. Ich habe mich informiert. Maria ist seit 5 Jahren hier. Bei Jack ist es wohl noch schlimmer. Über den habt ihr auch gesprochen. Er ist seit 7 Jahren hier. So weit ich das richtig verstanden habe, wurde er damals von seinem besten Freund ver... Ich schaffe es noch nicht mal das Wort zu schreiben, geschweige denn zu sagen. Ich bin so erbärmlich!

Ich habe mir vorgenommen mit Maria und Jack zu reden. Vielleicht fällt es mir leichter mit ihnen darüber zu sprechen. Vielleicht kann ich ihnen ja auch helfen. Ich hoffe es. Die beiden machen das schon seit über 5 Jahre durch. Ich ,erst' seit 3 Monaten und es war bzw. ist die Hölle.

Wenn ich mir das bisher geschriebene so durch lese, fällt mir auf, dass ich zuversichtlicher klinge, seit ich Maria und Jack erwähnt habe. Mein Beschluss mit ihnen zu reden, hilft wohl ein Bisschen. Ich hoffe ich kann ihnen auch helfen.

Ich bezweifle, dass ich je wieder ein ,normales' Leben führen kann, aber ich kann vielleicht irgendwann wieder Leben, ohne an ihn zu denken.

Ich werde jetzt zu Maria gehen und danach zu Jack. Ich denke auch, dass ich aufhören werde in dieses Büchlein zu schreiben. Es erinnert mich nur an früher!
Ich denke, dass wenn ich entlassen werde, ich dir das Büchlein geben werde. Ich weiß, dass du von jedem deiner Patienten ein Foto behälst. Von mir wirst du nicht nur das Foto haben, sondern auch das Büchlein.

Vielleicht wirst du es lesen, vielleicht auch nicht. Du wirst außerdem wissen, ob ich Erfolg bei Maria und Jack hatte.

Ich danke dir auf jeden Fall für die großartige Idee, dieses Büchlein zu führen. Es hat mir geholfen, die Kraft zu schöpfen, zu kämpfen! Und das werde ich. Verlass dich darauf!

Liebe Grüße
T.

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Mein zweiter OneShot mit einem weiteren traurigen Thema: Vergewaltigung! Der OneShot wurde durch das Lied ,,Till it happens to you" von Lady Gaga inspiriert.
Neco