Traumerfüllung

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Unter dem Getucker ihres Motors verließen Kordula und Arco auf der „Albatros" den Hafen. Schon in der Hafeneinfahrt empfing sie eine kräftige Briese und eine ordentliche Dünung. Doch das konnte ihrer Freude keinen Abbruch tun. Nichts und niemand konnte sie jetzt noch daran hindern aufzugeben. Arco stand am Steuer, während Kordula die Leinen aufschoss um klar Deck zu schaffen. Sobald sie das Fahrwasser verlassen hatten und direkt in die Weiten der Ostsee steuert, setzt sie Großsegel und Genua. Hei war das eine Fahrt. Gischt spritze über das Deck, der Wind blies ihnen um die Ohren, zerzauste Haare und färbte Nasenspitzen und Ohren rot, doch davon schienen die zwei nichts zu merken. Endlich erfüllte sich ihr lang ersehnter Traum. Die Freiheit und Grenzenlosigkeit war so nah und ein Gefühl des Friedens und der Schwerelosigkeit breitete sich aus. Genauso hatten sie es sich vorgestellt. Logbucheintrag des ersten Tages lautetet: Wind 6-7, Himmel bewölkt, ab und zu Regenschauer, Wellen ca.1 1/2m unser Traum geht in Erfüllung

Gemeinsam standen sie oben an Deck, Arco steuerte und Kordula navigierte und suchte den Horizont nach Hindernissen ab, dann wechselten sie wieder. Viel zu reden gab es nicht, denn jeder hing seinen Gedanken nach. Gegen 16:00 machte Kordula sich auf den Weg unter Deck um den Propangasherd einzuweihen indem ganz feierlich Nudeln gekocht wurden. Das war gar nicht so einfach, da das Boot von den Wellen hin und her geschupft wurde und Kordula auch noch nicht so viel Erfahrung im Kochen unter Deck hatte. Doch es störte keinen von beiden, dass die Nudeln noch etwas fester waren und die Soße auch schon mehr Kalt als Warm war. Sie fühlten sich wie in der ersten Zeit ihrer Beziehung, als würden sie alles durch eine rosarote Brille sehen. Ihr Weg führte sie immer weiter weg vom Heimathafen Greifswald, näher zum Zielhafen Las Palmas und das in einem durch! Am frühen Abend teilen sie die Wachschichten ein und damit beginnt die Zeit der Einsamkeit, denn einer wird ab nun schlafen gehen. Die erste Schicht übernimmt Kordula.

Wie eine weite Kuppel dehnte sich der Sternenhimmel aus. Zum greifen nahe schienen die Sterne, aber doch so fern und unwirklich. Wie Hoffnungsschimmer im Dunklen wirkten sie, eine Zuversicht, eine Chance. Aber auch scharf und abweisend sahen sie aus, als ob sie unerreichbar waren. Lange saß Kordula am Bug des Schiffes und ließ ihre Gedanken wandern. Der Wind hatte abgeflaut und die Wellen waren weniger. Die Windsteueranlage konnte also ihre Premiere feiern und steuerte das Boot sicher durch die See. Nach einiger Zeit fror Kordula, denn die Nächte waren wieder sehr frisch geworden. Sie stand auf, kletterte unter dem stehenden Gut hindurch, hangelte sich und er Reling zum Heck, stieg den Abgang hinab und holte sich ihre dicke, wasserdichte Öljacke. Gott sei Dank hatte sie doch die mit dem Innenfließ genommen, da war sie jetzt schon dankbar. Nicht vorstellbar, wie es ohne gewesen wäre... Ein Blick auf die Uhr ließ sie aufschrecken. „Es war schon längst Wachübergabe! Na toll, gleich beim ersten Mal verschwitzt. Naja, Arco konnte doch froh sein, dass er länger schlafen durfte."

Kordula weckte Arco, welcher sich nur sehr ungerne aus dem warmen Schlafsack heraus pellte. Doch sobald er oben an Deck stand und dieses Wunder der sternenklaren Nacht erfasst hatte, wurde auch er von seinen Gedanken überwältigt. Alles wirkte noch so unrealistisch, so fern und doch so vertraut, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Es würde wohl noch dauern, bis beide gedanklich in ihrem jetzigen Leben angekommen sind.



Ans Ende der WeltUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum