Teil 2 / Melina's Sicht

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Ich verlor mich in seinen Augen. Dieses Blau war so intensiv, dass ich nicht wusste, wo mir der Kopf stand. Und dann die ganze Sache mit dem Frühstück. Es fühlte sich so unglaublich schön und richtig an.

Seine ganze Aufmerksamkeit galt mir und sein Blick huschte zwischen meinen Augen und meinen Lippen hin und her. Wollte er mich küssen?

Ein schöner Gedanke eigentlich.

Aber er war einer meiner besten Freunde. Ich konnte doch nichts mit ihm anfangen. Unsere Freundschaft wollte ich auf keinen Fall aufs Spiel setzen. Das ging einfach nicht.

"Wollen wir weiter schauen?" Durchbrach ich die Stille und hätte mich dafür Ohrfeigen können. Was war nur mit mir los? Wieso handelte ich so? Ich verstand mich selbst nicht mehr und als ich nun in Jans Gesicht sah glaubte ich für einen kurzen Moment Enttäuschung darin zu erkennen.

"Klar", seine Stimme war rau und er räusperte sich.

Ich richtete meinen Blick wieder auf den Bildschirm, aber mit meinen Gedanken war ich noch immer ganz wo anders.

Es war nicht zu leugnen, dass ich etwas für Jan empfand. Er war charmant, süß, frech und sehr aufmerksam. Auch konnte er unglaublich gut zuhören oder selbst erzählen. Ich fühlte mich sogar ein bisschen geehrt, dass er sich mir gegenüber öffnete und mir seine Sorgen anvertraute.

Wieso also zögerte ich. Wir hatten uns bereits auf der Gang Tour super verstanden und unsere Fans schienen auch der Meinung zu sein.

Bei dem Gedanken kramte ich mein Handy hervor und checkte Twitter. Es hatten sich viele neue Kommentare angesammelt und ich hatte Lust darauf, die Jalina-Shipper ein bisschen zu ärgern. Also machte ich spontan ein Foto von mir auf der Couch und postete es.

Es dauerte keine Minute, da hatten die Ersten schon den Arm, der noch immer um mir lag, als den von Jan identifiziert und starben nun reihenweise am 'fangirltot'. Die waren aber auch einfach zu niedlich.

"Ach, Melina. Was hast du da wieder angestellt", lachte Jan über mir, denn sein Handy vibrierte in einer Tour unter all den Nachrichten, die er bekam.

"Nur ein Foto, sonst nichts." Sagte ich unschuldig.

"Du bist wirklich gemein. Hast du eine Ahnung, was für eine Achterbahn der Gefühle die Armen gerade durchleben müssen", beschwerte er sich, doch ich konnte das Grinsen in seiner Stimme hören.

"Ja, ich bin ein böser Mensch. Aber du musst zugeben. Es macht Spaß".

"Wir werden dafür mit Sicherheit büßen, da kannst du drauf wetten."

"Das nehme ich gerne in Kauf".

"Ganz sicher?"

"Hundertprozentig".

"Na dann".

Erneut wurde ich von seinen Augen in den Bann gerissen. Wieso hatte dieser Typ nur so eine Wirkung auf mich?

"Uhhh. Serious love is going on", überrascht schreckten wir auseinander und sahen Dagi mit gezücktem Handy in der Tür stehen.

"Du hast nicht gerade ernsthaft ein Foto gemacht?" Fragte ich.

"Schau mal auf Snapchat!"

"Na warte!" Ich sprang auf und Dagi suchte quietschend das Weite. Aber nicht mit mir. So einfach kam sie nicht davon.

"Dagi. Hast du die Zwei etwa gestört?" Shirin betrat gerade die Wohnung und bekam mit, wie ich Dagi zu Boden riss und meine Kitzelattacke startete. Sie wand' sich wild unter mir und konnte nicht mehr aufhören zu lachen.

"Das ist wirklich sehr unhöflich, Dagmara", kam es nun auch von Jan, der uns hinterhergelaufen war.

"Oh ja. Und wie", bestätigte ich.

"Bitte bitte. Habt erbarmen. Ich krieg keine Luft mehr." Japste sie unter Tränen und schließlich ließ ich von ihr ab.

"Das soll dir eine Lehre sein" sagte Jan und half ihr sich wieder auf zu richten.

"Alles klar. Ich hab alles gelernt. Euch zwei nie wieder irgendwie stören."

Ich verdrehte meine Augen. Das war's dann wohl mit dem tollen Vormittag. Jan schien zu der selben Ansicht gekommen zu sein, denn er holte bereits seine Jacke.

"Wir sollten das wiederholen", sagte er, als wir vor der Tür standen. Dagi und Shirin hatten sich ins Wohnzimmer verzogen, doch ich konnte ihre Blicke im Nacken spüren. Ich ignorierte sie.

"Definitiv. Es hat mir richtig Spaß gemacht."

Und zum dritten Mal an diesem Tag waren seine Augen das einzige, was ich wahrnahm. Ich bekam aber auch einfach nicht genug von ihnen.

"Und wehe du vergiss das nächste Mal die Erdbeeren", flüsterte ich.

"Erdbeeren dürfen auf keinen Fall fehlen." Seine Lippen umspielten ein Lächeln.

Er beugte sich etwas zu mir hinunter und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Ich spürte, wie ich leicht rosa anlief und richtete meinen Blick zu Boden.

"Wir sehen uns." Verabschiedete er sich.

"Wir sehen uns", wiederholte ich. Dann war er auch schon aus der Tür.

Wäre ich allein gewesen, hätte ich mich mit Sicherheit verliebt seufzend gegen die Tür gelehnt, doch als ich mich nun umdrehte sah ich, wie meine beiden Freundinnen grinsend auf mich warteten. Sie wollten mit Sicherheit jedes kleinste Detail erfahren.

Doch ich musste mir erst selbst über meine Gefühle klar werden, bevor ich mit irgendjemandem darüber sprechen konnte. Denn meine feste Überzeugung, nichts mit einem guten Freund anzufangen, war in den letzten Minuten deutlich ins Wanken geraten.


Nur ein FrühstückWhere stories live. Discover now