Ich wirbelte herum und starrte ihn an. Er lehnte lässig an einem Baum und hatte die Arme vor dem muskulösen Oberkörper verschränkt. Ein spöttisches Grinsen zierte sein Gesicht. "Flynt" knurrte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen. "Lange nicht gesehen Süße" sagte er, ohne seine Position zu verändern. Ich jedoch spannte mich an und musterte ihn misstrauisch "Woher wusstest du, das wir hier sind?". "Dein süßer Trainer Freund - wie hieß er noch gleich? Andreas? Adrian? Axel? Naja, auch egal - auf jeden Fall hat er, als er euren dramatischen Raum der Gefallenen kaputt gemacht hat, wohl die eine oder andere Kamera übersehen. Und jetzt bin ich hier" sagte er immer noch grinsend und hob wie zu einer Umarmung die Arme. Ich trat angewidert und nervös einen Schritt zurück "Nur du?". "Natürlich nicht" sagte er und zeigte seine Zähne in einem fiesen Grinsen. Er schaute kurz auf eine Uhr an seinem Handgelenk "Der Trupp der Rebellen, der wohl los ist, um euch ein neues Lager zu suchen, wird in dieser Sekunde von meinen Leuten angegriffen. Mal schauen, wer überlebt". Mein Atem stockte. Alex. Nick. Colin. Dennis. Scheiße. Flynt lachte nur "Du solltest dein Gesicht sehen, Süße. Einfach köstlich. Aber ich kann dir verraten, wie du vielleicht ihr Leben retten kannst...". "Wie?" krächzte ich. Meine Augen waren die ganze Zeit auf ihn fixiert. "Wollen wir nicht vorher noch etwas plaudern? Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen... Ich könnte dir von meiner genialen Idee erzählen, die Lüftungsschächte zu verschließen. Oder wie ich auf deine Spur gekommen bin. Oder das in der Stadt inzwischen ein beachtliches Kopfgeld auf dich ausgesetzt ist..." redete er drauf los. Ich unterbrach ihn scharf "Weißt du, wie scheiß egal mir das ist?! Sag endlich, wie ich meine Freunde retten kann!". Er lachte und stieß sich von dem Baum ab "So unhöflich wie immer... ein paar Manieren muss ich dir wohl noch beibringen". "Komm auf den Punkt" knurrte ich und wich zurück. Hatte ich Waffen? Nein... nur Bastians Scherbe. Sie war zeimlich scharf, doch ob ich mich mit ihr würde verteidigen können? Wahrscheinlich blieb mir keine Wahl... "Komm mit mir. Sobald du sicher in der Stadt bist, beorder ich meine Truppen zurück" sagte er ruhig und kam noch einen Schritt näher. Schnell überschlug ich im Kopf die Zeiten. Wenn ich freiwillig mitgehe, sind wir in frühstens einer halben Stunde in der Stadt und ich gehe davon aus, dass er Kampf bis dahin entschieden sein wird. 'Tut mit leid, Leute. Ihr schafft das' dachte ich desshalb noch kurz verzweifelt. Dann zog ich in einer Bewegung die Scherbe, holte aus und warf.

Der Wurf war perfekt. Ein paar mal routinierte die Scherbe um ihre eigene Achse, ehe sie genau an der Stelle, an der Flynt's Herz saß, auf ihn traf. Jedoch riss sie nur den Stoff seines Shirts auf, prallte dann an deiner Brust ab und fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. Es war erbärmlich. Aber... wie? Mein Wurf war so stark und gezielt gewesen. Ich blicke wieder zu Flynt und da sah ich es. Unter seinem Shirt sah man an der Stelle, an der die Scherbe den Stoff aufgerissen hatte, einen anderen, olivfarbenen Stoff. Eine Schusssichere Weste, natürlich. Wie konnte ich nur so blöd sein. Und da kam eine Scherbe selbstverständlich nicht durch. Jetzt blickte ich in Flynt's Gesicht und schluckte. Er war offensichtlich wütend. "Hast du gerade versucht, mich umzubringen?!" knurrte er und kam bedrohlich einen Schritt auf mich zu. Ich wich zurück "Also... streng genommen ja, aber das ist natürlich ansichtssache. Guck mal, wenn du es aus meinem Blickwinkel betrachtest, war es Notwehr und somit legitim. Jeder Mensch hat das Recht, sein Leben zu schützen und-". Er unterbrach mich barsch "Sei Still! Du kannst dich da nicht herausreden. Du hättest es leicht haben können, Lucy. Aber wenn du willst, schön! Dann eben so". Er spannte sich sichtlich an und ging in Kampfstellung. Oje, was habe ich mir da nur wieder eingebrockt... Egal, ich muss es versuchen. Niemals würde ich freiwillig mit diesem Eckel mitgehen. Auch wenn meine Chancen auf Sieg jetzt schon erschreckend gering waren. Also ging auch ich nach kurzem Zögern in Kampfstellung und beobachtete meinen Gegner genau, um mögliche Schwächen zu finden. Jedoch war ich zu nervös, um mich wirklich auf ihn konzentrieren zu können. So sah ich seinen Kick erst ziemlich spät, schaffte es jedoch knapp noch auszuweichen. Ein Nachteil war natürlich mein verletzter Oberschenkel, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Flynt grinste "Konzentrier dich, Süße. Gegen Verlierer zu kämpfen ist langweilig". Ich knurrte und griff ihn mit einer Kombi aus mehreren Schlägen und tritten an. Er wich aus, doch mein letzter Kick traf ihn genau in seine Kronjuwelen. Er keuchte und ich grinste triumphierend. Noch einmal wollte ich kicken, jetzt, wo er einen Moment unaufmerksam war. Jedoch war er aufmerksamer, als ich dachte. Er packte meinen Fuß, als er auf seiner Höhe war und zog stark. Da ich ja nur auf einem Fuß stand verlor ich sofort das Gleichgewicht und landete hart auf dem Rücken. Ehe ich mich wieder aufrappeln konnte, war Flynt über mir, packte meine Hüfte und warf mich lässig über seine Schulter, als würde ich nur ein paar Gramm wiegen. "Lass mich runter!" fauchte ich, zappelte herum und trommelte ihm auf den Rücken. Ihn schien das nicht im geringsten zu Interessieren. "Netter Kampf" sagte er und ich hörte das grinsen in seiner Stimme "aber du musst noch viel lernen". "Lass mich auf der Stelle runter!" versuchte ich es nochmal und wand jetzt meinen ganzen Körper. Er gab mir einen Klaps auf den Po "Das wird dir auch nicht helfen". "Arschloch" knurrte ich und er lachte nur spöttisch.

"Jetzt halt doch bitte endlich mal still" rief Flynt aufgebracht und packte mich fester um meine Hüfte. Wir liefen schon seit geraumer Zeit durch den Wald und ich machte es meinem 'Entführer' nicht leicht. Warum sollte ich auch? Ich strampelte, kickte, schlug und wand mich. Zwischen durch biss ich ihn, zog ihn an den Haaren oder klammerte mich an irgendwelchen Baumstämmen, an denen er dicht genug vorbei ging, fest und ließ sie erst los, wenn meine Hände schmerzten (was meistens nicht lange dauerte, da Flynt stärker und meine Ausgangsposition eher ungünstig war, aber hey, immerhin ging ich ihm damit auf die Nerven). So brauchten wir wohl wesentlich länger durch den Wald, und als wir die Wiese, die sich vor der Stadtmauer erstreckte, erreichten, wirkte Flynt deutlich sauer. Wir waren auch nicht durch das provisorische Langer der Rebellen gekommen - natürlich nicht, was hatte ich auch erwartet? Auch vom Raum der Gefallenen war weit und breit nichts zu sehen. Weiß und unberührt erstreckte sich die Stadtmauer hinter dem breiten Wiesenstreifen. Das alles sag ich wohlgemerkt auf dem Kopf, als ich zwischen dem schmalen Spalt zwischen Flynts Oberkörper und seinem Arm guckte. Er jetzt fiel mir auf, dass wir nicht mehr nur zu zweit waren. Ein weiterer Junge war zu Fylnt getreten. Ungefähr gleich groß und gleiche Statur, nur ein paar Zentimeter kleiner als der Polizeiazubi, dafür auch etwas breitschuldriger und muskulöser. Er musterte mich lüstern "Hübscher Fang, Bro. Ich habe ja schon viele Bilder von ihr gesehen und wusste, wie sie aussieht, aber in echt sieht sie ja noch tausend mal besser aus. Leihst du sie mir mal für eine Nacht?". Bei seinem perversen Grinsen würde mir auf der stelle schlecht und ich hatte das Bedürfnis, mich zu übergeben. Würg. Auch Flynt schien die Vorstellung nicht ganz zu gefallen; er spannte sich an und sagte "Ich leihe sie niemandem!". "Und wenn sie will?" fragte er anzüglich und streckte seine Hand aus, um mir Wohl eine Strähne hinters Ohr zu schieben. Blitzschnell riss ich den Kopf hoch und schnappe nach seinen Fingern. Dann biss ich zu, bis ich sein Blut schmeckte. Er schaffte es seine Hand zu befreien. Ich rechnete damit, das er sauer ist, doch er lachte nur "Also biss hat die Kleine". Flynt seufzte entnervt "So geht das schon die ganze Zeit. Stellte du sie bitte ruhig?". "Nein!" rief ich und etwas Panik schlich sich in meine Stimme. Ich will unter keinen Umständen 'ruhig gestellt werden'. Die Jungs ignorieren mich. Der fremde meinte bedauernd "Schade, ich hätte sie gerne besser kennen gelernt...". "Dazu hast du früh genug die Chance" sagte Flynt "Jetzt mach". Der andere Junge seufzte "Du kannst froh sein, dass ich das Zeug immer dabei habe..." murmelte er und griff in einen Bäutel, der an seinem Gürtel hing. Daraus zog er ein Taschentuch und tränkte es mir irgendeiner Flüssigkeit, die er auch aus dem Beutel hatte. Ich hatte eine Ahnug, was jetzt passieren würde und wehrte mich wieder mehr, schnappte erneut nach seiner Hand. Doch dieses mal waren beide Jungs auf der Hut und nach einigen Minuten Rangelei, schaffte er es, mir das Taschentuch auf Mund und Nase zu drücken. Ich hielt solange wie möglich die Luft an, doch irgendwann musste ich einatmen. Sofort merkte ich, wie ich langsam das Bewusstsein verlor. Ich hörte den fremden Jungen noch sagen "Schlaf gut, Süße", dann wurde alles schwarz.

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