Kapitel 1

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Der Kerker von Hogwarts war ein kalter Ort mit muffiger Luft und unheimlichen Echos. Draco Malfoys Schritte hallten durch die Gänge. Er schauderte, zog seinen Umhang enger um die Schultern und versuchte die Geräusche um sich herum auszublenden. Er hörte sie überall, immer waren sie da. Es machte ihn verrückt, nirgendwo war er alleine, nirgendwo war es einfach nur still, nirgendwo konnte er schwach sein. Bis er endlich diesen Raum fand.

Das erste mal hatte er sich verlaufen, auch er kannte nicht jeden versteckten, verwinkelten Gang hier unten. Es hatte ihn einen ganzen Nachmittag gekostet um den verlassen Raum wieder zu finden. Darin befand sich außer einem Tisch und einem Stuhl nichts. Doch sobald die Tür hinter ihm zugefallen war, wusste er das dass sein sicherer Ort war. Denn seltsamerweise sperrte die morsche Holztür alle Geräusche aus. Er hörte nur seinen Herzschlag, alles andere war weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Dieser Raum gab ihm ein unglaubliches Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.
Er war auf dem Boden zusammen gebrochen und der finstere Blick hatte sein Gesicht verlassen. Der Sturm in seinen Augen hatte sich gelegt und er konnte, nein durfte schwach sein.
Er hatte da gelegen auf dem Boden, für wer weiß wie lange. Es passierte ihm, dass ein paar heiße Tränen aus seinen Augenwinkeln flossen. Doch hier war es egal, niemand konnte ihn sehen, niemand konnte ihn hören, niemand interessierte es.

Es dauerte bis er den Raum das erste mal durch suchte. Es befand sich sonst wirklich nichts hier. Nur der Tisch, der Stuhl und eine Kerze, die immer zu brennen schien. Auch brannte sie niemals runter. Wenn er die Tür öffnete begrüßte sie ihn mit ihrem warmen leuchten. Als er sich das erste mal auf den Stuhl setzte und sich die Tischplatte besah, hatte er einen furchtbaren Tag gehabt. Seine Sicht war von den Tränen noch verschwommen, als er das erste mal die unzähligen Wörter auf der Platte las.
Fasziniert fuhr er über hunderte Buchstaben, Zeugen von Unterhaltungen aus Jahrzehnten. Lächelnd las er die eingeritzten Sätze...

Zaubertränke ist soooo langweilig

Er lachte kurz auf. "Richtig! Genau, jemand der mich versteht." Darunter war die Tinte der Wörter im Holz getrocknet. Eine wunderschöne Handschrift. Sicherlich ein Mädchen.
Nur weil du zu wenig Hirn hast um es zu verstehen!
Bei diesem Kommentar dachte er sofort an ein bestimmtes Mädchen aus seinem Jahrgang, mit unglaublich braunen Augen. Er lächelte. Wär sie nicht so eine nervige Person, würde er sie vielleicht nicht ganz so sehr hassen. Tja, man konnte nicht alles haben. Vor allem war Hass so ein riesiges Wort, es hatte so viel Bedeutung. Zu viel Bedeutung, für seinen Geschmack.
Einem plötzlichen Drang nach gebend zog er seine Feder aus der Tasche, stellte sein Tintenfass auf die Tischplatte und tauchte die Spitze in die blaue Flüssigkeit.
Als er zum schreiben ansetzte überschwemmten die Wörte nur so seine Gedanken.

Finsternis ist meine Maske,
Dunkelheit mein Schutz
und Einsamkeit mein Freund.

Ich kann euch alle flüstern hören,
Doch ihr hört mich nicht einmal schreien.

Er ritzte die Buchstaben so tief es ging ins Holz und jede Bewegung riss die Wunden seiner Seele weiter auf. Die Feder brach in dem Prozess und Tränen tropften auf die frische Tinte. Doch die Wörter blieben tief eingegraben auf dem Tisch. Ohne irgendeinen Grund zu haben, begann er zu schreien.
Niemand konnte ihn hören, oder vielleicht taten sie es doch, wollten ihm aber nicht zu hören. Er schrie bis seine Stimme rau und heiser war, dann lag er nur auf dem Tisch. Still, lauschte seinem Herzschlag und langsam über nahm die Müdigkeit die Kontrolle über seinen Körper.

~

Hermine Granger hatte damals einen Ort gesucht an dem niemand sehen konnte wie schlecht es ihr ging. Einen Ort an dem sie kein falsches Lächeln aufsetzten musste, wo sie nicht vortäuschen musste okay zu sein.
Der Raum lag in einem oberen Stockwerk, in einem Korridor voller verschlossener Türen. Sie liebte diesen Raum. Eigentlich gab es keinen Grund für Schüler und Lehrer auf dieser Seite des Schlosses, in dieses Stockwerk und in diesen Korridor zu kommen. Dem Geheimnis des Tisches war sie auf die Schliche gekommen, nach dem sie eine der vielen Unterhaltungen gelesen hatte.
Warum lernen wir nur so langweilige Dinge in Geschichte der Zauberei?

In anderer Schrift stand darunter:
Zaubertränke ist auch nicht gerade toll

Hermine musste lächeln. Selbst sie fand Geschichte der Zauberei langweilig, hauptsächlich weil sie bereits alles wusste und Zaubertränke mit Snape und Slytherin war auch kein Traum.
Trotzdem sterbe ich gerade vor langeweile, Zaubertränke ist wenigstens noch interessant!

Zaubertränke ist soooo langweilig

Nur weil du zu wenig Hirn hast um es zu verstehen!
Jetzt brach sie in Gelächter aus, genau das hatte sie gerade letztens zu Ron gesagt! Zufall? Sie grinste und in diesem Moment war es ihr aufgefallen. Jedes Fach hatte seinen eigenen Klassenraum und die Tische wurden nicht hin und her getragen. Wie konnten die beiden dann über zwei verschiedene Fächer auf einem Tisch schreiben? Vor allem schien es als ob sie kurz hintereinander und miteinander geschrieben hatten, wie konnte das gehen, wenn sie unterschiedliche Fächer hatten?
Die Idee das es zwei Tische geben musste, welche wahrscheinlich auch das was auf die andere Platte geschrieben wurde zeigten, kam ihr nur ein paar Minuten später.
"Wo wohl der zweite Tisch steht..." murmelte sie und ihre braunen Augen flogen über die vielen Buchstaben.
Sie zuckte zusammen als ihr Blick auf eine Wortgruppe fiel bei der das letzte Wort gerade vollendet wurde.
Finsternis ist meine Maske,
Dunkelheit mein Schutz
und Einsamkeit mein Freund.

Ich kann euch alle flüstern hören,
Doch ihr hört mich nicht einmal schrei
Fasziniert starrte sie auf die Buchstaben.
-en
Sie suchte in ihrer Tasche nach ihrer eigenen Feder. Sie hatte Recht, es gab einen zweiten Tisch und jemand anderes saß gerade davor. Lächelnd begann sie direkt darunter zu schreiben.
Die Stille einer Person,
Ist ihr lautester Schrei nach Hilfe.

Ängstlich und aufgeregt saß sie für fünf minuten einfach vor dem Tisch. Sie versuchte sich nicht selbst aufzuregen, aber wie gerne hätte sie es, dass die andere Person antwortete. Aber es passierte nichts. Enttäuschung wusch wie eine Welle über sie hinweg und Wut brauste in ihr auf. Einem plötzlichen Drang folgend trat sie mit all ihrer Kraft gegen den Tisch, klappernd kippte er zur Seite und rutschte über den Boden. Hinter sich knallte sie die Tür zu und stapfte die Treppen hinuter. Sobald sie die ersten Geräusche anderer Schüler hörte setzte sie automatisch das falsche Lächeln auf.

Das Lächeln bei dem niemand die Lüge erkannte.

PS: I hate youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt