Dann wendete sich der Mann mir zu: „Mira Leblanc, wollen Sie den hier anwesenden Cole Adams als Ihren rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen, ihn lieben und ehren in guten wie in schlechten Zeiten, bis dass der Tod euch scheidet? So antworten Sie mit Ja, ich will."

Ich sah zu Cole. Er sah zu mir und strahlte über das ganze Gesicht. Dann sagte ich mit fester Stimme, und es war eines der einzigen Male, bei denen ich mir vollkommen sicher war, dass ich das richtige tat: „Ja, ich will."

Er lächelte, ich lächelte, alles war perfekt.

„Dann müssen sowohl Sie beide, als auch die Trauzeugen noch unterschreiben", unterbrach uns der grauhaarige Mann und hielt uns ein Formular und einen Kugelschreiber hin. Cole nahm den Stift, unterzeichnete und reichte ihn an mich weiter. Meine Hand zitterte vor Aufregung minimal, als ich meinen Namen auf das Stück Papier schrieb. Ich legt den Stift auf das Blatt und schob es dem Mann zurück über den Tisch. Dieser reichte es zuerst an Jace und dann an Linda weiter. Das waren also unsere Trauzeugen. Als der Grauhaarige endlich zufrieden war, standen wir auf, er gab uns allen die Hand und wir gingen. Als wir wieder auf die große Freitreppe kamen, konnte ich es kaum glauben. Cole legte seinen Arm um mich und ich lehnte mich an ihn. Sein Herz schlug, vielleicht ein bisschen schneller als sonst, und meines tat es auch.

„Ich denke, ihr nehmt, wieder den Aston Martin und wir nehmen den Ford Ranger", schlug Jace vor und alle waren einverstanden.

Sie wollten schon gehen, als ich rief: „Wartet!" Sie drehten sich um und sahen mich verwirrt an. Ich ging zu Linda und umarmte sie und Finn. „Danke, dass ihr da wart", flüsterte ich. Ich hatte so etwas wie Freundschaft für Linda entwickelt und das freute mich. Sie lächelte ebenfalls. Dann wandte ich mich Emma zu und umarmte sie. „Danke, dass du da warst. Bitte verzeih mir, aber es wird noch etwas dauern, bis ich Mutter zu dir sagen kann."

„Schon in Ordnung, mein Kind", flüsterte sie zurück und lächelte.

Als nächstes schmiegte ich mich an Jace' Brust. Ich wusste, ich musste nichts sagen. Und ich wusste, mit Jace hatte ich den besten Bruder der Welt.

Dann war Elena an der Reihe. „Es hat mich riesig gefreut, dass du gekommen bist. Ich wünschte, ich hätte dir früher geholfen."

„Es ist früh genug", beruhigte sie mich und strich mir über den Rücken. Ich merkte, dass ich sie vermisst hatte.

„Wo hast du Anna gelassen?", fragte ich scherzend, doch als ich einen Schritt zurücktrat und in ihr Gesicht schaute, waren ihre Augen voller Trauer. „Was? Was ist mit ihr?" Jegliches Lächeln war aus meinem Gesicht gewichen.

„Sie ist gestorben, Mira", antwortete sie schließlich.

Ich sagte einige Sekunden nichts. „Wann?", fragte ich und meine Stimme kratzte.

„Kurz nachdem ihr wieder gefahren wart. Offensichtlich hatte sie innere Blutungen und wir haben zu spät reagiert." Traurig sah sie zu Boden.

„Hey", sagte ich und hob ihr Kinn, „wenn jemand Schuld ist, dann bin das ich. Ich habe nicht darüber nachgedacht, als sie Blut gehustet hat. Ich hätte etwas unternehmen sollen." Sie sagte nichts und so nahm ich sie noch einmal in den Arm, bevor ich mich zu Cole umwandte, um meine Tränen zu verstecken. Ich musste stark sein, für Elena.

„Mira?", hielt sie mich zurück. Ich wischte mir unauffällig über die Augen und wandte mich wieder um.

„Ja?"

„Sie ist friedlich gestorben. Im Vertrauen zum Herrn. Nun ist sie an einem besseren Ort." Bei diesen Worten konnte sie sogar lächeln und ich bewunderte sie für diese Stärke und diesen tiefen Glauben.

Ich nickte. „Das hoffe ich", sagte ich, aber glauben konnte ich es nicht. Sie war tot. Das Mädchen, dass trotz der furchtbaren Umstände ein solches Funkeln in den Augen haben konnte, das eine so tiefe Überzeugung gehabt hatte und immer an das Gute geglaubt hatte, war tot. Was für eine Ungerechtigkeit.

Ich drehte mich um und stieg ins Auto. Cole fuhr schweigend los. Ich beobachtete die vorbeirauschenden Bäume. Mitten in die Stille sagte er plötzlich: „Ich liebe dich." Da musste ich lächeln.

„Ich liebe dich auch", erwiderte ich und wieder war da dieses Gefühl, als würde mein Herz überlaufen. Vor Glück und vor Liebe. Wir fuhren lange und irgendwann erkannte ich wieder das Gelände um uns herum. Das Feld, die Bergkette am Horizont und der Trampelpfad, der in den Wald führte.

„Stop!", rief ich und schlug meine Hand vor seine Brust. Er stellte sich sofort auf die Bremse und der Wagen kam quietschend zum Stillstand.

„Was ist denn?", fragte er verwirrt.

„Ich muss noch was erledigen", sagte ich kurz angebunden und stieg aus.

Tränen von BlutWhere stories live. Discover now