Die Schule der Gestaltenwandler

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Bildquelle: http://wall.alphacoders.com/by_sub_category.php?id=200621&lang=German

Wie fängt man an, eine Geschichte zu erzählen? Wie fängt man an, seine Geschichte zu erzählen? Wie fängt man an, die Geschichte zu erzählen, die sein Leben verändert hat?

Ich denke, es gibt viele Wege, anzufangen. Ich fange damit an, dass ich von mir erzähle. Also...

Ich heiße Mira. Ich war 17 Jahre alt und ging auf eine Schule für Gestaltenwandler, ach was. Auf die Schule und ich behaupte mal, dass es die coolste Schule war, die es gibt. Wir lernten so ziemlich alles, was man lernen kann. Alles, was ihr auch lernt, aber auch noch so was wir mit Pfeil und Bogen schießen, Messerweitwurf, Nahkampf, Reiten und natürlich, wie wir uns verwandelten. Alle, die jeden Tag in diesem Gebäude waren, konnten sich in Tiere verwandeln, auch die Lehrer. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass wir uns nicht gegenseitig umbrachten oder verletzten. Alle hatten Respekt voreinander, besonders, nach den Lehrern, vor Cole Adams. Er war der Schulsprecher. Er war der Löwe. Er war der König. Seine blonden Haare und seine stechenden Blicke aus blauen Augen, mit denen er uns zurecht wies, waren bei jedem bekannt und wenn er den Raum betrat, hielten alle die Luft an und machten ihm Platz. Ein Glück, dass er nicht in meiner Klasse war. Man konnte denken, er sei immer von einer Gruppe aus zwei oder drei 'Freunden' oder besser gesagt Lakaien umringt, die ihm nur aus Angst oder der Berühmtheit wegen folgten, ansonsten aber nichts in der Birne hatten. Aber nein, Cole war Einzelgänger durch und durch. Aber eigentlich kein Wunder. Er war unfreundlich und überall gefürchtet. Ich hatte glücklicherweise noch keine nähere Bekanntschaft mit ihm gemacht. Es gab Gerüchte, er sei einmal so ausgerastet, dass er einen Schüler gegen die Wand gedrückt hatte, sodass dieser keine Luft mehr kriegte. Und das nur, weil der Junge gestolpert war und ihn angerempelt hatte. Selbst die Lehrer hatten ihm nichts entgegen zu bringen, denn er war der Löwe.

Das Gebäude an sich war aus kaltem, grauem Stein und stand einige Kilometer abseits der Stadt. Von innen sah es nicht weniger mittelalterlich aus: Vor den Fenstern hingen schwere, rote Vorhänge, die hölzernen Möbel knarrten und die Schubladen konnte man größtenteils nicht mehr öffnen, weil sich das Holz so verzogen hatte. Die große Treppe, es gab keinen Aufzug, schmückte ein Reich verziertes Geländer, und ein riesiger Kronleuchter in der großen Eingangshalle und ebenfalls reich verzierte Kerzenhalter, in denen aber bei den meisten Glühbirnen steckten, an den Wänden und in den Ecken waren die einzigen Lichtspender. Es gab einen riesigen Innenhof, in dem auch der Kampfunterricht stattfand und der von einem Säulengang umgeben war. Außerdem war es auch nicht weit bis zum Wald, zu dem man nur durch ein großes Tor kam. Die Schule war auch gleichzeitig ein Internat. Die Schüler kamen aus der ganzen Welt und manche waren sogar Waisen, weil ihre Eltern sie nicht mehr wollten, als sie erfuhren, dass ihre Kinder anders waren. Denn die Fähigkeit, sich verwandeln zu können, wurde nicht unbedingt nur von den Eltern vererbt. Manchmal übersprang das Gen eine oder mehrere Generationen.

Manchmal vergaß man, dass man eigentlich in einer ganz normalen Welt im 21. Jahrhundert lebte. Aber viel bekam man ja auch nicht mit. Ich, die erst seit kurzem diese Schule besuchte, musste mich erst daran gewöhnen. Noch nicht mal zum Shoppen oder Einkaufen wurden wir in die Stadt gelassen. Zumindest nicht wir. Den älteren, bei denen man sich sicher war, dass sie sich nicht in der Öffentlichkeit verwandelten, weil die Gefühle überschwappten, war es erlaubt. Das konnte einen ganz schnell und unerwartet überkommen, ohne dass man etwas dagegen tun konnte. Ich musste es selbst am eigenen Leib erfahren...

Tränen von BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt