Fire melts Snow (Pausiert)

Kapitel 1

12 Jahre nach Ellies Ankunft in Distrikt 12

Meine Finger zittern heftig als ich das Blatt Papier in meinen Händen wieder zusammen falte. Ich atme schnell, Panik steigt in mit hoch. Ich lasse den Brief fallen und springe auf, hebe ihn wieder auf,  laufe nervöse Bahnen in dem kleinem Häuschen in dem ich mit Jacob, Avery und Jude lebe. Was zur Hölle soll ich jetzt tun?! Ich muss mit jemandem reden. Dringend. Schnell überlege ich.  Wenn ich mich jetzt beeile, könnte ich es vielleicht schaffen. Avery ist noch in der Schule und danach wollte sie sowieso noch zu einer Freundin von ihr gehen. Aber kann ich es riskieren Jude mitzunehmen? Wird er sich verplappern? Ich fürchte ich habe keine Wahl... 

Schnell beginne ich ein paar nützliche Dinge in einen kleinen geflochtenen Korb zu legen und als ich damit fertig bin überprüfe ich noch kurz alles, bevor ich das Haus verlasse. "Jude!" rufe ich ihm als ich bereits die Tür abschließe. "Jude?" "Ja, Mom?" er kommt ein wenig wackelig auf mich zugelaufen, seine Kleidung ist staubig vom Spielen auf den rußverschmutzten Straßen. Ich huste ein wenig als ich mich zu ihm herunterbeuge und schnell den gröbsten Ruß wegwische. Ich habe leider keine Zeit mehr ihm irgendetwas anderen anzuziehen, falls ich überhaupt noch eine Chance habe sie rechtzeitig abzufangen. "Komm Jude, wir machen einen Spaziergang, ja?" Er nickt, aber aus seinen großen Schokobraunen Augen kann ich Verwirrung lesen. Ich lächele beruhigend und nehme dann seine kleine Hand in meine, um ihn mit mir Richtung Wald zu führen. 

Ich schaue mich mindestens zehn Mal nach hinten um, während wir zum Wald gehen. Es war eigentlich nie verboten dort zu sein, aber irgendwie reagierten Friedenswächter jetzt sehr aggressiv wenn sie einen hier erwischten, es gibt sogar Gerüchte, dass bald ein großer Zaun aufgestellt werden wird. "Bist du nervös, Mom?" fragt Jude mich leise. Ich schüttele nur leicht den Kopf und setze ein falsches Lächeln auf. "Nein, nein, alles in Ordnung. Komm wir müssen uns ein bisschen beeilen, weißt du?" Er nickt eifrig und fängt dann an während des Gehens, auf und ab zu hüpfen. "Warum, Mom?" Ich lächele wieder, aber diesmal ist es ehrlich. Jude ist jetzt sechs Jahre alt und er will absolut alles wissen. Aber ich kann ihm natürlich nicht die Wahrheit sagen, die Gefahr, dass er sich irgendwo verplappert ist leider zu groß...  Oder zumindest kann ich ihm nicht die ganze Wahrheit erzählen. "Weißt du, wir gehen an einen kleinen See, da kannst du ein bisschen Schwimmen üben, wenn du magst." Wieder nickt Jude eifrig. 

Gerade als wir in den Wald abbiegen wollen, höre ich plötzlich eine Stimme und bleibe wie angewurzelt stehen. "Hallo Mrs. Everdeen!" langsam drehe ich mich um, um herauszufinden, woher die Stimme kommt. Aber es ist zum Glück nur der Junge der nicht weit von uns in einem großen Anwesen lebt, Owen war sein Name, glaube ich. Neben ihm steht ein Mädchen und nach genauerem hinsehen erkenne ich sie. Das ist Sienna Hallow. Soweit ich weiß, ist ihr Vater Waffenhändler, fast das gesamte Distrikt hasst diese beidem Familien. Aber mir tut sie eigentlich ziemlich leid, ihre Mutter starb letztes Jahr, an einer schweren Krankheit, soweit ich weiß. Aber wie soll ich jetzt reagieren?! Kann ich überhaupt noch in den Wald gehen, jetzt wo sie mich gesehen haben? Aber vielleicht wissen sie ja gar nichts von dem ganzen, und es ist wirklich nur ein Gerücht... Sie gucken zumindest nicht so, als hätten sie mich bei etwas verbotenem erwischt. Obwohl...Das Mädchen schaut irgendwie doch ziemlich misstrauisch... Schließlich hebe ich einfach nur die Hand und winke, setzte mein hoffentlich freundlichtestes Lächeln auf. Ich drehe mich schnell wieder um, vielleicht etwas zu schnell, und muss mich dann dazu zwingen, langsam weiter zu gehen. Ich kann ihre Blicke förmlich im Rücken spüren, als ich endlich mit Jude an der Hand den Wald betrete.

 Es wundert mich selbst ein wenig, aber ich atme erleichtert auf, als wir endlich nicht mehr in Sichtweite von den beiden sind. Bin ich ein wenig paranoid geworden? Vielleicht. Aber ich muss vorsichtig sein, nicht nur wegen der neuen 'Regelung'.  Wenn Dr. Gaul, jemals hiervon erfahren würde... Höchstwahrscheinlich wäre das dann endgültig mein Ende. Das Kapitol hat seine Spione überall. Spione wie mich... Eine von Dr. Gauls  Bedingungen dafür, dass ich am Leben bleiben darf. Aber ehrlich gesagt, verstehe ich ihre Beweggründe dafür nicht. Was denkt sie denn von mir? Glaubt sie wirklich ich würde ihr echte, relevante Informationen melden? Oder will sie das alles einfach nur, um genug Gründe zu haben mich zu schikanieren, und mir zu drohen? Ich schüttele nur meinen Kopf. Darüber nachzudenken, wird mir jetzt nichts bringen. Das habe ich schon oft genug getan, ohne ein Ergebnis. 

Mein Atem geht ziemlich schwer, als wir endlich den kleinen See mit der Hütte erreichen. Ich hatte Jude die letzten Minuten tragen müssen, da er zu müde geworden war, um weiter zu gehen. Vorsichtig setzte ich ihn jetzt ab. "Sind wir endlich da, Mom?" fragt er mich, seine Energie scheint langsam wieder zurück zu kommen. Ich nicke nur erschöpft. Kurz erlaube ich es mir stehen zu bleiben und durchzuatmen, ich bin das letzte Stück fast gelaufen, aus Angst sie nicht rechtzeitig abfangen zu können. Ich nehme  wieder seine Hand und gehe dann mit schnellen Schritten auf das Häuschen zu. "Lucy Gray! Lucy Gray, bist du da?" Erstmal kommt nur Stille, aber nach ein paar Sekunden öffnet sich die Tür zu Hütte und Lucy Gray kommt heraus. Sie hält ein paar Pflanzen mit Knollen in der Hand. "Ellie?!" fragt sie überrascht. Jude guckt verwirrt zu mir hoch. "Mom, ich dachte nur Dad nennt dich so?" ich lächele ihm beruhigend zu. "Ist schon okay Jude, das machen nur meine besten Freunde." wieder eine halbe Lüge. So nennen mich nur die Menschen die von meiner Vergangenheit wissen, also genau zwei. "Was ist los?" fragt Lucy Gray, die jetzt auf uns zukommt, im gehen wischt sie sich ihre von Erde dunklen Finger an einer Schürze ab, die sie trägt. Ihr Blick fällt auf Jude. "Ich dachte wir hatten uns darauf geeinigt das es zu gefährlich ist?" raunt sie mir mit hochgezogenen Augenbrauen zu. "Ich weiß... Es tut mir leid, ich hatte keine andere Möglichkeit und es ist dringend..." Ich schaue sie ein wenig flehend an, bis sie schließlich nickt. Sie kniet sich ein wenig hin, sodass sie mit Jude auf einer Augenhöhe ist. "Hey Kleiner. Wie heißt du denn?" In Wahrheit, weiß sie natürlich genau wie er heißt, aber irgendwie finde ich es trotzdem niedlich. "J-Jude." er versteckt sich ein wenig schüchtern halb hinter mir. Sie lacht leise. "Schön dich kennenzulernen!" Langsam richtet sie sich wieder auf, ihre Stimme senkt sich wieder als sie zu mir sagt: "Komm, lass uns lieber reingehen." Ich nicke zustimmend. 

"So also, was ist los? Warum musstest du mich so dringend sprechen? Ich wollte eigentlich gerade los." Ich nicke schnell, denn das war mir klar, aber ich konnte nicht bis zum nächsten Monat warten. Lucy Gray kam nämlich nur selten her, wie gesagt, etwa einmal im Monat, meist am Ende. Dann trafen wir uns immer hier. Normalerweise kam sie nicht weiter als zu dieser Hütte, sie meinte sie hätte Menschen im Norden gefunden, bei denen sie untergekommen war, aber wollte mir nie mehr darüber erzählen. Das würde alles gefährden... Sagt sie dann nur. Ich beuge mich ein wenig zu ihr vor und werfe noch einen schnellen Blick zu Jude, er spielt gerade mit kleinen Holzfiguren etwas von uns entfernt, bevor ich ihr erkläre: "Ich habe heute einen Brief erhalten. Er kommt von Dr. Gaul... Du weißt ja, dieses Jahr ist ein Jubel- Jubiläum oder wie auch immer sie es nennen... Sie wollen jetzt als neue Regelung einführen, dass ehemalige Sieger die Rolle eines Mentors übernehmen, nicht wie sonst Studenten..." Ich spreche leise und schnell, "Es gibt jetzt aus jedem Distrikt mindestens einen Sieger. Teilweise natürlich mehrere vor allem aus 1, 2 und 4.  Nun ja, aus jedem außer 12, da du ja 'verschollen' bist, Lucy Gray. Und ich habe keine Ahnung, was in dem Kopf von dieser Frau vorgeht, aber sie ist anscheinend der Meinung, dass es im Kapitol wieder ein bisschen Drama braucht. Deshalb dachte sie wohl, warum nicht einfach mich holen? Kann ja ganz lustig werden mit Coriolanus..." Ich ziehe den Briefumschlag aus einer Tasche und reiche ihn ihr. "Ich soll jetzt wohl doch Mentorin für die Hungerspiele werden..."