5 | Inferno

Depuis le début
                                    

Eli beobachtete ein ungleiches Paar, das vor einem holografischen Gemälde eines tanzenden Teufels innig miteinander verschmolz. Er fragte sich, ob es klug gewesen war, hierher zu kommen. Als er noch nichts über Sander gewusst hatte, war ihm bereits bewusst gewesen, dass dieser Mann gefährlich war. Jetzt, da er Gewissheit hatte, war diese Verabredung wie ein Spiel mit dem Feuer. Ein Spiel, bei dem die Einsätze hoch und die Regeln unbekannt waren. Doch Eli war ein Spieler. Und er war überzeugt, dass er jeder Herausforderung gewachsen war.

„Ich wusste, du würdest hier sein!" Ein tiefes Flüstern streifte Elis Wange und sandte sofort angenehme Schauer über seinen Rücken. Ohne sich umdrehen zu müssen, erkannte er, wer sich hinter ihm positioniert hatte, den Oberkörper sanft an seinen Rücken gelehnt.

„Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns wiedersehen würden", flüsterte die Stimme, und Eli spürte, wie das Kribbeln in seiner Magengegend zunahm. Ein Arm schlängelte sich an seiner linken Seite vorbei zur Bar und berührte dabei seine Hand, die ein Glas mit einer Cola-artigenFlüssigkeit hielt.

„Es ist heute sehr voll hier", raunte der Fremde, und Eli fühlte dessen rechte Hand angenehm an seiner Seite. „Sollen wir unser Gespräch anderswo fortsetzen?" Eli musste fast lachen, denn er hatte bisher noch kein Wort gesagt. Sein ansonsten schlagfertiges Mundwerk schien durch die Anwesenheit des geheimnisvollen Mannes, von dem er mehr als einmal in den letzten Monaten geträumt hatte, gelähmt. Dennoch nickte er, legte seine Bezahlung auf den Tresen und ging vor dem Fremden zur Tür hinaus, sicher, dass Sander ihm folgen würde.

Aus ihrem Spähposten - einem abgelegenen Winkel in der düsteren Atmosphäre der Bar - heraus, hatte Vesper Shadowhand die Szene am Tresen des Infernos genau beobachtet. Zwischen den schwachen Lichtern der Leuchtreklamen und dem dumpfen Klang der Musik hatte sie wie ein Schatten gelauert, ihre Augen auf das Geschehen gerichtet. Selten war sie von einem Mann abgewiesen worden, und die Frage, wer ihre Beute so dringend beansprucht hatte, hatte in ihrem Verstand gebrannt.

Die Geräusche der Bar hatten sich mit dem Klang ihrer Gedanken vermengt, während sie geduldig auf die genannte Verabredung gewartet hatte. Jedes Detail war von ihr analysiert worden, jede Bewegung der Menschen um sie herum war registriert worden. Vesper war eine Meisterin der Tarnung, ihre Präsenz kaum wahrnehmbar inmitten des Rauchs und der Dunkelheit.

Als schließlich ein attraktiver Fremder zielstrebig auf den jungen Mann ihrer Wahl zugegangen war, hatte die junge Asiatin mit einer gewissen Aufregung die Szene in der Bar verfolgt, die sich vor ihren Augen abgespielt hatte. Ihr Herz klopfte schließlich schneller, als sie die Männer die Bar verlassen sah. Eine Mischung aus Neugier und Eifersucht trieb sie dazu, den beiden im Schatten der Häuser zu folgen.

Ungläubig darüber, dass der junge Mann, den sie aus einer spontanen Laune heraus angesprochen hatte, sich ausgerechnet Lysander Darkwood angeschlossen hatte, verspürte sie den Drang, mehr über diese unerwartete Verbindung zu erfahren. Für sie war Darkwood kein Fremder - im Gegenteil, er war ein skrupelloser Diener der Schattenwelt, ein Mann, den sie besser kannte als die meisten anderen. In gewisser Weise waren sie sogar Kollegen.

Vesper arbeitete ebenso wie Darkwood für Nexor, der sie aufgenommen und Arbeit angeboten hatte, als sie hilflos und ohne Erinnerung an diesem für sie fremden Ort aufgewacht war.

Darkwood war für sie ein unnahbarer und eiskalter Puppenspieler, der Nexor seine Pläne ins Ohr flüsterte und jedes Geheimnis der Mächtigen und Reichen kannte. Die einzige Aufgabe, in der Darkwood jemals versagt hatte, war die Aufklärung ihrer Herkunft gewesen. Vesper hatte all ihre Hoffnungen darauf gesetzt, dass der talentierte Schattenläufer Informationen über sie und ihre Vergangenheit beschaffen würde.

Doch entgegen ihren Erwartungen war er gescheitert. Er gestand ihr, nichts über sie oder ihre Herkunft herausgefunden zu haben.
Sie schien einfach eines Tages in Nightvale aufgetaucht zu sein und zufällig von Nexor entdeckt worden zu sein. Seitdem kümmerte er sich um Vesper. Er hatte sich ihrer angenommen, ihr Talent erkannt, sich lautlos im Schatten zu bewegen, und ihr eine Ausbildung als Kämpferin ermöglicht. Tatsächlich schienen ihr bestimmte Bewegungsabläufe leichter zu fallen als anderen. Schnell wurde sie eine gefragte Assassine, die Nexor zu sich rief, wenn ein Bewohner von Nightvale Ärger machte.

Vesper hatte bereits zahlreiche Aufträge für den wohlhabenden Mann erledigt, der nicht nur großzügig zahlte, sondern auch eine Art väterliche Figur für sie darstellte. Nexor war die einzige Person, die Vesper in gewisser Weise als Familie betrachtete. Aus diesem Grund war sie bereit, fast alles zu tun, um ihm zu imponieren und seine Gunst zu gewinnen. In diesem Moment sah sie ihre Chance, Lysander Darkwood etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und herauszufinden, mit wem er seine Zeit verbrachte. Vielleicht würde diese Information irgendwann für sie zu einem Vorteil oder Druckmittel werden.

Unauffällig schlich Vesper hinter den Männern her, während sie sich durch die schattenhaften Gassen von Nightvale bewegten. Das neonbeleuchtete Gewirr der Nacht war wie ein Labyrinth aus Licht und Dunkelheit, das sie geschickt zu nutzen wusste. Mal tauchte sie flink in die Schatten ab, um sich vor den Blicken der Männer zu verbergen, und dann wieder trat sie aus dem Dunkel hervor, unauffällig und geräuschlos wie ein Geist.

Die Männer schienen sich sicher zu fühlen, als sie durch die Straßen schlenderten, den Weg fest vor Augen und kaum auf ihre Umgebung achtend. Selbst wenn sie sich umgesehen hätten, wäre Vesper ihnen wohl kaum aufgefallen. Sie war eine Meisterin der Tarnung, ein Schatten in der Nacht, der sich mühelos in die Stadtlandschaft von Nightvale einfügte.

So verfolgte Vesper die beiden Männer, immer darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden. Sie war ihr unsichtbarer Begleiter, der sich leise und unauffällig hinter ihnen her bewegte, bereit, jeden ihrer Schritte zu verfolgen und jedes ihrer Geheimnisse zu lüften. Bis Darkwood an einem Hauseingang stehen blieb und sich wider Erwarten umdrehte.

Neonlight Shadows - AufbruchOù les histoires vivent. Découvrez maintenant