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DAJANA PÉREZ

Liebe Kitty,

hier bin ich wieder, deine Dajana. Heute ist der mieseste Tag aller Zeiten!!! Mami und Papi streiten sich nur, sie schreien die ganze Zeit so laut. Mein Kopf tut schon ganz dolle weh. Mami hat geweint.
Warum muss Mami weinen? Flávio hat gesagt, dass sie traurig ist, sehr traurig, deswegen weint sie. Ich will aber nicht, dass Mami Traurig ist.
Ich hab ein bisschen Angst, kitty. Papa sagt wir müssen weg, aber ich will doch garnicht weg! Ich will, nur in San Francisco bleiben, bei Flavio und Pedro, bei meiner Mami.

Papa hat aber gesagt, dass ich muss und schon alles gepackt. Er hat gesagt, ich dürfte mein Puppenhaus nicht mit nehmen. Aber ich liebe doch mein Puppenhaus!!! Mama sieht so traurig aus. Warum muss ich weg? Warum schreit Papi Mami an? Sie haben sich doch lieb. Und meine tollen Freunde, sie muss ich auch verlassen. Ich will das alles hier nicht.

Ich muss tschüss sagen, kitty. Papa zwingt mich zu gehen. Ich will nicht! Es macht mich traurig. Warum? Ich verstehe nix, meine kitty. Bitte lass mich nicht alleine.

Hab dich ganz dolle lieb, kitty!
In liebe,
deine Dajana.

Ich streiche über die voll geschriebenen Seiten meiner kitty - bei anderen bekannt als ihr Tagebuch. Der letzte Eintrag, das letzte mal wo das Leben noch einigermaßen okay war.

Der Anfang eines schmerzhaften Endes. Meines Endes. Das Ende meiner liebevollen Familie.

Ich packe das voll geschriebene buch in den letzten Umzugs Karton und schließe ihn anschließend mit Klebeband.

Ich schrieb früher unglaublich gerne Tagebuch, oder generell über Dinge. Früher in der Schule habe ich auf beide Ohren gegrinst, wenn schreib Aufgaben gemacht werden mussten. Das ist aber heute nicht mehr so, mit der Zeit hatte ich es einfach vergessen, würde ich mal behaupten.

Ich Beschrifte noch schnell den Umzugs Karton mit der Aufschrift «Wichtig!!», und fertig war nun auch der letze Umzugs Karton.
Heute würde ich zurück nach San Francisco Ziehen. Meinem alten Zuhause, zurück in mein Altes Leben, schätze ich.

Mein jüngeres ich - die kleine, naive, Dajana -, hatte sich diesen Tag so lange herbeigewünscht. Ihn, mit Sicherheit, Tag für Tag, Stunde für Stunde und Minute für Minute, in ihrem kleinen Kinder Kopf, voller Fantasien, ausgemalt. Ihn sich herbei geträumt, die Augen geschlossen und alles passieren lassen.

Wie ich meiner Mutter in ihre liebevollen Arme falle, meinen Brüdern die Ghetto-Faust geben würde, und vor Freude meine Familie wieder zu sehen anfangen würde zu weinen, herum zu springen und zu kreischen.
Wie ich am nächsten Tag wieder zu Schule gehen würde, meine Freunde sehen würde und meiner Lieblings Lehrerin zuzuwinken, so, wie ich es immer tat.

Doch dazu wird es nicht kommen. Der Gedanke zurück dort hin zurück, einen auf Familie zu machen und ihnen irgendwas vorzugaukeln damit das Jahr nicht als zu schlimm wird, kotzte mich, bis aufs unendliche, an.

Über all die Jahre hörte ich nichts von ihnen, dabei hatte ich es mir so sehr gewünscht. Kein einziges 'Happy Birthday' oder 'Frohe Weinachten', oder sonst irgendwas.

Es kam nichts, jahrelang. Und heute soll ich zu ihnen zurück kehren, nachdem ich Jahre lang gelitten hatte, und es sie nicht interessiert hatte?

𝐁𝐔𝐑𝐍𝐈𝐍𝐆 𝐇𝐄𝐀𝐑𝐓Where stories live. Discover now