Ich war ein Arschloch, das war mir seit Langem bewusst, aber diesmal machte mich das nicht stolz oder ging mir am Arsch vorbei, diesmal war ich das letzte Stück Scheiße auf dieser Welt, was mein Gewissen sofort bestätigte.

Ich hatte mich sofort angezogen, um es zu beenden. Ich konnte den Sex nicht wirklich bereuen, weil er so unheimlich gut war, doch ich musste es einfach, weil Lena das nicht verdient hatte. Sie war für etwas Besseres bestimmt als das hier, das würde sie in ein paar Monaten auch verstehen, vielleicht ja schon in ein paar Wochen.

Möglichst distanziert und dennoch freundlich, aber sehr unangenehm verlief dieser Morgen. Lena versuchte sichtlich die Stimmung aufzulockern, mit ihrem süßen Charme, was mir noch noch mehr das Herz zerbrach. Ich bemerkte, dass sie etwas in mir sah, was ich nicht bin, jedenfalls nicht mehr. Früher hätte ich sie sofort mit allen Mitteln bei mir gehalten, sie umgarnt, um sie gekämpft, aber dieser Teil von mir war nicht mehr und das mussten wir beide akzeptieren.

Weil ich es doch nicht übers Herz brachte, sie einfach rauszuwerfen, bot ich ihr noch einen Kaffee an, auch wenn es die Zeit zäh in die Länge zog, in der wir ihn tranken. Man konnte die unangenehme Stille einfach nicht durchbrechen, auch wenn Lena die Einzige war, die es versuchte, ja ich war sogar der Einzige, an dem es lag, dass diese prekäre Luft im Zimmer lag, doch alles andere, hätte sie nur verwirrt oder in eine falsche Richtung lenken können. Natürlich war das unheimlich hart und vielleicht auch kalt, aber es war unmissverständlich, klar und ehrlich. Das ist das einzige an Respekt, das ich ihr noch entgegenbringen konnte, dass ich ihr jetzt nichts vorlog, was nicht da war, nicht da sein konnte.

„Ich schätze, ich fahr dann mal", sagte sie und ich spürte ihre Hoffnung, dass ich sie aufhalten würde. Das hätte aber nichts besser gemacht, darum nickte ich nur zur Bejahung. Ich spürte wieder die Enttäuschung in ihren Augen.

Ich brachte sie bis zur Tür, wir umarmten uns, doch sie hielt mich länger, als ich es geplant hatte. Es tat weh und am liebsten hätte ich ihre lange Umarmung mit einer längeren erwidert, aber es ging einfach nicht. Sie würde es einmal verstehen, dass es so das Beste und Einfachste war. Das bekannte Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende.

Sie ließ mich los und sah mich noch einmal intensiv an. „Willi, habe ich was falsch gemacht?"

Ihre Frage raubte mir das letzte bisschen Fassung, was von außen Gott sei Dank kaum zu sehen war, dafür hatte ich meine Mauern lang genug gebaut und gefestigt. „Nein aber ich glaub, es war ein Fehler." Sie nickte fast bewegungslos, ich konnte kaum erkennen, welche Gefühlslage mit diesem Nicken einherging, doch ich konnte mir denken, dass es kaum positiv war, dennoch hielt sie sich tapfer und gefasst. Sie verlor trotz ihrer traurigen Augen und mit deutlicher Anstrengung trotzdem nicht ihre kühle Fassade, worin sie mir an diesem Morgen als Einziges glich.

*

Lena

Es war ein Fehler. Ich glaube, es war ein Fehler. Ein Fehler. Ein verdammter Fehler.

Ich bin kaum einen Kilometer gefahren, da kamen mir die Tränen in die Augen geschossen und liefen warm an meinen Wangen herunter. Irgendwie erleichterte mich, dass ich ihnen endlich freien Lauf lassen konnte, auch wenn ich mich wie das letzte Häufchen Elend fühlte. Klein, verlassen, allein, unverstanden, gedemütigt, dumm, naiv, und so unendlich traurig fühlte ich mich, aber besonders schlimm war es, dass ich mich selbst dafür verantwortlich gemacht habe. Hat er unseren Sex so schlecht gefunden? Hatte er mich wirklich nur ins Bett kriegen wollen und wie konnte er dabei nichts gefühlt haben? Warum, warum, warum, warum musste das passieren? Warum hatte ich keine Autopanne? Warum habe ich keinen Rückzieher gemacht, wie ich erst wollte? Warum muss das überhaupt passieren? Warum? Es war ein Fehler, ja das war es, aber für ihn nicht. Er hatte doch sogar bekommen, was er wollte, warum war es denn für ihn ein Fehler? Hätte ich nicht gehen müssen und sagen sollen, es war ein Fehler, melde dich nicht wieder? Warum habe ich ihm nicht zugestimmt, dass es ein Fehler war oder noch besser, warum habe ich ihm keine Ohrfeige gegeben und bin erhobenen Hauptes in mein Auto. Auf nimmer Wiedersehen.

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