Eine Zugfahrt mit ihm

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Da saß dieser Kerl, mit seinen braunen Haaren und seinem Pullover, auf dem stand: Ich breche die Herzen aller. Das passte so gut zu ihm. Bis zur achten Klasse war ich mit ihm in einer Klasse, dann hatte er einen Raketenböller ins Klo geworfen und wurde von der Schule verwiesen, das war vor fast genau zwei Jahren. Ich war froh darüber, denn ich war mir nie sicher, ob er überhaupt ein Gehirn besaß, Charlie war bekloppt und machte sich gerne zum Affen. Wir waren nicht wirklich Rivalen aber ich sah ihn als Idioten und er mich als Streberin, also alles perfekt.
Keine Ahnung, auf welche Schule er jetzt ging, aber dass meine Freundin uns beide auf ihre Silvesterparty auf dem Dorf ihrer Oma eingeladen hatte, werde ich ihr wohl nie verzeihen. Eigentlich fand die Silvesterparty gar nicht auf dem Dorf statt, sondern in der nächsten Stadt, aber wir trafen uns dort. Alle anderen wurden wohl von ihren Eltern gebracht, denn als wir beide vom Bahnhof, wo der Zug hielt, in diese Bummelbahn umgestiegen sind, war diese leer und nur wir beide stiegen ein. 
Ich hatte immer noch ein ungutes Gefühl, weil ich mir keine Fahrkarte an der Bahnhof kaufen konnte und der dicke Busfahrer keine verkaufen wollte. „Nina?" Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen. „Gibt es einen Grund, warum du mich so anschaust?", fragte er und wackelte mit den Augenbrauen. Verdammt, hatte ich ihn wirklich angestarrt? Egal. „Nein", zickte ich ihn an. Es nervte mich, dass er auch eingeladen wurde. Lily hatte es mit „Ich lade nun mal die ganze Klasse ein." begründet.
Pfff ganze Klasse, jetzt feierte man den Jahreswechsel schon mit Idioten. Es war sehr langweilig, sodass ich irgendwann aufstand, um meine Beine zu bewegen. Sobald ich losging, stand Charlie auch auf und folgte mir. Genervt verdrehte ich die Augen und fragte: Was wird das? Er antwortete: Ich folge dir. Ich fing an, schneller zu laufen und auch er tat es mir gleich. Es wurde wie ein kleines Spiel, wer schneller war. Wir schubsten uns gegenseitig weg und rannten die Bahn auf und ab. Zu meiner Überraschung war nämlich wirklich niemand sonst in der Bahn, kurz fühlte ich mich in die Fünfte Klasse zurückgesetzt. "Weißt du, dass ich dich vorhin fast nicht erkannt habe", schnaufte Charlie, wie ein Tier. Das letzte Mal, als ich dich gesehen habe, hattest du schulterlange Haare, die rot gefärbt waren. Sofort wurde ich rot im Gesicht. Den Fehler, meine blonden Haare rot zu färben, würde ich im Leben nicht noch einmal machen. Man konnte immer noch einen Rotstich erkennen, wenn das Licht falsch fiel.„Ich erinnere mich daran, wie scheiße das aussah", sagte er zu Hundert Prozent nur, um mich zu ärgern. „Du hattest kurze, stoppelige Haare", erinnerte ich ihn und er grinste. „Und trotzdem sah ich besser aus." Hallo, das meinte er doch jetzt nicht ernst. Klar, besonders gut sah ich nicht aus, aber das war definitiv nicht so schlimm wie seine Haare. Inzwischen trägt er seine Haare länger und hat diese einfache Pinterest-Frisur, die mit seinen braunen Augen viel besser aussieht, allgemein sah er eigentlich ganz gut aus.
Nach einer Weile holten wir unser Gepäck nach hinten, die Fahrt würde noch 2 Stunden dauern. Ich packte meine Brezel aus, die ich mir vor der Abfahrt gekauft hatte, und begann sie zu essen. „Nini", bemerkte ich seinen gierigen Blick und aß einen großen Biss als Antwort. „Nope, du bekommst kein Stück und nenn mich nicht Nini." „Wie dann?"

Ninchen? ~ „nope"
Nici? ~„nein"
Ni? ~ „werden die Namen immer kürzer? Aber nein."
Nitschi? ~ „hört sich an wie Litschi."
Ninosarus?~ „bist du 5?"
„Wie wäre es mit Neina"

Echt witzig. okay, mit den Namen hatte er mich, trotzdem wurde ich lieber Nina genannt. Ich gab ihm ein Stück Brezel, damit er leise war, und holte mein Handy heraus. Willst du mit schauen? Irgendwie fühlte ich mich verpflichtet, das zu fragen. Er nickte, klatschte in die Hände wie ein kleines Kind und erkundigte sich, was wir schauen. „Harry Potter?" Er stöhnte: "Laaaangweilig." Wer mochte denn kein Harry Potter?. „Schlag du was vor?", suchte ich ein Kompromiss. Wie wäre es mit, „Gossip Girl?" Ich ließ fast mein Handy fallen „du schaust Gossip Girl? Na ja tut mir leid, ich habe die Serie nicht heruntergeladen." .

„Schlägst du etwas vor?", suchte ich nach einem Kompromiss. „Wie wäre es mit Gossip Girl?" Ich ließ mein Handy fast fallen. „Du schaust Gossip Girl?" Nun gut, tut mir leid, ich habe die Serie nicht heruntergeladen. Ich unterdrückte mühsam ein Lachen, was mir nicht ganz gelang. Charlie war der Letzte, von dem ich gedacht hätte, dass er Gossip Girl schaut.
„Diskriminierung", rief er aus, sprang auf und stellte sich vor die nicht vorhandenen Leute. „Sehr geehrtes Publikum, darf ich vorstellen?" Er deutete auf mich „„Neina hier ist der Meinung, dass nur Mädchen Gossip Girl schauen dürfen. Ja, sehr richtig, alte Dame mit der Pudelfrisur, das finde ich auch, sagte er. Oh Gott, jetzt drehte er durch. Er stimmte noch ein paar anderen imaginären Passagieren zu und verbeugte sich. Genau das ist so merkwürdig an ihm, er tat so realistisch, als ob es sie gäbe, dass ich beinahe Angst bekam. Aber Angst bekam ich erst später. Als er sich gerade wieder hinsetzen wollte, bremste die Bahn und er stolperte.
„Sind wir schon da?", fragte ich. „Wir haben gebremst, Neina, in einen Tunnel, aber wir werden erst in einer Stunde ankommen. Komm, wir gehen zum Bahnfahrer und fragen, was los ist." Schnell liefen wir den ganzen Weg durch den Zug zur Fahrerkabine. „Guten Tag", klopfte ich ans Glas, „ist jemand da?"
„Nein, sie ist offensichtlich leer", antwortete mir Charlie.
„Und was machen wir jetzt? Und hör auf mich Neina zu nennen."

Wir öffneten eine der gelben Bahntüren und erstarrten.
Draußen war es dunkel wie in einem Tunnel eben , aber am Rand der Schienen wuchsen Pilze, die zu leuchten schienen. Beeindruckt trat ich näher. „Schau mal, die sehen aus, als ob sie leuchten würden", sagte ich und pflückte einen. Charlie zog mich besorgt weg. „Komm, wir suchen den Busfahrer", murrte ich und folgte ihm widerwillig. Es war ja auch sehr leichtsinnig einen zu pflücken, weiter welche zu pflücken. Wir liefen einmal um den Zug herum, doch er war nicht da. In diesem Moment überfiel mich panische Angst: Wo war der Zugführer? Wer war der Zugführer? Wo befanden wir uns hier überhaupt? Und was waren das für Pilze?

Wir beide hatten darauf keine Antwort und waren beide nervös. Aber endgültig fertig war ich erst, als Charlie beim Einsteigen in die Bahn stolperte und sich den Fuß umknickste. Stöhnend setzte er sich auf einen der Sitze. 'Heute läuft wirklich alles schief.' 'Ja', stimmte ich ihm zu, 'erst hat unser Auto einen Platten und jetzt sitze ich mit dir in einer Bahn fest, ohne Fahrer, und wenn alles schief läuft, verbringe ich den ganzen Jahreswechsel mit dir hier. Im Nirgendwo ohne Empfang das mit dem Empfang hatten wir natürlich ausprobiert. Scheiße, ich würde den Jahreswechsel hier verbringen oder den Rest meines Lebens, würde ich meine Familie wieder sehen, oder meine Freunde. Waren die Pilze giftig, würde ich sterben, weil ich sie berührt hatte?
Sie sahen so aus. Beruhige dich, Nina. Beruhige dich, sagte ich zu mir selbst. „Warum kommst du überhaupt zur Party? Ich hätte nie gedacht, dass ich dich noch einmal treffen werde?", fragte ich Charlie, um mich abzulenken.
„Es gab nichts Besseres zu tun, meine Eltern sind in Amerika", antwortete er. Ich erinnerte mich daran, dass damals Gerüchte .Aber er hatte viele Freunde, die ihm buchstäblich zu Füßen lagen. Lily und ich nannten sie immer Minions.
„Du kannst mir nicht einreden, dass du keine Freunde hast, die bestimmt eine coole Party feiern." „Ja, schon, ich wechsle nach den Ferien die Schule und will sie nicht mehr sehen", nuschelte er. Wir schwiegen uns an. Ich dachte darüber nach, wie schlimm es sein musste, oft die Schule zu wechseln, und er vermutlich darüber, dass der Busfahrer weg war. Aber ich war abgelenkt.

Die Zeit verging und es wurde dunkler und kälter. Ich fröstelte und zog meine Jacke an, Charlie tat dasselbe. Je länger wir warteten, desto kälter wurde es. Dass unsere Nachrichten nicht ankamen, war zum Verzweifeln. „Was machen wir jetzt?", unterbrach der braunhaarige das Schweigen. Ich zuckte nur mit den Schultern, aber innerlich war ich am sterben vor Angst.

Draußen sah man, wie die Pilze leuchteten, nur der neben mir nicht. Ich hatte ihn schnell weggelegt, wegen der möglichen Giftigkeit, die das Leuchten verlernt hatte. „Nina?" „Mhh." „Ich bin froh, dass ich hier nicht alleine sitze." „Ich auch", klapperte ich. 'Auch wenn ich dich am Anfang echt nicht leiden konnte.' Charlie grinste und sagte ironisch: 'Ja, hier verläuft alles nach meiner Strategie, dir endlich näherzukommen.'

„Puff", der Pilz platzte. Ich schrie auf und sprang auf und hüpfte herum. Nein, ich war nicht verrückt oder hieß Charlie Nilsson, unser Zug hatte gerade so etwas wie einen Startschuss gegeben. Auch wenn Charlie mich komisch ansah, hüpfte ich weiterhin durch das Abteil. Sobald ich mich wieder beruhigt hatte, liefen wir zum Busfahrer, der jedoch beharrlich davon überzeugt war, dass wir nicht stehen geblieben waren und in 1,30 Stunden dort sein würden.
Verwirrt sah ich auf meine Uhr und dann zu Charlie. Obwohl wir erst in anderthalb Stunden da sein würden, was hatten wir in der letzten Stunde erlebt? Eigentlich wollte ich Charlie fragen, was er dachte, aber der Idiot schlief direkt an seinem Platz ein.
Die Bahn quietschte und bremste, wir hielten an und mein Gefährte wachte auf. Am Bahnhof wurden wir von ein paar Mitschülern abgeholt.

Wir liefen zum Auto, nachdem wir herzlich empfangen wurden. Ich hatte keine Zeit, Charlie darauf anzusprechen oder hatte ich mir alles eingebildet. Doch dann bemerkte ich, dass ich meinen Rucksack vergessen hatte, also lief ich zurück zum Bahnsteig. Die Bahn stand immer noch dort. Misstrauisch betrachtete ich sie, als sich der Schriftzug für den nächsten Halt änderte. Die Aufgabe, Seelenverwandte, mit Wahrheits Pilzen finden, war wohl erledigt, der nächste Halt war in Washington. Ich erzählte Charlie nie von der Anzeige, obwohl ich meinen Silvesterkuss von ihm bekam.

Danke an alle die diese Geschichte lesen haben, wenn ihr noch mehr Magie erleben wollt schaut gerne auf mein Profil ෆ⁠╹⁠ ⁠.̮⁠ ⁠╹⁠ෆ

eine Zugfahrt mit ihmWhere stories live. Discover now