Kapitel 1

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Das Klappern von Hufen auf den gepflasterten Straßen mischte sich mit dem Rattern von hölzernen Karren, die beladen mit Waren durch die engen Gassen rollten. Das Lachen und Schwatzen der Menschen drang aus den offenen Fenstern der Fachwerkhäuser, während das Hämmern der Schmiede vom Dorfplatz widerhallte. Hin und wieder durchbrach das laute Rufen der Händler den trubelnden Markt, während Hunde bellten und Hähne krähten.

Doch unter dieser Kakophonie von Klängen hing ein anderer, schwerer Duft in der Luft. Es war der Geruch von Rauch, der aus den Schornsteinen der Hütten aufstieg, vermischt mit dem scharfen Aroma von Gewürzen und Kräutern, die in den Krämerläden feilgeboten wurden. Der süße Hauch von frischem Brot und Gebratenem vermischte sich mit dem muffigen Geruch von nassem Holz und Erde, der aus den dunklen Gassen aufstieg, mit einer subtilen Note aus Fäkalien.

All dies wurde allerdings in dem beengten Elternschlafzimmer des alten Hauses ignoriert. Es herrschte eine gespannte Stille, die nur durch die verzweifelten Schreie von Evadne durchbrochen wurde, während sie in den Wehen lag. Ihr Mann Alaric stand an ihrer Seite, seine Hand fest um die ihre geklammert. Die Luft war schwer, erfüllt von dem Duft von Kräutern und Rauch, der durch den offenen Kamin drang.

Auf dem Hausflur vor dem Elternzimmer versammelten sich ihre Kinder, jeder mit einem anderen Ausdruck von Neugier und Angst auf dem Gesicht. Adelina, die Älteste mit ihren neun Jahren, hielt die Hand der jüngsten Zwillinge Leander und Isabella, die gerade erst zwei Jahre alt waren. Constantine, Seraphina und Lucian standen dicht beieinander.

Die Kinder blickten durch die offene Tür, alt und müde von Jahren des Gebrauchs, blieb sie nicht richtig verschlossen, und so konnten die Kinder leicht hindurchblicken. Das, oder die Erwachsenen hatten schlicht vergessen, die Tür hinter ihnen zu schließen.

Die Schreie von Evadne drangen durch das Holz, und die Kinder fühlten sich hilflos und zugleich fasziniert von dem, was dort drinnen vor sich ging.

Die Hebamme, Brunhilda, eine ältere Frau von der örtlichen Kirche, die ihre grauen Haar zu einem straffen Knoten gebunden hatte und tiefe Falten auf ihrer Stirn trug, war von der örtlichen Kirche gekommen, um bei der Geburt zu helfen. Mit müden, aber liebevollen Augen feuerte sie Evadne mit aufmunternden Worten an. Als sie jedoch bemerkte, dass die Kinder durch die Tür lugten, eilte sie schnell herbei, um sie zu schließen und den Kindern den Anblick der Geburt zu ersparen. Trotz ihres Alters bewegte sie sich behutsam und ihre Stimme klang sanft und beruhigend, als sie die Situation unter Kontrolle zu halten versuchte. Die Kinder jedoch lauschten weiterhin gebannt an der Tür, ihre Herzen schlugen schnell und ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander.

Vor einigen Stunden rannte Adelina noch durch die Stadt zur Kirche, auf Geheiß von ihrem Vater als die Wehen einsetzten, um eine Hebamme für ihre Mutter zu holen. Ihre Stirn glänzte vor Schweiß, und sie keuchte leicht, als sie die massive Holztür aufstieß. Schnell bat sie einen Geistlichen um Hilfe, ihre Worte kamen hastig und außer Atem über ihre Lippen. Nicht, als wäre das das erste Mal, dass sie das gemacht hatte.

Sie hoffte, dass das reicht. Sie hoffte, dass das, was sie tat, reichte. Sie umschloss die zierlichen Händchen ihrer kleinsten Geschwister stärker. Die großen, von den Tränen glasigen Augen blickten sie hilfesuchend an. Als älteste muss sie stark sein, wenigstens vor ihren kleinen Geschwistern. "Lasst zu Vitalia beten. Hoffentlich erhört sie uns, dass alles gut werden wird." sagte sie, woraufhin die anderen nervös nickten. Sie alle stellten sich in einen Kreis und legten ihre Hände, einander greifend, in die Mitte. "Spricht mir einfach nach." sagte Adelina, und ihre Geschwister stimmten zu "Vitalia, Göttin des Lebens. Wir rufen zu dir in dieser Zeit des Gebärens. Segne unsere Mutter mit Stärke und Mut. Möge sie dein Licht in ihren Wehen sehen. Gib ihr Kraft, wenn das Leben sie durchströmt. Und lass sie das Wunder der Geburt erleben. Wir danken dir für das Geschenk des Lebens. Und bitten um deine Liebe und Segen für immer."

Packt mit der DunkelheitWhere stories live. Discover now