Er war sich sicher gewesen, dass er nie wieder etwas von dem Blonden hören würde, so grausam der Gedanken auch gewesen sein mochte. So sehr er versucht hatte nicht daran zu denken- ein kleiner Teil von ihm war vielleicht sogar erleichtert gewesen. Immerhin war es leichter mit jemandem abzuschließen, wenn man diese Person nicht mehr zu Gesicht bekommen würde, nicht? Es wäre leichter, wenn man nicht damit rechnen musste, sie wieder zusehen- nicht wissend, ob man bei einem solchen Widersehen nicht zusammen brechen würde. JA, er hatte damals geglaubt, dass der andere Junge endgültig aus seinem Leben verschwunden war- und jetzt lag hier dieser Brief. Albus' Herz verkrampfte sich in seiner Brust,  und ein unangenehmes Gefühl machte sich in seiner Magengrube breit. Warum jetzt? Warum hatte Gellert beschlossen, dass ausgerechnet jetzt der Zeitpunkt gekommen war, um nach einem Treffen zu fragen? Jetzt, so viele Jahre nachdem sie nichts mehr voneinander gehört hatten, seit er Albus allein gelassen hatte. Alleine, mit einer toten Schwaetzer und einem Bruder, der ihn hasste. Warum jetzt? 

Er wusste, dass es allzu dämlich, allzu naiv wäre, sich irgendwelche voreiligen Hoffnungen zu machen. Zu hoffen, dass es ein einfache Wiedersehen sein würde, einfach weil Gellert ihn ebenso sehr vermisst hatte wie er ihn. Dass dies der einzige Grund für dessen Bitte war- es konnte kein so einfacher Grund sein. Wenn das der Fall wäre, hätte er sich frühe gemeldet,. Wenn das der Grund wäre, wäre er damals nicht gegangen. Oder? Wenn er Gellert wirklich etwas bedeutet hätte, hätte dieser ihn damals nicht so im Stich gelassen- oder? Er hat dich geliebt, flüsterte sein Herz, scheinbar hoffnungslos verloren in der Naivität des achtzehnjährigen Jungen, der er in jenem Sommer gewesen war. Und tief in deinem Inneren weißt du es auch. Stimmte das? Einst hatte er geblaut, dass dem so war, doch mittlerweile wusste er nicht mehr, was in in dieser Angelegenheit glauben sollte. Es wäre leicht, sich an naive Hoffnungen zu klammern, sich darin zu verlieren, das wusste er. Geradezu verlockend- aber es wäre nicht richtig. Es wäre unvorsichtig und er wusste nicht, ob er es ertragen könnte, wenn sämtliche Hoffnungen, die er zulassen würde erneut zerschmettert werden würden. 

Dazu kam die Tatsache, wie unvorhersehbar Gellert geworden war. Dass er eine Richtung eingeschlagen hatte, der Albus nicht folgen konnte-nicht folgen wollte. Dass er sich in eine Richtung entwickelte, die niemandem so richtig zu gefallen schien,  abgesehen von den Anhängern, die er um sich scharrte. Anhängern, die dem Ziel entgegen fieberten, das Gellert hatte. Dem ziel, das einst der Plan zweier Jungen gewesen war. Noch war Gellerts Name nicht ständig im Tagespropheten, noch hielten die neuen Schlagzeilen sich in Grenzen, doch es beunruhigte ihn, dass er überhaupt auftauchte. Und tief in seinem Inneren wusste er, dass es nicht dabei bleiben würde.

 Tief in seinem Inneren wusste er, dass Gellert weiter gehen würde, als er bereits gegangen war, dass er nicht aufhören würde, bis es ihm gelingen würde, seinem Ziel näher zu kommen. Schon immer hatte er eine ungesunde Art von Ehrgeiz gehabt, diese Entschlossenheit, die einige damals vielleicht auf sein jugendliches Alter geschoben hätten, das jetzt jedoch keine Begründung mehr war. Schon damals hatte er so fest an diesem ziel gehalten, und wenn Albus aufmerksamer gewesen wäre, hätte er vielleicht realisiert wie ernst es seinem ehemaligen freund wirklich damit gewesen war. Wie entschlossen er wirklich gewesen war. Verbissen. 

Wieder Kontakt zu Gellert aufzunehmen würde alles komplizierter machen, das wusste er. Für sein Herz, für sein Gewissen. Schwerer machen, auf der rechten Spur zu bleiben, wie sein Bruder Aberforth es womöglich formulieren würde. Es würde sich womöglich als Fehler, als etwas erwiesen, das ihm später im Weg stehen würde. Er wusste, dass er jenen Brief vermutlich am besten ignorieren, geradezu verbrennen sollte- doch irgendwas hielt ihn davon ab. Vielleicht war es die Tatsache, dass diese wenigen Zeilen ausreichten, u all die Erinnerungen wachzurufen, die sie geteilt hatten. Dass sie ausreichten um ihm Gellerts Gesicht zu lebhaft vor Augen zu rufen, dass ihm von dem Wirbel an Emotionen, die dies wachrief beinahe schwindelig wurde. Er konnte ihn  beinahe vor sich sehen.

Die goldblonden Locken, diese verschiedenfarbigen Augen, die ungleicher kaum sein könnten. die kaum gegensätzlicher sein könnte, mit dem warmen Dunkelbraun der linken Iris, während das rechte Auge von einem kühlen Silbergrau war. Die Augen waren eines der ersten Dinge gewesen, die ihm an Gellert aufgefallen waren- faszinierend, und ebenso schön wie  ungewöhnlich. Merlin, es war geradezu so gewesen, als wären sie schlicht dazu gemacht, andere dazu zu bringen, sich in ihnen zu verlieren. Gellert hatte diese Wirkung generell gehabt- wenn Albus ehrlich zu sich selbst war wusste er, dass der Jüngere ihn von Anfang an beinahe in einen Bann gezogen hatte. Natürlich nicht wortwörtlich-Gellert hatte ihn schließlich nicht verhext, nicht mit Zaubersprüchen zumindest- aber das war auch nicht nötig gewesen. 

Der ehemalige Gryffindor seufzte, fuhr sich nervös durch die rötlichen Haare und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen- was sich als ausgesprochen schwierig erwies. Seinen Gedanken waren wirr und durcheinander und wenn er einen erfasste war es schwer, ihn festzuhalten. es war fast, als wären seine Gedanken lebendig, sich windendem glitschig Lebewesen, die ihm durch die Finger rutschten, sobald er das Gefühl gehabt hatte, sie erwischen zu können. Tu es, flüsterte sein Herz, das in all den Jahren vor Sehnsucht fast zerrissen war. Sehnsucht nach der Person, die er so wehr vermisst hatte, und die dennoch so viel Bitterkeit in seine Gedankengänge brachte. Sehnsucht nach der Person, die er so gerne an seine Seite hätte, auch wenn er wusste, dass dieses Denken das Wunschdenken eines Schuljungen war. Er wusste, dass er über diese Entscheidung nachdenken musste. 

Dass er sozusagen darüber schlafen musste, was er tun sollte. Tatsache war, dass ihm bei dem Gedanken daran, Gellert nach all der Zeit wiederzusehen geradezu schwindlig wurde. Dass die Nervosität seinen Puls zum Rasen brachte, seine Hände beinahe zittern ließ. Vielleicht sollte er tatsächlich auf die Forderung eingehen. Vielleicht sollte er Gellerts Bitte nachkommen. Er hatte ihn so lange nicht mehr gesehen. und obwohl er wusste, dass es sich nur um einen kurzen Augenblick, eine kurze Pause in all den Entwicklungen handeln würde, sehnte ein Teil von ihm sich danach, einfach nur die Stimme des Anderen wieder hören zu können. mit ihm sprechen zu können- ihn fragen zu können, warum er gegangen war. In seiner Nähe sein zu können, ihn sehen zu können- und vielleicht, ganz vielleicht, würde er ihn sogar von ihren ehemaligen Zielen Abbringen können. Vielleicht, wenn der Andere ihm nur zuhören würde, könnte er den montanen Entwicklungen ein ende setzen, bevor sie überhaupt richtig beginnen würden- auch wenn seine Hoffnungen sich in Grenzen hielten. Ja, er würde über diese Entscheidung schlafen müssen- doch innerlich wusste er, dass er sich eigentlich schon entschlossen hatte. 


AN: Ich habe es auch schon geschafft, das erste Kapitel hierfür zu schreiben ( in my defense- ich musste zumindest grob voraus planen, bevor ich anfangen konnte zu schrieben, lmao). Also, der Prolog ist tatsächlich ziemlich kurz geraten, aber so wie ich mich kenne bleibt es nicht bei dieser Kapitellänge- 

Ansonsten habe ich bis jetzt tatsächlich noch gar nicht so viel hinzu zu füge, außer dass ich hoffe, dass es sich lesen lässt XD

Also dann, bis bald💕

The Enemy // GrindeldoreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt